EG-Kommission finanziert Forschungsprogramm:

Uni Southampton baut Supercomputer

04.09.1987

Ein Gemeinschaftsprojekt zur Entwicklung und Nutzung eines kostengünstigen Hochleistungs-Supercomputers bei dem die Southampton University in Südengland eine wichtige Rolle spielt, wird gegenwärtig im Rahmen des Esprit-Projekts durchgeführt. Im Gegensatz zu herkömmlichen Supercomputern wie der Cray 1 oder 2, die mit kostenaufwendigen ultraschnellen Schaltungen arbeiten, nutzt der an der Southampton University in Bau befindliche Prototyp die neueste Mikroprozessor-Technik.

Supercomputer "Supernode" basiert auf dem Transputer, der von dem britischen Unternehmen Inmos als Bauelement für ein Parallelverarbeitungssystem konzipiert wurde.

Einsatz im großen Stil noch nicht erprobt

Die Parallelverarbeitung nutzt viele Prozessoren, um eine erhöhte Systemleistung zu erreichen. "Supernode" kann beispielsweise mehrere Tausend Transputer enthalten, die alle auf dasselbe Anwendungsproblem ausgerichtet sein könnten.

Das Forschungsprogramm, und auch die Entwicklung mehrerer Supercomputer-Prototypen wird Programmier- und Anwendungstechniken für diese neue Computerarchitektur untersuchen.

Der Einsatz der Parallelverarbeitung in großtechnischem Maßstab ist bisher noch nicht erprobt, und Großbritannien betreibt wie das übrige Europa ein aktives Forschungsprogramm, um seiner Informationstechnologie-Industrie in dieser Phase des Umbruchs die Wettbewerbsfähigkeit zu sichern. Zunächst wurde die Southampton University durch das von der britischen Regierung finanzierte Programm "Alvey" unterstützt, um die Verwendungsmöglichkeit von Transputern als Basis für einen Supercomputer zu untersuchen. Auch andere Partner des Esprit-Projektes sind früher im Bereich der Transputer-Forschung unterstützt worden.

Der Chip T800 ist etwa ein Quadratzentimeter groß und enthält rund 250000 Transistoren. Im Gegensatz zu herkömmlichen Mikroprozessoren kann er als völlig eigenständige Einheit verwendet werden, da er einen einfachen aber leistungsstarken integrierten 32-Bit-Prozessor enthält, einen Gleitkomma-Prozessor, der gespeicherte Zahlen mit bis zu 64 Informationsbits handhabt, ein sehr schnelles RAM (es kann 4096 Zeichen speichern) und vier schnelle Ein-/Ausgabekanäle.

Diese Kommunikationskanäle liefern den Schlüssel zum Erfolg des Transputers als Parallelverarbeitungs-Bauelement. In jedem Parallelverarbeitungssystem müssen die Prozessoren miteinander kommunizieren können, um Daten auszutauschen und ihre Aktivitäten aufeinander abzustimmen. Die Kommunikationskanäle auf dem Transputer bieten diese beiden Möglichkeiten.

Mit vier Transputern gleichzeitig kommunizieren

Ein einziger Kanal kann etwa zwei Millionen Zeichen pro Sekunde in beide Richtungen über eine Dreileiterschaltung übermitteln, mit der die Transputer untereinander verbunden werden. Die vier Verbindungen ermöglichen jedem Transputer, mit vier anderen gleichzeitig zu kommunizieren. Das heißt, daß Transputer zu einem regelmäßigen zweidimensionalen Gitter verbunden werden könnten.

Begrenzt wird ein solches Netzwerk dadurch, daß der Informationsaustausch zwischen nicht - benachbarten Transputern durch die Software geliefert werden muß, und zwar über dazwischenliegende Transputer, die als Sortierstellen fungieren und die Daten in "handlichen" Paketen an einen Transputer weiterleiten, mit dem sie kommunizieren können, der jedoch näher am Datenbestimmungsort liegt. Dieser durch die Software gelieferte Mechanismus ist erheblich langsamer als eine direkte Verbindung.

