Mainframes jetzt mit CMOS-Prozessoren

Unisys verknuepft proprietaere und offene Rechner zu einem System

26.04.1996

Wer beabsichtigt, neben den proprietaeren Unisys-Mainframe- Applikationen auch moderne Client-Server-Software zu nutzen, dem empfiehlt der Hersteller, sich statt eines neuen Stand-alone- Grossrechners ein Modell aus der Clearpath HMP-Serie auszusuchen.

Die HMP-Familie besteht immer aus einem Mainframe aus der "A"- oder "2200"-Reihe sowie einem damit verknuepften Mehrprozessor- Rechner auf Basis der Intel-Chips Pentium oder Pentium Pro unter den Betriebssystemen Unix oder Windows NT. Die intern ueber eine FDDI-Verbindung gekoppelten Systeme sollen dank vorintegrierter Software einen einfachen Datenaustausch zwischen beiden Welten moeglich machen.

Die Rechner werden vorkonfiguriert ausgeliefert, lassen sich von einer Konsole aus verwalten und enthalten neben den Betriebssystemen auch die notwendige Verbindungssoftware, etwa "Trans-IT" und "Open/OLTP" der Unisys-Tochter Usoft fuer Interoperabilitaet und gemeinsamen Datenzugriff. Damit entfalle, so die Ueberlegungen, die Notwendigkeit, in einer Client-Server- Umgebung dedizierte LAN-Server installieren zu muessen.

Auch fuer die Internet-Integration ist gesorgt. Die Web-Server- Software der Clearpath-Rechner unterstuetzt das Hypertext Transfer Protocol (HTTP) und erlaubt Zugriff auf und Verteilung von Hypermedia-Dokumenten. Damit, so Unisys, seien die HMP-Rechner auch fuer den Aufbau von Intranets geeignet.

Die HMTP-Familie ist fast unendlich skalierbar

Die ersten Clearpath-HMP-Modelle "NX 4600" und "NX 4800" bestehen aus Mainframes der A-Serie und Intel-Rechnern unter Windows NT. Der Kunde hat bei beiden HMP-Reihen die Qual der Wahl: Bei NX 4600 kann er sich allein beim Mainframe-Teil unter 18 Modellen entscheiden, bei der NX-4800-Reihe gar unter 23. Dazu kommen jeweils verschiedene Varianten der Intel-Komponente. Derzeit werden SMP-Systeme mit maximal vier Pentium-Chips (und einer Taktfrequenz von 133 Megahertz) angeboten. Nach Angaben von Unisys ist aber die Unterstuetzung von bis zu zehn CPUs bereits moeglich, da die Ingenieure in Blue Bell, Pennsylvania, den Hardware Abstraction Layer von Windows NT entsprechend modifiziert haben. Die HMP-Reihe unter den Betriebssystemen MCP/AS und NT soll ab Juli ausgeliefert werden.

Fuer August ist mit den Modellen aus der "IX-4800"-Familie das entsprechende Unix-Angebot geplant. Kombiniert wird hier der Mainframe 2200/3800 mit einem Intel-System, das ein bis fuenf Prozessor-Boards mit je zwei Pentium-CPUs (150 Megahertz) aufnehmen kann. Herzstueck des Intel-Teils ist ein schnelles Bus- System mit einem Durchsatz von 533 MB/s. Neben den CPU-Platinen koennen daran zwei Hauptspeicherkarten mit einem Fassungsvermoegen von 128 MB bis 2 GB, ein PCI-Bus mit sieben Slots sowie ein EISA- Bus angeschlossen werden. Zur Basisausstattung gehoeren zwei CPUs, zweimal 128 MB Hauptspeicher, eine Festplatte mit einer Kapazitaet von 4 GB, Ethernet und FDDI-Adapter, QIC-Tape und CD-ROM-Laufwerk.

Bis zum Jahresende will Unisys das HMP-Angebot voll ausgebaut haben. Kombinationen aus 2200-Mainframes und NT-Anhang sollen ebenso zu haben sein wie A-Klasse-Grossrechner mit Unix-Komponente. Ebenso will der Hersteller noch in diesem Jahr die massiv- parallelen "Opus"-Maschinen mit den zwei Mainframe-Reihen kombinieren.

