Und wie programmieren Sie?

04.12.1974

Die aktuelle Diskussion um die strukturierte Programmierung macht deutlich, daß dem technischen Fortschritt auf der Hardware-Seite keine gleichartige Entwicklung bei der Software entsprach.

An den Universitäten, in den Instituten für Software-Technologie wurden neue wissenschafts-theoretische Kalküle erarbeitet, der Entwicklung der Software-Science folgte jedoch kein Software-Engineering für die Prags und erst recht noch nicht die Software-Factory.

Wenn sich die Software-Produktionsmethoden rationalisieren ließen, wären Milliarden zu sparen.

Weniger Bit-Fummelei

Die Hauptspeicher-Preise sind so rapide gesunken, daß minimale Speicherbelegung via Bit-Fummelei im Assembler nicht mehr das oberste Programmierziel ist.

Für die Standardisierung der Programmierung im Organisationsvorfeld gibt es mehrere Orgware-Verfahren verschiedener Software-Häuser. Eine entsprechende systematische Vorgehensweise normiert die Programmerstellung und liefert in jedem Fall eine personenunabhängige Dokumentation.

Generatoren für Entscheidungstabellen und Normierte Programmierung

Entscheidungstabellen-Technik kann an den Schnittstellen zwischen Fachabteilungen und EDV-Bereich für klare Programmiervorgaben sorgen. Sie erlaubt, Bedingungen, Aktionen und Regeln durch Entscheidungstabellen-Prozessoren auf Vollständigkeit und logische Konsistenz iterativ durchzuprüfen.

Generatoren für Normierte Programmierung und Standard-Makros übernehmen in der kommerziellen, sequentiellen DV die Routinearbeiten der Hauptsteuerleiste, so daß sich Programmierer auf den Verarbeitungsteil konzentrieren können. Ebenso automatisieren Entscheidungstabellen-Prozessoren die Programmablauf-Steuerung.

"Centaury" und "Management-Sprachen"

Für einfache sequentielle Probleme gibt es jetzt zudem Centaury - ein Paket, das aus den standardisierten Problembeschreibungen ablauffähige Programme generiert, ohne daß überhaupt noch programmiert wird. Außerdem offeriert der Software-Markt immer mehr "Makrobefehl-Listgeneratoren", die als "Management-Sprachen" angepriesen, mit wenigen Befehlen aus Dateien ebenfalls ohne Compilierläufe, Routinelisten mit sogar einfachen Berechnungen extrahieren.

Tuning nach "Hitliste"

Dieser neue Komfort kostet seinen Preis. Die so generierten Programme sind weniger laufeffizient, sie belegen in der Regel etwa 15 Prozent mehr Hauptspeicher und sind auch um etwa den gleichen Prozentsatz langsamer als in üblicher höherer Programmiersprache geschriebene Software. Fragt sich, ob die Einsparung an Personalkosten diese Maschinenbelastung rechtfertigt.

Die Antwort kann kein simples "ja" oder "nein" sein, denn das ist davon abhängig, wie oft so geschriebene Programme eingesetzt sind und welchen "Umsatz" sie auf der Maschine machen.

Allein eine Auswertung der Job-Accounting-Routinen, die verursachungsgerecht die DM-Kosten der CPU- und Peripherie-Belegung ermitteln, liefert Hinweise. Die sogenannte "Hitliste", die Sortierung nach DM, zeigt, ob unter den "Bestsellern" des Rechenzentrums via Generatoren geschriebene Programme oder durch interpretative Makrosprachen erstellte Auswertungen oder parametrisierte Standard-Software-Pakete anzutreffen sind.

Viel Komfort - aber mit Kontrolle

Nur bei diesen Programmen der "Hitliste" zählt der Einwand, daß Bit-Fummelei noch immer das meiste aus den Systemen herausholt. Diese Programme zu kennen, weist aber auch bereits auf die erforderlichen Schritte. Bereits das Job-Accounting liefert Hinweise für Programm-Tuning durch geänderte Blockung und Unit-Belegung. Weitere Einsichten - wo Befehle zu sparen sind, welche Datenfelder anders definiert werden sollten - liefern Software-Monitore. Hardware-Monitore ergänzen die Erkenntnisse über Durchlaufzeiten und Wartezeiten.

Wenige Prozent Tuning bei ständig im Einsatz befindlichen Programmen bringen 30 und mehr Prozent Frisiererfolg bei uneffizient, weil komfortabel geschriebenen Eintagsfliegen.

Für ohnehin vermutlich nur wenig genutzte Programme sollte man bei steigenden Personalkosten jedweden Komfort nutzen, ebenso wie man auf ihn bei den Bestsellern und Langläufern wohl besser verzichtet. Für das Spektrum der Mitte gilt: Komfort ja, aber durch Monitoring kontrollieren.