Umstrittene Bildungsgutscheine

02.04.2003
Von 
Hans Königes war bis Dezember 2023 Ressortleiter Jobs & Karriere und damit zuständig für alle Themen rund um Arbeitsmarkt, Jobs, Berufe, Gehälter, Personalmanagement, Recruiting sowie Social Media im Berufsleben.

Alexander Spermann vom Zentrum für europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) in Mannheim kritisiert vor allem die 70-Prozent-Regelung. Sie sei an der Realiät vorbeikonzipiert. Insbesondere bei Kursen in den neuen Bundesländern und bei Langzeitarbeitslosen sei schon eine Vermittlungsquote von 50 Prozent ein hervorragendes Ergebnis. Ehrlicherweise müsste man Vergleichsgruppen heranziehen, die an so einer Weiterbildung nicht teilnehmen, um festzustellen, wer erfolgreicher ist.

Für Christoph Mandel, Geschäftsführer des auf IT-Training spezialisierten Bildungsträgers CDI, ist besonders ärgerlich, dass vor allem die IT-Weiterbildung so stark reduziert wird. Die Arbeitsämter sähen nur die zurzeit hohen Arbeitslosenzahlen, würden aber das Potenzial dieser Branche verkennen.

Trainingsanbieter sollten sich mehr anstrengen

Die Bundesanstalt für Arbeit argumentiert damit, dass ihr Hauptziel nicht darin liegen könne, den Schulungsanbietern die Klassen und Kassen zu füllen, sondern die Arbeitslosen in Lohn und Brot zu bringen. Man verlege sich deshalb die Arbeit verstärkt auf andere arbeitsmarktpolitische Schwerpunkte wie die Einrichtung von Personal-Service-Agenturen und die Gewährung von Lohnkostenzuschüssen, versichert Hans-Uwe Stern, zuständig für die Förderung der beruflichen Bildung bei der Bundesanstalt für Arbeit. Stern kann auch die Aufregung wegen der 70-Prozent-Quote nicht verstehen. Er habe Gespräche mit Bildungsanbietern geführt, die die Einführung dieser Hürde begrüßten, weil damit endlich die Spreu vom Weizen im Bildungsmarkt getrennt werde und die schwarzen Schafe vom Markt verschwänden. Jürgen Czupalla vom Arbeitsamt Stuttgart bestätigt die Trendaussagen seines Kollegen aus Nürnberg, also weg von der Weiterbildung hin zu alternativen Eingliederungsmöglichkeiten. Er hat auch kein Mitleid mit den Bildungsanbietern. „Sie sollen sich um zusätzliche Kunden kümmern“, formuliert er lapidar.

*Richtiger Name der Redaktion bekannt.

Diskutieren Sie mit uns Nach ersten Erfahrungen von Jobsuchenden mit den Bildungsgutscheinen scheint jede Behörde die Neuregelung anders auszule-gen, was zu viel Ärger und Irritationen führt. Wer hat bereits erste Erfahrungen mit diesem Gesetz gemacht? Über einen Kommentar unter www.young-professional.de dazu würden wir uns sehr freuen.