Unbürokratisch zum Content-Management

29.01.2003
Von 
Karin Quack arbeitet als freie Autorin und Editorial Consultant vor allem zu IT-strategischen und Innovations-Themen. Zuvor war sie viele Jahre lang in leitender redaktioneller Position bei der COMPUTERWOCHE tätig.

Wie Maas einräumt, wurde der Online-Ehrgeiz des MDR auch durch die Aktivitäten anderer ARD-Anstalten wie des Bayerischen Rundfunks angestachelt (siehe CW 9/98, Seite 31: „Prinz Internet weckt das Radio-Dornröschen“). Als Ziele der Neugestaltung nennt der MDR-Manager ein einheitliches Internet-Angebot, das dennoch individuell anpassbar ist, sowie reichhaltige Verknüpfungen von Themen und Programmen. Die Altsysteme sollten nach und nach abgeschaltet werden.

Ein rudimentäres Content-Management hatte es schließlich auch vorher gegeben: Die von einer Tochterfirma des MDR erstellte „Produktionsdatenbank“ war allerdings nur in der Lage, komplette HTML-Seiten abzulegen, und damit wenig flexibel. Maas hatte andere Ideen: Um so aktuell wie möglich zu sein, sollten die Seiten erst beim Aufruf aus ihren unterschiedlichen Bestandteilen zusammengefügt werden. Außerdem schwebte dem Neue-Medien-Experten vor, dass die Redakteure selbst für die Einbindung der Internet-Surfer sorgen könnten - indem sie beispielsweise Online-Chats, Abstimmungen und Preisrätsel anlegen.

Verfügbarkeit nahe hundert Prozent

An die Technik des Systems wurden hohe Anforderungen gestellt. So bestand Maas auf einer Verfügbarkeit von 99,9 Prozent und einer auf starkes Wachstum ausgelegten Hardwareausstattung. Die IT-Spezialisten des MDR setzten seine Vorstellungen in Form einer zunächst überdimensioniert erscheinenden Vier-Prozessor-Maschine vom Typ „Sun Fire 3800“ und zweier redundant ausgelegter Web-Server des Typs „Sun Fire 280“ um.

Die Entscheidung für das Content-Management-System war bereits gefallen, bevor Cap Gemini und Tallence ins Boot geholt wurden. Nachdem acht Systeme - darunter die Produkte von Interwoven und Gauss - unter die Lupe genommen waren, erhielt Vignette den Zuschlag. Andreas Vierling, Leiter des Geschäftsbereichs Planung im Service-Center Technik der MDR-Betriebsdirektion, begründet diese Wahl zum einen mit Referenzen aus anderen öffentlich-rechtlichen Sendeanstalten - der NDR, die Deutsche Welle und das ZDF gehören ebenfalls zu den Vignette-Kunden - und der daraus erwachsenden Möglichkeit einer gemeinsamen Beschaffung. Zum anderen lobt er den ganzheitlichen Ansatz sowie die Offenheit, Modularität und Skalierbarkeit des Produkts, die gute Entwicklungsumgebung und Mandantenfähigkeit sowie die eingebauten Möglichkeiten für eine Personalisierung und ein Prozess-Management.

Folglich erhielten die beiden Dienstleister, die gemeinsam an der Ausschreibung teilgenommen hatten, im Frühsommer des Jahres 2001 den Auftrag, ein Content-Management-System auf der Basis des damals aktuellen Vignette-Release „V5“ zu entwickeln. Diese Ausführung der Software arbeitet noch mit einem eigenen Applikations-Server. Ein späterer Wechsel auf „V6“ oder sogar „V7“ und den Applikations-Server „Weblogic“ von Bea ist bereits geplant, soll aber erst erfolgen, wenn das jetzige System tatsächlich an seine Grenzen stößt.