Kolumne

"UMTS kommt per Salamitaktik"

26.03.2004
Peter Gruber Redakteur CW

UMTS kommt, aber in Raten. Dieses Fazit lässt sich ziehen, nachdem die CeBIT 2004 hinter uns liegt und die vier deutschen Netzbetreiber T-Mobile, Vodafone, E-Plus und O2 in Sachen dritte Mobilfunkgeneration (3G) Farbe bekannt haben. Zunächst - und das ist die wesentliche Botschaft - wird es den schnellen, mobilen Datentransfer mit bis zu 384 Kbit/s weitgehend nur für Notebook-Nutzer geben, die in teure 3G-Adapter investieren. Nachdem Vodafone Mitte Februar vorpreschte und mit der Vermarktung seiner "Mobile Connect Card UMTS" den offiziellen Startschuss gab, legen die anderen Anbieter nun nach. O2 wird ab April eine UMTS-Karte anbieten, T-Mobile folgt im Mai, E-Plus im Juni.

Mit Ausnahme von T-Mobile, das ab Mai auch das UMTS-fähige Nokia-Handy "7600" vermarkten will, bieten die Provider noch keine Handys an. Das macht deutlich, dass die 3G-Infrastruktur momentan technisch ausgereifter ist als die Telefone. Vodafone hätte den Datendienst via Funkadapter in den Ballungsräumen kaum gestartet, wenn eine unterbrechungsfreie Übergabe der Informationsströme von UMTS auf GPRS immer noch problematisch wäre. Vor kurzem wäre den Netzbetreibern eine solche Fehlleistung noch zuzutrauen gewesen, immerhin wurde die 3G-Ära mehrmals angekündigt und dann wieder abgeblasen. Unvergessen ist außerdem die stümperhafte Einführung von WAP und GPRS. Solche Pannen wollen sich die Mobilfunker jetzt nicht mehr erlauben.

Doch nur mit Adaptern und ohne Handys kann der vermeintliche UMTS-Schatz nicht gehoben werden. Deshalb warten die Carrier händeringend auf serienreife Telefone, denn die Mehrzahl der Verbraucher kann nur über chice Endgeräte zum Konsum von multimedialen Diensten animiert werden. Allerdings wurden die Handys den Ansprüchen der Netzbetreiber in Sachen Zuverlässigkeit und Akkuleistung noch nicht gerecht, nur T-Mobile scheint Vertrauen in das Nokia 7600 zu haben. Man werde stur bleiben und Geräte erst dann vermarkten, wenn sie stabil laufen, ließ dagegen Vodafone-D2-Chef Jürgen Kuczkowski auf der CeBIT wissen.

Immerhin attestierte er den Handy-Herstellern, große Fortschritte gemacht zu haben, und rechnet im Herbst mit mehreren vermarktbaren Endgeräten. Trotzdem bleibt den Netzbetreibern nichts anderes übrig, als UMTS scheibchenweise per Salamitaktik einzuführen: erst über Notebooks, dann via Handys, Smartphones und PDAs. Und auch die Tarifierungsmodelle sind noch nicht der Weisheit letzter Schluss, wie die vier Protagonisten selbst zugeben.

Der Verbraucher soll indes von der neuen Technik nichts mitbekommen und unbewusst zur Nutzung der lukrativen, multimedialen Datendienste verleitet werden. T-Mobile versteckt den Begriff UMTS zum Beispiel hinter der Marke "TM3" und setzt, wie die Konkurrenten auch, auf den Masseneffekt. Heute wählt fast jeder Kunde ein Handy mit Kamera, weil es trendy ist. Warum sollte sich diese Konsumspirale nicht weiterdrehen?