Unglaeubiges Staunen bei Sunsoft X/Open stellt Markenzeichen fuer das neue Spec-1170-Unix vor

03.03.1995

MUENCHEN (CW) - Das Standardisierungsgremium X/Open liefert sein Markenzeichen fuer das Einheits-Unix aus, auf das sich die Industrie im Herbst 1993 unter der Bezeichnung Spec 1170 geeinigt hat. Erste Anbieter sollen das Markenzeichen bereits erhalten haben. Daran zweifeln allerdings Unix-Spezialisten bei Sunsoft.

Fuer Anwender und Software-Entwickler bedeutet die Einfuehrung des Unix-Markenzeichens, dass kuenftig jede fuer das Einheits-Unix geschriebene Anwendung nach einer Neukompilierung unveraendert auf jedem System laeuft, das mit dem der X/Open ausgestattet ist. Ausserdem enden damit die jahrelangen Auseinandersetzungen der Branche um einen verbindlichen Betriebssystem-Standard.

Als eines der ersten Unternehmen hat Siemens-Nixdorf eigenen Angaben zufolge das Unix-Markenzeichen fuer alle RM-Systeme mit "Sinix V5.42" erhalten. Weitere Betriebssystem-Anbieter sollen auf der CeBIT in Hannover folgen. Vergeben wird die Auszeichnung an alle Hersteller, die wie Siemens-Nixdorf garantieren, dass ihr Betriebssystem

- den 1170-Unix-Spezifikationen entspricht,

- auch kuenftig dazu konform gehalten wird und dass

- eventuell auftretende Inkompatibilitaeten innerhalb einer vereinbarten Zeitspanne behoben werden.

Diese Ankuendigungen von X/Open und Siemens-Nixdorf loesten bei Sunsoft Verwunderung aus. Nach einem dort vorliegenden internen Papier liegen noch nicht einmal die Testverfahren fuer die 1170- Unix-Spezifikationen vollstaendig vor. So soll zum Beispiel die Cursor-Library erst Mitte 1995 fertig werden. Das erfolgreiche Durchlaufen dieser Tests ist jedoch laut X/Open die Voraussetzung dafuer, dass ein Betriebssystem das Unix-Markenzeichen erhaelt. Laut Sunsoft hat

X/Open bisher lediglich die Bedingungen veroeffentlicht, unter denen das Unix-Markenzeichen zu bekommen ist.

Vor allem ist das Verfahren teuer. Wie der britische Branchendienst "Unigram-X" berichtet, verlangt das fuer die Zertifizierung zustaendige Open-Systems-Konsortium X/Open jeweils 20 000 Dollar fuer die 1170- und XPG-Testsuites. Der jaehrliche Support kostet weitere 9000 bis 9500 Dollar. Anbieter, die darueber hinaus noch als Betatester bei der Weiterentwicklung des Unix- Standards mitreden wollen, zahlen dafuer einen zusaetzlichen Betrag: Von 20 000 bis 25 000 Dollar ist die Rede.