"Unisys wird niemals das Server-Geschäft aufgeben"

21.12.2004
Joseph McGrath, seit 1. Januar neuer CEO von Unisys, sprach mit CW-Redakteur Wolfgang Herrmann.

CW: Seit 1997 hat sich Unisys vom klassischen Server-Hersteller zum Services- und Lösungsanbieter gewandelt. 80 Prozent des Umsatzes erwirtschaftet die Dienstleistungssparte. Wann werden Sie sich ganz vom Hardwaregeschäft trennen?

McGrath: Niemals. Unser Erfolg in der Vergangenheit gründete auf einer sehr loyalen Kundenbasis im weltweiten Server-Geschäft. Wir pflegen diese Beziehungen zum Teil seit 20 oder 30 Jahren. Das war auch für die Transformation von Unisys ausschlaggebend. Viele der traditionellen Technologiekäufer sind heute Servicekunden.

CW: Ihr Marktanteil im Server-Geschäft ist sehr niedrig. Welchen Sinn ergibt ein eigenes Server-Angebot für einen Dienstleister?

McGrath: Das hängt vom Marktsegment ab, in dem sich der Anbieter bewegt. Große Teile des Technologiemarkts werden heute mit Commodity-Produkten abgedeckt. Die Entwicklung begann vor einigen Jahren im PC-Segment. Unisys stieg bereits 1997 aus diesem Markt aus; selbst IBM als Wegbereiter des PC-Geschäfts hat sich jetzt zurückgezogen. Im Segment der Midrange-Server setzt sich dieser Trend fort. Im Highend aber gibt es für uns eine Nische, die sich sehr gut gegen Konkurrenten verteidigen lässt.

CW: Unisys offeriert sowohl proprietäre Großrechner als auch Mehrwege-Server mit Intel-Prozessoren. Welche Nische wollen Sie verteidigen?

McGrath: Die Aussage gilt sowohl für unsere proprietären Server, in die wir weiter investieren, als auch für die offenen Systeme. Wir transferieren immer mehr Techniken aus der proprietären in die Open-Systems-Welt, um sie für Windows- und Linux-Installationen nutzbar zu machen. Mit dem Highend-Modell unserer ES-7000-Server haben wir die weltweit leistungsstärkste Open-Source-Plattform im Angebot.

CW: In welchen Segmenten des IT-Servicemarkts versprechen Sie sich die größten Wachstumschancen?

McGrath: Die größten Zuwächse in den vergangenen Jahren haben wir mit Kunden aus der öffentlichen Hand erzielt. Das trifft zwar nicht unbedingt auf Deutschland zu, aber wir machen auch dort Fortschritte, wie etwa der Großauftrag für die Modernisierung der bayerischen Justizbehörden belegt. An zweiter Stelle in puncto Wachstum steht traditionell der Finanzdienstleistungssektor. Dabei spielen Outsourcing-Services, insbesondere Business Process Outsourcing (BPO), die wichtigste Rolle. Wir profitieren dabei von unseren langjährigen Branchenkenntnissen.

CW: Gerade im Outsourcing-Markt muss sich Unisys mit mächtigen Konkurrenten wie IBM oder CSC messen. Hinzu kommen die großen indischen Offshore-Anbieter. Wie können Sie in diesem harten Wettbewerb überleben?

McGrath: Jeder dieser Anbieter konzentriert sich auf unterschiedliche Segmente. Deshalb glaube ich an unseren Erfolg. Die indischen Anbieter etwa beschäftigen sich vorwiegend mit Applikations-Outsourcing, genauer gesagt mit der Wartung und Pflege bereits existierender Legacy-Anwendungen. Unisys tut das nicht. IBM und Accenture fahren in Sachen BPO eine horizontal angelegte Strategie mit den Schwerpunkten Finanzen und Human Resources.

CW: Wie positioniert sich Unisys?

McGrath: Wir stellen uns komplett vertikal auf, das heißt nach Branchen. Dazu zählen etwa der Finanzdienstleistungssektor, Transport, Medien und die öffentliche Hand.

CW: Welche größeren BPO-Kunden hat Unisys in Europa gewonnen?

McGrath: Wir verarbeiten beispielsweise 70 Prozent aller Bankschecks in Großbritannien. Dazu betreiben wir ein Joint Venture mit Lloyds TSB, Barclays und HSBC, an dem wir 51 Prozent der Anteile halten. In den Niederlanden haben wir mit Interpay ein ähnlich ausgerichtetes Unternehmen gegründet, über das wir zusätzliche europäische Kunden im Zahlungsverkehr gewinnen wollen. Weitere BPO-Kunden sind etwa die britischen Versicherer Abbey Life und Royal & Sun Alliance.

CW: Welche Bedeutung haben andere Service-Teilmärkte wie Beratung oder Systemintegration für Unisys?

McGrath: Eine sehr hohe. Wir heben uns in diesen Segmenten vom Wettbewerb ab. Mit 3D Visible Enterprise haben wir eine neue Methodik und zugehörige Tools entwickelt. Sie erlaubt es CEOs, die Auswirkungen von Geschäftsentscheidungen schon im Voraus zu beurteilen.

CW: In Belgien hat Unisys eine IT-Consulting-Einheit von KPMG aufgekauft. Planen Sie weitere Übernahmen, um das Servicegeschäft zu stärken?

McGrath: Über Akquisitionen sprechen wir erst, wenn sie getätigt werden. Angesichts der Überkapazitäten im IT-Servicemarkt gehe ich aber von einer weiteren Konsolidierung aus. Vor diesem Hintergrund halten wir die Augen nach attraktiven Kaufgelegenheiten offen.