Hardware aus Deutschland

Und es geht doch!

06.10.2005
Von 
Jan Schulze ist freier Autor in Erding bei München.
Allen Unkenrufen auf den Standort Deutschland zum Trotz produzieren und assemblieren zahlreiche Unternehmen hier Hardware. Angepasste Strategien und motivierte Mitarbeiter machen es möglich.

WER AN Hardware denkt, hat in der Regel zunächst ostasiatische Produkte im Sinn. Doch auch in Deutschland gibt es viele Unternehmen, die hier Hardware fertigen oder zumindest assemblieren. Sowohl große Anbieter wie die Fujitsu Siemens Computers GmbH als auch typische Mittelständler wie der Notebook-Hersteller Xeron GmbH produzieren Teile ihres Sortiments im Inland oder geben ihnen hier den letzten Schliff. Obwohl die jeweilige Fertigungstiefe stark vom hergestellten Produkt abhängt, verbinden zwei Merkmale die Unternehmen: Die Vorteile des Standorts sind essentiell für das Geschäftsmodell, und die Arbeitnehmer sind bereit, flexible Arbeitszeitmodelle mitzutragen.

So zum Beispiel beim Tübinger Hersteller Transtec AG. Das Unternehmen assembliert PCs und Server in Deutschland, wie Vorstandsmitglied Ertu Uysal erläutert. Seit Anfang des Jahres werden zudem Speichersysteme hier entwickelt und endmontiert. Die eigentliche Fertigung der neuen Storage-Produkte findet laut Uysal wegen der Lohnkosten im Ausland statt. Er betont jedoch: „Es wurden dafür keine Arbeitsplätze ausgelagert. Diese Produktion gab es bislang nicht, sie wurde komplett neu aufgebaut.“

Die Endmontage in Deutschland ist für Uysal ein wichtiger Baustein im Geschäftsmodell: Transtec beliefert ausschließlich Unternehmenskunden mit individuellen Konfigurationen. Als kleiner Hersteller kann sich das schwäbische Unternehmen nicht auf einen Preiskampf mit den global agierenden Anbietern einlassen, sondern muss auf Qualität und individuelle Ausstattung setzen. „Das geht nur vor Ort. Bei einer Fremdfertigung ist die Qualität kaum zu kontrollieren“, so das Vorstandsmitglied.

Kurzfristige Reaktionen

In der Unternehmensstrategie nimmt der deutsche Fertigungsstandort eine wichtige Rolle ein: „Transtec drohte in den vergangenen Jahren immer mehr zu einem Handelsunternehmen zu werden, die Geschäftszahlen waren nicht berauschend“, erklärt Uysal. Das Unternehmen soll nun wieder zu einem europäischen Hersteller werden, die hochwertigen Teile der Wertschöpfungskette sollen in Deutschland geschaffen werden. Im Unternehmen sind laut dem Vorstand die Bedingungen dafür gut. Die Arbeitszeiten wurden flexibel gestaltet, um Spitzen abdecken zu können. „Die Mitarbeiter ziehen mit“, so Uysal. Gemeinsam mit der Belegschaft sei es durch die Unternehmensgröße auch möglich, kurzfristig auf die Auftragslage zu reagieren. Und im Vergleich zu anderen Ländern ist sich Uysal sicher: „Die Produktivität in Deutschland ist höher.“

Die Nähe zum Kunden und die Assemblierung in Deutschland will Transtec künftig auch stärker ins Marketing einfließen lassen. Noch im Laufe des Jahres soll dieses Mehr deutlicher nach außen getragen werden.

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Ähnlich ist die Situation bei der Maxdata AG aus Marl. Das Unternehmen assembliert hierzulande Notebooks, Desktops und Server für das Business-to-Business-Geschäft. Laut Vorstandssprecher Jürgen Renz dauert es rund 20 Minuten, einen PC zu assemblieren. Ein Notebook sei schon nach zehn Minuten fertig. Der Standort Deutschland ist aus seiner Sicht unverzichtbar: „Wir brauchen die Nähe zu unseren Endkunden und vertretbare Transportzeiten innerhalb Europas.“ Wie bei den meisten heimischen Anbietern basiert auch bei Maxdata das Geschäftsmodell auf BTO, bei dem die Händler ihre Waren nach Wunsch konfigurieren können. Laut dem Maxdata-Vorstand hat BTO einen Anteil von 75 Prozent bei den verkauften Stückzahlen, nur 25 Prozent macht vorkonfigurierte Lagerware aus. „Wir können 95 Prozent aller Bestellungen innerhalb von drei Tagen ausliefern, bei Select-Produkten garantieren wir den Versand bei Bestellung bis 17.30 Uhr noch am gleichen Tag“, erläutert Renz.

Eine Auslagerung der Produktion schließt Renz aus. Der hohe Automatisierungsgrad und die kurzen Fertigungszeiten sorgen dafür, dass der Lohnanteil an den Gesamtkosten gering ist - rund 85 Prozent der Kosten gehen zu Lasten des Materials.

Der Aufwand einer Auslagerung stehe in keinem Verhältnis dazu. Außerdem verfolgt das Unternehmen einen streng zentralistischen Ansatz bei der Fertigung, Marl ist die einzige Produktionsstätte von Maxdata in Europa. Aktuell investiert Maxdata hier laut Renz rund 2,5 Millionen Euro in ein neues Kommissionierungssystem. „Wir haben hier gute und motivierte Mitarbeiter, die eine hohe Produktqualität ermöglichen“, bekräftigt Renz. Zudem sei es gelungen, gemeinsam mit dem Betriebsrat ein flexibles Arbeitszeitmodell auf der Basis von Zeitkonten einzuführen, mit dem sich die saisonalen Spitzen auffangen lassen. „Auch im Business-to-Business- Bereich ist das Geschäft - wie im Markt üblich - im Sommer schwächer als zum Jahresende“, erklärt Renz die Situation.