Probleme liegen in der Datenübermittlung

Die Probleme bei der Konstruktion des Supercomputers liegen alle im Bereich der Datenübermittlung, denn sie ist der Schlüssel zu allen erfolgreich arbeitenden Parallelprozessor-Konstruktionen. Transputer können auf direktem Wege nur mit vier anderen Elementen verbunden werden, obwohl die Sortierstellenanalogie eine Lösung für das Problem sein könnte, weitere Kanäle zur Verfügung zu stellen. Doch je mehr Transputer das System umfaßt, desto langsamer wird die Kommunikation zwischen entfernt liegenden Transputern. Was bei der Programmierung des Supercomputers beachtet werden muß, ist die Fähigkeit, direkte Verbindungen zwischen den durch das Programm spezifizierten Transputern zu realisieren.

Eines der wichtigsten Merkmale des Supercomputers Supemode ist die Fähigkeit, dieses Ziel zu verwirklichen. Dies geschieht durch Vermittlungsschaltungen auf den Verbindungen jedes Transputers laufen in einer Vermittlungsstelle zusammen, über die sie mit jedem anderen Transputer im System verbunden werden können . Vergleichbar ist dies mit Telefonen, wenn jeder Teilnehmer (Transputer) mit einer Vermittlung verbunden wird, über die er für eine bestimmte Dauer irgendeinen anderen Teilnehmer anrufen kann, der auch mit der Vermittlung verbunden ist.

Kosten noch nicht voll im Griff

In der Praxis erwartet man, daß der Computer mit allen zur Verfügung stehenden Verbindungen genutzt wird, wobei eine Kommunikations- oder Netzstruktur entsteht, die den Datenfluß im Anwendungsprogramm widerspiegelt.

Ein Nachteil der Verwendung dieser Vermittlungsschaltungen sind die Kosten für den Schaltmechanismus, die im Quadrat zur Anzahl der Eingänge in die Vermittlungsstelle steigen. Diese Kostenfunktion wird bis zu einem gewissen Grad ausgeschaltet, wenn der Computer in Form von Modulen konzipiert wird, von denen jeder mit seiner eigenen lokalen Vermittlung und natürlich mit Leitungen zu anderen Hauptvermittlungen ausgestattet ist. Eine Einheit mit etwa 30 Transputern kann auf diese Weise, wirtschaftlich gebaut werden.

Dieser Supertransputer, der Superknoten, kann als leistungsstarke Stand-alone-Arbeitsstation oder als Basis eines Super-Superknotens verwendet werden. Ein Transputer fungiert als Überwacher, der die Schalter nach Bedarf stellt. Er kommuniziert mit allen anderen Transputern innerhalb des Knotens über einen Steuerbus, der viele Transputer auf eine gemeinsame Aufgabe ausrichtet, so daß die Schalter zurückgestellt werden können.

Supernode könnte zum Preisbrecher werden

Ein einzelner Superknoten kann aus 32 Arbeits-Transputern mit einer Speicherkapazität von je 256 000 Zeichen, einer Steuereinheit, einem Speicher-Server mit einer Kapazität von 16 Millionen Zeichen und einem Platten-Server bestehen, dessen Kapazität nur durch die Plattenlaufwerk-Technik begrenzt ist. Ein Knoten dieser Art könnte bis zu 50 Millionen Gleitkomma-Operationen pro Sekunde durchführen - eine Leistung, die gewöhnlich Geräte wie die Cray 1 erbringen, ein Supercomputer, der 1976 auf den Markt gebracht wurde und mehrere Millionen Pfund kostet.

Der Supercomputer Supernode könnte für mehrere zehn - oder vielleicht hunderttausend Pfund hergestellt werden. Eine Ansammlung von 32 Superknoten in einem einzigen Supercomputer könnte eine verhältnismäßig höhere Leistung erbringen, nämlich über eine Milliarde Gleitkomma-Operationen pro Sekunde. Das liegt etwa in der gleichen Kategorie der heutigen Supercomputer, die rund 12, 5 Millionen Pfund kosten. Supernode könnte für einen Bruchteil dieser Kosten vertrieben werden.