Unix - im Prinzip: ja!

22.11.1991

"Als einheitliches Betriebssystem für sämtliche Hardwareplattformen löst Unix alle Anwenderprobleme", übernimmt Radio Eriwan die Pressemeldungen der DV-Industrie. Bietet doch inzwischen selbst Big Blue sein AIX als Native-Betriebssystem für Mainframes an. Die Mini-Hersteller sind ebenfalls auf Unix-Kurs eingeschwenkt, und auf RISC- sowie Workstation-Plattformen genießt das Betriebssystem längst sämtliche Heimvorteile. Auf PCs läuft Unix natürlich auch schon einige Zeit. Alles in Butter? "Im Prinzip: ja", beantwortet der kaukasische Sender die Anwenderfrage.

Doch ganz so rosig ist die systemüberspannende Unix-Welt doch noch nicht. Wie die Installationszahlen zeigen (siehe nebenstehende Grafik), ist die Existenz von Unix auf Mainframes und PCs eher theoretischer Natur. So beklagt Novells Unix-Guru Kanwal Rekhi, daß weder Interactive Systems noch SCO es-geschafft hätten, in den letzten Jahren des Unix-Booms einen Massenmarkt auf PC-Basis zu schafffen. Das soll sich rasch ändern. Für 1992 wird ein heißer Wettbewerb um ein DOS-Nachfolge-Betriebssystem erwartet. Mit Sunsoft (Solaris 2.0), SCO (Open-Desktop-Umgebung), den Lizenzgebern Unix Software Laboratories (System V.4) und Novell steigen immerhin drei Unix-Verfechter in die Desktop-Arena. Ihre Chancen stehen nicht schlecht, denn im Gegensatz zu Microsoft mit NT und IBM mit OS/2, 2.0 sind sie längst im Geschäft - zumindest im Prinzip. Außerdem werden sie jetzt von einem großen Konsortium (ACE) oder von potenten Anbietern (Sun und Novell) gepuscht.

Ein ähnlich rascher Erfolg ist auf Großrechnern noch nicht zu erwarten. Hier wird noch diskutiert, ob der Einsatz von Unix überhaupt Sinn macht. Doch auch hier hat Radio Eriwan im Prinzip recht, denn die wichtigsten Hürden sind genommen. Das Betriebssystem kann heute in Sachen Sicherheit durchaus mit MVS und Co. mithalten. Für die Akzeptanz wichtiger ist jedoch, daß Unix inzwischen auch Online-Transaktionen mit großen Datenmengen bewältigen kann. Selbst wenn hier noch einiges zu tun bleibt, stellt Unix damit eine einheitliche, herstellerunabhängige Infrastruktur für alle Systemplattformen dar. Für die Anwender bedeutet das eine deutliche Vereinfachung ihrer DV - im Prinzip. gfh