Uneinigkeit zwischen Noorda und Frankenberg Novells neue Korsaren-Truppe segelt vorlaeufig ins Ungewisse

19.08.1994

MUENCHEN (CW) - Die Zukunft von "Corsair", Novells Projekt fuer ein neues Desktop-Betriebssystem auf Linux-Basis, steht in den Sternen. Unstimmigkeiten bezueglich der Positionierung von Corsair gibt es vor allem in der Chefetage.

Bei Corsair handelt es sich um eine derzeit noch experimentelle Technik, ueber deren Zukunft bislang keine endgueltige Entscheidung getroffen wurde, heisst es offiziell seitens Novell. Die Entwicklung des Projekts obliegt der Corsoft Group, einem direkt unter Chairman Ray Noorda eingeordneten Expertenteam.

Wie der britische Brancheninformationsdienst "Computergram" nun mitteilte, haben sich bei Novell in Sachen Corsair zwei Lager gebildet, jeweils unter den Firmenchefs Robert Frankenberg und Ray Noorda. Frankenberg akzeptiere die neue Technik allenfalls als eine Systemumgebung, die auf Windows, OS/2, System 7 und Unixware aufsetze. Linux als Entwicklungsplattform fuer Corsair lehne er jedoch ab. Vermutlich erwartet der CEO kuenftig Interessenkonflikte, wenn sich Corsair ausser mit dem hauseigenen Unixware auch mit der Public-Domain-Variante von Unix einsetzen liesse.

Die Noorda-Gemeinde haelt dagegen an Corsair und Linux fest. Ihr Interesse liegt auch in einem Internet-Front-end begruendet, das die Novell-Abteilung derzeit unter dem Codenamen "Ferret" entwickelt und in Corsair integrieren will. Das Frettchen, so die Uebersetzung von Ferret, ist als Novells Alternative zum Internet- Browser Mosaic gedacht.

Doch die Probleme zwischen den beiden Geschaeftsfuehrern scheinen mehr grundsaetzlicher Natur zu sein. Frankenberg zeige wenig Interesse fuer das Desktop-Geschaeft, zitiert "Computergram" unternehmensnahe Quellen. Er suche eher die Kooperation mit Microsoft als die Konfrontation. Andererseits wolle Frankenberg die Ingenieure von Corsoft nicht verlieren. Zu der Truppe gehoeren mit die besten Programmierer von Novell, sie soll eine Art Freibrief innerhalb des Unternehmens haben.