Zugleich hat Unisys die CPUs der Grossrechner auf CMOS-Technik umgestellt. Ab sofort werden jetzt auch alle Stand-alone- Mainframes Chips mit 0,5 Mikrometer breiten Leiterbahnen enthalten. Betroffen von der Umstellung sind aus der A-Serie das Einstiegssystem "A2100", die Mittelklasse-Maschinen der "A2400"- Reihe, die mit zwei Prozessormodulen auszustatten sind und sich in zwei unabhaengige Systeme aufteilen lassen, sowie die Grossanlagen "A2800" mit bis zu sechs Prozessoren und 2,3 GB Hauptspeicher. Betriebssystem fuer die A-Serie ist weiterhin MCP/AS.

Die Enterprise-Server aus der 2200-Reihe erhalten mit dem Modell "2200/3800" Zuwachs am oberen Leistungsende. Diese Maschine ersetzt den "2200/900"-Mainframe und verfuegt ueber Multiprozessor- Unterstuetzung fuer bis zu acht Befehlsprozessoren. Die CMOS-Technik erlaubt es dem Hersteller, die gesamte Prozessorlogik in nur zwei statt wie bisher 187 Bausteinen zu implementieren. Ueber den "Extended Processing Complex" (EPC) laesst sich das System auf 64 Prozessoren ausbauen. Die Partitionierung in zwei Systeme ist ebenfalls moeglich.

Fuer den Datenverkehr stehen ein bis zwoelf I/O-Prozessoren mit maximal 192 Kanaelen zur Verfuegung. Unterstuetzt werden die I/O- Schnittstellen SCSI, Block Mux und SBCON sowie ATM, Ethernet und FDDI. Der Hauptspeicher laesst sich mit bis zu vier Speichereinheiten auf 4 GB erweitern. Neben einer deutlichen Reduzierung der Grundflaeche konnte Unisys auch den Energiebedarf stark vermindern. Dank CMOS-Technik und Luftkuehlung benoetigen die neuen Grossrechner nur mehr ein Zwoelftel soviel Strom wie die alten Systeme. Als Betriebssystem kommt weiter "OS 2200" zum Einsatz.

Unisys wollte fuer die neuen Systeme keine Preisangaben machen, versicherte aber, dass es fuer das integrierte Software-Basispaket einen "Leistungspreis" geben werde, der alle Lizenzgebuehren enthaelt und nicht von der Anzahl der Benutzer abhaengt. Nach Unternehmensangaben liegen fuer die HMP-Rechner bereits Bestellungen im Wert von ueber 150 Millionen Dollar vor.

Vermehrt indirekte Kanaele beim Vertrieb

Beim Vertrieb der Systeme will sich die Computer Systems Group von Unisys vermehrt auf indirekte Kanaele stuetzen und so neue Maerkte erreichen. Dies soll, zusammen mit dem HMP-Angebot, die Abwanderung von Unisys-Kunden aufhalten, wie Analysten der Meta Group vermuten. Der Hersteller aus Blue Bell in Pennsylvania kaempft derzeit noch immer mit Verlusten, die im Zuge von diversen Restrukturierungsmassnahmen enstanden sind. Das Unternehmen durchlief einige Organisationsaenderungen, bis sich die jetzt gueltige Dreiteilung in Computer Systems Group, Information Services Group sowie Global Customer Services etablierte.

Fuer jeden Bereich werden seit neuestem die Zahlen offengelegt. Von dem 1995 erzielten Gesamtumsatz in Hoehe von 6,2 Milliarden Dollar entfielen rund 40 Prozent auf die Computersysteme. Je 30 Prozent oder zwei Milliarden Dollar steuerten die beiden anderen Bereiche bei. Firmenchef James Unruh hofft, in diesem Jahr wieder in die Gewinnzone zu gelangen.

Unix down - Windows-NT und PCs up

Alan Lutz, Verantwortlicher fuer die Computer Systems Group, erklaerte im Februar vor Analysten, dass er sich aus dem Geschaeft mit universell einsetzbaren grossen Unix-Servern zurueckzuziehen beabsichtige, da hier der Marktanteil von Unisys zu klein sei und man in diesem Segment nicht laenger mit HP, Sun oder IBM konkurrieren wolle. Statt dessen werde man sich Nischenmaerkte aussuchen und dafuer Unix-Maschinen produzieren.

Besser sieht es im PC-Geschaeft aus, das 1995 um 70 Prozent gewachsen ist und nun wieder Gewinne einfaehrt - und das, obwohl man weltweit nur an 15. Stelle liege. Dank eines gestrafften Produktionsplanes und massgeschneiderter Konfigurationen erwartet Lutz auch fuer dieses Jahr eine weitere Steigerung in diesem Bereich.

Aehnlich wie das PC-Geschaeft moechte der Unisys-Manager nun auch den NT-Markt angehen. Dort sollen mit Hilfe des Mainframe-Know-hows robuste Server angeboten werden.