United Internet kündigt eigenes DSL-Netz an

11.01.2005
Internet-Provider zieht die Konsequenzen aus Problemen mit der Telekom.

Der Aufbau eines eigenen DSL-Netzes werde in Kürze in verschiedenen Ballungszentren beginnen, kündigte Ralph Dommermuth, Vorstandschef von United Internet, an. Mit rund einer Million Kunden habe der Internet-Provider mittlerweile eine kritische Größe erreicht, mit der sich ein eigenes Netz lohne. Die Verantwortlichen rechnen mit Investitionen von rund 30 bis 50 Millionen Euro in die notwendige Infrastruktur.

Bislang agiert United Internet mit seinen Marken 1&1 und GMX als Wiederverkäufer von DSL-Anschlüssen der Deutschen Telekom. Rund 150 Millionen Euro überweist der Provider dafür jährlich auf das Konto des Ex-monopolisten. Seit Sommer 2004 dürfen Reseller, zu denen auch Firmen wie Arcor und Freenet gehören, die DSL-Anschlüsse unter dem eigenen Namen vermarkten. Allerdings sind die Provider in dieser Konstellation von der Telekom abhängig. Anträge auf DSL-Anschlüsse werden an den ehemaligen Staatsbetrieb weitergeleitet und dort bearbeitet.

DSL-Anträge bleiben liegen

Doch mit der Abwicklung die-ser Anträge scheint es in letzter Zeit einige Probleme zu geben. Rund 50000 DSL-Bestellungen würden derzeit bei der Telekom hängen, berichtet Dommermuth. Auch Freenet-Chef Eckhard Spoerr beklagt chaotische Zustände bei der Bearbeitung und Freischaltung der DSL-Anschlüsse. Die Telekom sei nicht in der Lage, ihre vertraglichen Verpflichtungen zu erfüllen. Seit Wochen werde sein Unternehmen hingehalten und vertröstet. Experten schätzen, dass mittlerweile bis zu 120000 Kunden von DSL-Wiederverkäufern auf ihren Breitbandzugang warten.

Die Gründe für die Verzö-gerungen sind nicht bekannt. Insider spekulieren über Softwareprobleme und Verwaltungsengpässe. Mittlerweile hat die Telekom die Schwierigkeiten eingeräumt. Man arbeite je-doch mit Hochdruck an einer Lösung.

Daran will Freenet-Chef Spoerr noch nicht so recht glauben. Er vermutet Methode hinter den Problemen der Telekom. So könnten Wettbewerber absichtlich zugunsten von T-Online diskriminiert werden. Neben wirtschaftlichen Schäden drohe auch ein Imageverlust. Zehntausende verärgerter Kunden hätten sich bereits über die langen Wartefristen beschwert. Spoerr denkt mittlerweile laut über eine Schadensersatzklage gegen die Telekom nach.

United Internet will mit einem eigenen DSL-Netz die Abhängigkeit von der Telekom mindern. Nach Einschätzung von Analysten ist dieser Schritt richtig. Zwar ließen sich als Wiederverkäufer schneller Marktanteile gewinnen, erläutert Marcus Sander, Analyst von Sal. Oppenheim. Jedoch könnten Anbieter mit einer eigenen Infrastruktur höhere Margen erzielen. Gerade für größere Anbieter wie United Internet und Freenet sei dieser Schritt eine logische Konsequenz. (ba)