Betriebssystem für kommerziellen Einsatz auf Mikrokernel-Basis

Unisys und Chorus wollen Hochleistungs-Unix bis 1992

26.10.1990

MÜNCHEN (zek) - Der US-Großrechner-Hersteller Unisys und das französische Softwarehaus Chorus Systemes haben ein Technologieabkommen über ein standardorientiertes, verteiltes Unix-System auf Basis der Chorus Mikrokernel-Architektur geschlossen. Die Kooperation, die im letzten Jahr begann, bezieht sich auf eine gemeinsame Entwicklungsarbeit bis 1992.

Ziel der Entwicklungen ist ein kommerzielles Hochleistungs-Unix auf Basis des AT&T-Unix System V, Release 4. Nach Angaben von Chorus-Vice-President Gerard Yon sollen erste Zwischenergebnisse im Laufe des ersten Halbjahres 1991 vorliegen.

Im Rahmen der Übereinkunft werden Unisys und Chorus eine transparente, verteilte, fehlertolerante und skalierbare Betriebssystem-Architektur entwickeln, die auf dem Chorus-Mikrokernel-Betriebssystem und dem AT&T-Standard basiert.

Die Architektur wird den derzeitigen Industriestandards gemäß Posix und X/Open Portability Guide 3 entsprechen. Unisys hat dann als erster Hersteller das Recht, Computer mit dem neuen Betriebssystem auszustatten und zu vermarkten. Chorus erwarb mit dem Abkommen das Recht. Lizenzen für die neue Technologie an andere Hersteller zu vergeben.

Unisys hat sich nach Aussage von John Chen, Vice-President und General Manager der Unisys Systems Group, nach langer Prüfung für die Chorus-Architektur entschieden, da "Chorus/Mix das einzige vollständige und ausgereifte Mikrokernel-Produkt ist, das die geforderten Leistungs-Benchmarks für kommerzielle Systeme bestand".

Erweiterung der Chorus-Architektur

Der gemeinsame Entwicklungsplan bezieht sich auf eine Erweiterung der Chorus-Architektur und -Technologie zur Unterstützung des System-V.4-Releases des Unix-Betriebssystems. Darüber hinaus beabsichtigen beide Unternehmen, lose gekoppelte, verteilte Netzwerk-Knoten durch Chorus in ein skalierbares System V.4 einzubinden. Ein weiteres Ziel ist die Kombination der Chorus-Technologie mit zuverlässigen Message-Broadcast-Erweiterungen und transaktionsähnlichen Techniken, um Fehlertoleranz zu bieten.

Unisys plant seinerseits, den Einsatz der Mikrokernel-Technologie für verschiedene anspruchsvolle Computer-Applikationen voranzutreiben, um eine verteilte Verarbeitungsumgebung zu schaffen, die transparent für Anwender, Systemadministratoren und Programmierer sein soll. Außerdem sollen Hochleistungs-Datenbanksysteme unterstützt und Erweiterungen für einen fehlertoleranten Betrieb entwickelt werden.

Bei der sogenannten Mikrokernel-Architektur handelt es sich um eine Betriebssystem-Struktur, in der ein Mikrokernel einen Minimalsatz von Kern-Betriebssystem-Funktionen bereitstellt und einem Satz von Systemservern, der die Mikrokernel-Funktionen nutzt, um die volle Betriebssystem-Funktionalität für Applikationen und Anwender zu liefern.