Zwölf Bewerber für deutsche Auktion gemeldet

UMTS-Lizenzen wecken Begierde der Netzbetreiber

05.05.2000
MÜNCHEN (CW) - Für umgerechnet 75 Milliarden Mark haben British Telecom, One 2 One, Orange, TIW und Vodafone je eine der fünf ausgeschriebenen UMTS-Lizenzen in Großbritannien ersteigert. Das Ergebnis lässt Bundesfinanzminister Hans Eichel hoffen. Er erwartet im Sommer bei der deutschen Auktion der Lizenzen für die dritte Mobilfunkgeneration einen warmen Geldregen.

Damit hatten selbst die kühnsten Optimisten nicht gerechnet: In über 150 Bieterrunden haben sich die Bewerber um eine der fünf Lizenzen seit Anfang März gegenseitig auf eine Gesamtsumme von 75 Milliarden Mark hochgeschaukelt und damit die ursprünglichen Schätzungen von maximal 15 Milliarden Mark um Welten übertroffen. Am Ende machten die britischen Platzhirsche British Telecom, Orange, Vodafone sowie die Telekom-Tochter One 2 One das Rennen. Fünfter im Bunde ist das kanadische Unternehmen TIW UMTS, hinter dem die Gesellschafter Telesystem International Wireless und Hutchison Whampoa stehen.

Die Einnahmen fließen in die Kasse des britischen Schatzkanzlers und lassen seinen deutschen Kollegen Eichel optimistisch in den Sommer blicken. Dann werden nämlich in Deutschland unter Regie der Regulierungsbehörde für Telekommunikation und Post (Reg TP) die hiesigen Betreibergenehmigungen versteigert.

Glücksfall für marode StaatskasseNach den Erfahrungen in Großbritannien prognostizieren Experten für den deutschen Markt pro Lizenz eine Kaufsumme von 20 Milliarden Mark. Da hierzulande maximal sechs Lizenzen vergeben werden, könnten Bundeskassenwart Eichel in diesem Fall Einnahmen von 120 Milliarden Mark winken. Geld, das dem Finanzminister sofort zur Verfügung steht, denn im Gegensatz zu Großbritannien sind die Kaufsummen für die auf 20 Jahre befristeten Lizenzen in Deutschland unverzüglich in voller Höhe fällig. Auf der Insel müssen die fünf Lizenznehmer hingegen nur die Hälfte des Preises sofort überweisen, der Rest kann über die 20-jährige Laufzeit in Raten abbezahlt werden.

Die sofortige Fälligkeit der Lizenzsumme könnte bei der Auktion in Deutschland unter Umständen zu Preisabschlägen führen. Andererseits ist der Mobilfunkmarkt hierzulande im Vergleich zu Großbritannien größer und wird von Experten auch als lukrativer bewertet. Wie dem auch sei, der Finanzminister kann jedenfalls mit weit mehr als den ursprünglich von seiner Behörde erwarteten 1,45 Milliarden Mark kalkulieren. Eichel hat bereits angekündigt, das Geld zur Tilgung der Staatschulden zu verwenden.

Für die Auktion in Deutschland, die entweder Ende Juni oder im Juli startet, haben inoffiziellen Quellen zufolge zwölf Konsortien gemeldet. Sicher sind neben den vier hiesigen Mobilfunk-Netzbetreibern Telekom, Mannesmann Mobilfunk, E-Plus und Viag Interkom die Unternehmen Mobilcom, Talkline, Debitel, MCI-Worldcom, Telefonica sowie Telecom Italia.

Ein Teufelskreis für CarrierHinter den Bietern Mobilcom, Debitel und Talkline stecken durchaus potente Konsortialpartner. Mobilcom erhält von France Télécom finanzielle Rückendeckung, Debitel von Swisscom und Talkline vom amerikanischen Carrier SBC Communications sowie Tele Danmark. MCI-Worldcom wird, sollte es nicht doch selbst bieten, mit Debitel und Swisscom in Verbindung gebracht.

Die Interessenten streiten sich in Deutschland um vier bis maximal sechs Lizenzen. Zur Ersteigerung sind zwölf Frequenzblöcke ausgeschrieben. Ein Unternehmen muss mindestens zwei dieser Blöcke ersteigern, kann sich aber auch um drei bewerben. Je nach Auktionsverlauf wird es also vier bis sechs Gewinner geben.

Nach dem Verlauf der Auktion in Großbritannien mehren sich allerdings die kritischen Stimmen. Zusätzlich zu den Lizenzkosten muss jeder Netzbetreiber nochmals mit rund fünf Milliarden Mark Investitionskosten für die Errichtung eines UMTS-Netzes rechnen. Skeptiker bezweifeln, dass die Carrier diese Anlaufkosten wieder einspielen. Andererseits gilt als sicher, dass sich Anbieter, die keine der UMTS-Lizenz ergattern, mittelfristig aus dem TK-Geschäft verabschieden müssen.

Für TK-Konzerne, insbesondere die mit internationalen Ambitionen wie die Deutsche Telekom, entsteht dadurch ein Teufelskreis. Die Telekom muss für die Lizenz, die ihre Tochter One 2 One in Großbritannien ersteigerte, bereits über 13 Milliarden Mark zahlen, weitere Investitionen stehen neben Deutschland auch in anderen Ländern der EU an. Da aber nicht in allen Staaten ein Versteigerungsverfahren stattfindet, spricht Telekom-Chef Ron Sommer von einer "groben Wettbewerbsverzerrung". Er sieht zum Beispiel die spanische Telefonica im Vorteil, die in ihrem Heimatland ohne Auktion relativ günstig zu einer Lizenz kommt und so mehr Kapital für Ersteigerungen im Ausland zur Verfügung hat. Darüber hinaus bleibt den Deutschen der spanische Markt verwehrt. Eine entsprechende Beschwerde der Telekom und von Viag Interkom in Brüssel hatte jedoch keinen Erfolg. Die Modalitäten für die Vergabe der UMTS-Lizenzen sind laut Industriekommissar Erkki Liikanen "Sache der EU-Staaten". Die Kommission beabsichtigt deshalb nicht, sich in die Lizenzvergabe einzumischen.

Italienischer Premier schraubt Forderung hochDas Problem könnte sich ganz im Sinne der Telekom von selbst lösen. Das Beispiel Großbritannien könnte nämlich die Regierungen der Länder auf den Geschmack bringen, die eine Vergabe der UMTS-Lizenzen nicht über eine Auktion, sondern nach dem so genannten Schönheitswettbewerb vergeben, sprich nach Marktmacht und Wirtschaftsplan. Italien ist so ein Fall: Der frisch gebackene Premier Giuliano Amato wittert eine unerwartete Einnahmequelle für die marode Staatskasse. In seiner Regierungserklärung setzte er die Gesamtgebühr für die zu vergebenden italienischen Lizenzen kurzerhand auf mindestens 25 Milliarden Mark an. In ersten Planungen war noch von maximal 550 Millionen Mark je Lizenz die Rede.