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Nach "Computerbild"-Kritik

Unister-Chef Wagner weist Abzock-Vorwürfe zurück

16.07.2012
Das Internet-Unternehmen Unister, zu dem Reiseportale wie ab-in-den-urlaub.de und fluege.de gehören, steht heftig in der Kritik.

Einem Medienbericht zufolge arbeiten die Leipziger mit unsauberen Tricks und haben sogenannte Klickfallen eingebaut, in die arglose Computernutzer tappen könnten. Im Interview mit der Nachrichtenagentur dpa weist Unister-Chef Thomas Wagner (34) die Vorwürfe zurück und verspricht zugleich Verbesserungen.

Herr Wagner, Unister ist zuletzt Gegenstand kritischer Berichterstattung in der "Computerbild" gewesen. Werden Sie sich die nächste Ausgabe kaufen?

Wagner: "Ich werde sicherlich ein Exemplar vorliegen haben, ja."

Es wurden massive Vorwürfe erhoben. Vom "Abzock-Imperium" war die Rede. Was sagen Sie grundsätzlich zu den Vorwürfen?

Wagner: "Es ist natürlich so, dass wir den Artikel mit Bedauern zur Kenntnis genommen haben. Wir sind der Meinung, dass eine Reihe von Sachen da skandalisiert und teilweise vollkommen falsch dargestellt sind. Nichtsdestotrotz nehmen wir uns bestimmter Punkte durchaus an und probieren, die Webseiten zu verbessern und sie kundenfreundlicher beziehungsweise -verständlicher zu gestalten. Es ist unser Ansinnen, die Kunden dauerhaft zu festen Stammkunden zu machen."

Konkret ist Ihnen vorgeworfen worden, dass Sie mit unsauberen Tricks arbeiten. Dass Sie auf Reiseportalen durchgestrichene Altpreise angeben, die gar keine Altpreise sind, dass Sie frei erfundene Sitzplatzrestmengen angeben. Was wollen Sie genau ändern?

Wagner: "Ohne Einzelheiten zu nennen - wir sind dabei, eine ganze Reihe von Punkten zu testen, sowohl im Bezug auf Verständlichkeit als auch auf das Funktionieren des Geschäftsmodells. Die Frage der Restplätze - da ist der Vorwurf einfach falsch, weil die Restplätze, die wir in den Tarifen anzeigen, genau die Restplätze sind, die wir von den Airlines übermittelt bekommen. Aber nochmal: Wir nehmen uns eine Reihe von Punkten vor - etwa was die Verständlichkeit angeht bei Zubuchung der Zusatzleistungen wie Versicherungen oder was die Transparenz der Gebührendarstellung angeht.

Die Verbraucherzentrale hat von einer Flugbuchung bei fluege.de abgeraten. Es gibt offensichtlich Verbraucherkritik - kommt die auch bei Ihnen an oder nur bei der Verbraucherzentrale?

Wagner: "Zum Einen: Wir bedauern, dass die Verbraucherzentrale, obwohl sie 300 Meter von uns entfernt sitzt, nicht einmal den direkten Draht zu uns gesucht hat. Zum Zweiten: Die Verbraucherzentrale stellt es immer so dar, als hätten sie von früh bis abends nichts anderes zu tun, als irgendwelche Verbraucherbeschwerden über uns zu bearbeiten. 2011 gab es dort 30 Beschwerden, in 2012 waren es 50 Beschwerden. Demgegenüber stehen Millionen von Buchungen und Tickets, die wir im Jahr ausstellen."

Ein Kritikpunkt ist auch, dass man bei Ihren Service-Hotlines so gut wie gar nicht oder nur schwer durchkommt.

Wagner: "Gar nicht durchkommen - das kann nicht sein. Ich gebe Ihnen aber Recht, dass das Servicelevel gerade in den letzten Monaten nicht immer auf dem Niveau war, wie wir uns das immer wünschen würden. Ein ganz entscheidender Grund ist: Wir sind massiv gewachsen. Das ist gar keine Entschuldigung, aber für das Verständnis doch wichtig, dass es eben eine Herausforderung ist, dieses Wachstum mit einem entsprechenden Service zu unterlegen. Das ist ein Punkt, wo wir mit Hochdruck dran sind, wo wir selber nicht zufrieden sind. Es wird sich verbessern."

Wie viele Reisen respektive Flüge verkaufen sie pro Jahr?

Wagner: "Die genaue Zahl werde ich Ihnen nicht nennen. Ich kann Ihnen nur sagen, dass es viele Tausend pro Tag sind, die wir sowohl im Flug- als auch im Pauschalbereich verkaufen, und daraus resultierend mehrere Millionen im Jahr. Wenn ich die Touristik segmentiere in Flug-, Pauschal- und Hotelreisen, dann sind wir beim Flug- und Pauschalreisebereich ganz klar Marktführer, beim Hotelbereich sind wir stark motiviert noch aufzuholen auf diverse Mitbewerber."

Wie viele Mitarbeiter hat Unister?

Wagner: "1670. Davon sind 450 in der IT und Grafik, dann ein großer Servicebereich, und darüber hinaus Buchhaltung, Marketing, Portalmanagement."

Das Unternehmen Unister

Unister wurde vor zehn Jahren in Leipzig von dem Studenten Thomas Wagner gegründet. Das Start-Up wuchs schnell zu einem Internet-Unternehmen mit derzeit 1670 Mitarbeitern, das unter dem Dach einer Holding zahlreiche Portale vereint. Dazu gehören zum Beispiel geld.de, preisvergleich.de, auto.de, news.de sowie die Reiseportale ab-in-den-urlaub.de und fluege.de.

Monatlich sind nach Unternehmensangaben derzeit 10,89 Millionen Nutzer auf Unister-Webseiten. Laut Wagner verkauft Unister inzwischen jährlich mehrere Millionen Pauschalreisen und Flüge. Konkrete Umsatzzahlen veröffentlicht das Unternehmen nicht. Der gebürtige Dessauer Wagner, inzwischen 34, lenkt noch immer die Geschicke des Unternehmens.

Zu Unister gehören zahlreiche Portale wie geld.de, auto.de, news.de. Womit verdienen Sie Geld?

Wagner: "Umsatz- und ertragsseitig ist der touristische Part der größte, da internationalisieren wir auch sehr stark. Wobei die anderen Bereiche alle auch Geld verdienen. Es ist nahezu jeder Bereich profitabel."

Von außen betrachtet gibt es immer nur Unister und Thomas Wagner. Wer trifft die maßgeblichen Entscheidungen im Unternehmen? Sie allein?

Wagner: "Es ist nicht so, dass ich für alles der Entscheidungsträger bin. Das geht auch gar nicht mehr bei so vielen Leuten. Ich bin sicherlich noch sehr tief drin in den meisten Portalen und habe zehn Jahre Erfahrung im E-Commerce. Aber es ist nicht so, als wäre es eine reine One-Man-Show. Selbst wenn ich es wollte, wäre es nicht machbar. Man kann nicht 1670 Leute führen wie zehn Leute in einem Start-up."

Angekündigt war, auch eine Budget-Hotel-Kette ins Leben zu rufen Werden Sie das noch in die Tat umsetzen?

Wagner: "Definitiv. Sie können mir glauben, ich habe bei nahezu keinem anderen Projekt eine so große Motivation, das zu realisieren, wie bei diesem. Wir arbeiten seit zweieinhalb Jahren sehr intensiv daran. Wir suchen derzeit nach Grundstücken in großen deutschen Städten." (dpa/tc)