Verhindern Hersteller die kompatible Programmierung?

Unerträgliche Gebühren bremsen Anwender

07.10.1983

Einige große Herstellerfirmen wollen die Verwendung von kompatiblen Schnittstellen für DB/DC-Systeme durch hohe Gebühren für Lizenz und Wartung erschweren. Nachdem zunächst wesentlich geringere Gebühren verlangt worden sind, erfolgt die Androhung höherer Preise ziemlich gleichzeitig durch IBM, Siemens und die Software AG. Dr. Herbert Kliemesch von der Bayerischen Staatskanzlei befaßt sich in seinem Beitrag mit der Frage: Warum müssen kompatible Schnittstellen so teuer sein?

Die öffentliche Verwaltung hat zur systemneutralen Verwendung von Datenbanksystemen, Datenkommunikationssystemen und Betriebssystemdateien eine Reihe von kompatiblen Schnittstellen definiert. Die Realisierung von entsprechenden Umsetzungsprogrammen erfolgte zunächst aus Mitteln der Bundesförderung. Später erstellten die Hersteller solcher Basissysteme Umsetzprogramme auf eigene Kosten. Inzwischen existieren 8 KSDS-Umsetzprogramme für Systemdateien, 5 KLDS-Umsetzprogramme für lineare Datenbanken, 9 KDBS-Umsetzprogramme für komplexe Datenbanken (darin ist auch jeweils KLDS enthalten) und 12 KDCS-Umsetzprogrmme für Datenkommunikationssysteme.

Verschiedene Anwender in der öffentlichen Verwaltung und in der Wirtschaft haben kompatible Schnittstellen in ihren Vorhaben verwendet. Das Softwarehaus ADV/ORGA aus Wilhelmshaven hat auch eine Reihe von Standardanwendungsprogrammen mit diesen neutralen Schnittstellen versehen. Die mit kompatiblen Schnittstellen realisierten Anwendungsprogramme lassen sich ohne nennenswerte Schwierigkeiten von Hardware zu Hardware oder auch von Basissystem zu Basissystem umstellen.

In der Phase der Einrichtung kompatibler Programme greifen einige Hersteller massiv ein, indem sie Gebühren für Lizenzen und Wartung so unerträglich hoch ansetzen, daß manche Anwender sich die kompatible Programmierung gar nicht mehr leisten können. Die Hersteller begründen diese Kosten in der Regel durch eine geschickte Kalkulation, die im Prinzip folgendermaßen aussieht:

Eine Wartungsperson zu monatlich 15 000 Mark muß vorgehalten werden. Dazu kommen 5000 Mark anteilige Kosten für die Programmerstellung und 5000 Mark Gewinnzuschlag. Dieser Betrag von 25 000 Mark wird auf 25 potentielle Anwender umgelegt und ergibt einen monatliche Gebühr von 1000 Mark für Lizenz und Wartung.

Die Kostenkalkulation könnte aber auch anders aussehen: Die Wartung für die Schnittstellenumsetzprogramme kann ohne Schwierigkeiten von dem Personal durchgeführt werden, das auch das Basissystem selbst betreut. Nach den bisherigen Erfahrungen tritt monatlich bei allen Anwendern durchschnittlich ein Wartungsfall auf, was etwa einen Aufwand von 1000 Mark ergibt. Kommt dazu noch ein entsprechender Zuschlag für die Erstellung von 25 Prozent Gewinnzuschlag, so errechnet sich ein Betrag von 2500 Mark, was bei 25 Anwendern einer monatlichen Gebühr von 100 Mark entspricht .

Ein Hersteller, der für einen einzigen Umsetzer mehr als 250 Mark im Monat an Gebühren verlangt, könnte in den Verdacht kommen, die kompatible Programmierung verhindern zu wollen. Eine pauschale Gebühr von 100 Mark für Lizenz und Wartung kann jeder Anwender verkraften und hätte auch noch eine gewisse Werbewirkung auf neue Anwender. Wenn möglichst viele Anwender kompatibel programmierten und gemeinsam die Hersteller dazu veranlaßten, die Schnittstellen zu einer annehmbaren Gebühr abzugeben und zu warten, würden sie sich die Überraschung sparen, Hunderttausende ausgeben zu müssen, um eines Tages von einem nicht mehr gewarteten Basissystem eines Herstellers wegzukommen.

K-Schnittstellen

Unter dem Schlagwort K-Schnittstellen sind Schnittstellen zusammengefaßt, die es dem Anwender erleichtern sollen, Quellenprogramme zwischen unterschiedlicher Hardware und System-Software zu übertragen.

Dazu gehören:

KSDS als kompatible Systemdatei-Schnittstelle,

KLDS als kompatible lineare DB-Schnittstelle,

KKDS als kompatible komplexe DB-Schnittstelle,

KDCS als kompatible DC-Schnittstelle,

KLDS und KKDS sind so eng verwandt, daß sie auch gemeinsam als KDBS bezeichnet werden.