Ungewisse Zukunft der Unix-Vereinigung GUUG-Jahrestagung spaltet sich in zwei Nachfolgemessen

22.09.1995

WIESBADEN (gfh) - Nach zwei Jahren Dauerstreit ist die Beziehungskiste zwischen Veranstalter GUUG und Organisator Network endgueltig in die Brueche gegangen. Das Ergebnis: 1997 wollen die Ex-Partner jeder fuer sich eine Open-Systems-Veranstaltung ausrichten, die GUUG in Leipzig, Network wie gehabt in Wiesbaden.

"Wir haben bis Dienstag Null Uhr dreissig verhandelt, aber der Entschluss der GUUG, sich von uns zu trennen, steht felsenfest", so die dramatische Darstellung von Klaus Jansen, Geschaeftsfuehrer der Wiesbadener Network GmbH. Das einzige Ergebnis des Verhandlungsmarathons am Vorabend der Messe-Eroeffnung war ein Burgfrieden fuer die Dauer der Veranstaltung.

Einen Tag nach Ablauf der Kongressmesse meldete Jansen nicht nur einen neuen Rekord von 9427 Besuchern gegenueber 8711 im Vorjahr, sondern bestaetigte die seit einem Jahr kursierenden Geruechte, dass Network die Open-Systems-Veranstaltung im naechsten Jahr ohne den Unix-Verein GUUG durchfuehren wolle.

"Es wird keine zwei Messen geben", hofft dagegen der GUUG- Vorsitzende Burkard Stork. Er ist ueberzeugt, dass sich die Austeller, vor die Wahl gestellt, mit wem sie kooperieren wollen, fuer die fachliche Kompetenz der Unix-Vereinigung entscheiden. Ausserdem sei Network durch eine Wettbewerbsklausel im bestehenden Vertrag die Ausrichtung einer Messe nach dem Vorbild der jetzigen verboten.

Stork ist allerdings klar, dass sich Network durch Vertragsbestimmungen nicht davon abhalten lassen wird, eine Gegenveranstaltung zu initiieren. So habe die Organisation bereits unzulaessigerweise mit dem Logo und Layout der diesjaehrigen Messe fuer naechstes Jahr geworben. "Aber Network wird rechtliche Schwierigkeiten bekommen," droht der GUUG-Chef.

Konkurrierende Kongresskonzepte

Seine Organsation will kuenftig mit dem Berliner Springer Verlag kooperieren und sich dabei auf die Staerken im wissenschaftlich- technischen Bereich besinnen. Eine Einschraenkung auf Unix-Themen im engeren Sinn sei damit keineswegs verbunden, vielmehr wolle man sich als Technologie-Kongress profilieren.

Ansonsten ist geplant, den Anteil der oft werblichen Vortraege der Hersteller zu reduzieren und statt dessen Anwendungsloesungen in den Vordergrund zu stellen. Es gehe darum, durch Inhalte zu ueberzeugen. Das sei auch der Grund, warum man sich fuer den Springer Verlag als neuen Organisator entschieden habe und nicht fuer einen Messespezialisten. Diese seien vor allem an der Messe und an der Vermietung von Staenden interessiert. Mit dem neuen Konzept lassen sich, so hofft Stork, nicht nur neue Interessenten gewinnen, sondern auch viele der bisherigen Besucher nach Leipzig locken.

Das sieht Network-Chef Jansen anders. Nach seiner Auskunft sind ueber 80 Prozent der Messebesucher bisher aus einem Umkreis von 200 Kilometern nach Wiesbaden gekommen und haeufig nur einen Tag geblieben. Fuer diese Klientel sei der Weg nach Leipzig schlicht zu weit. Vor allem aber spekuliert der Network-Chef darauf, dass Aussteller wie Besucher schon deswegen nicht nach Leipzig gehen werden, weil der Fruehherbst in Wiesbaden schon fuer Jahre fest im Terminkalender steht.

Jansen hat aber auch ein inhaltliches Konzept vorzuweisen, mit dem er Aussteller und Besucher bei der Stange halten will. So soll sich der Konferenzteil auf die im Rhein-Main-Gebiet besonders stark vertretenen Branchen Handel, Banken und Versicherungen konzentrieren. Ausserdem plant Network kostenlose Herstellerreferate, die durchaus werblich sein duerfen. Dieses Angebot soll der laut Jansen steigenden Anzahl von Besuchern entgegenkommen, die die hohen Kosten eines Kongresses scheuen und manche Vortraege nur durchstehen, weil sie dafuer bezahlen muessen (siehe auch Artikel und Kommentar auf Seite 15).