Nucleus Research: RoI lässt auf sich warten

Umfrage bringt Siebel in Bedrängnis

04.10.2002
MÜNCHEN (CW) - Siebel wehrt sich gegen einen wenig schmeichelhaften Bericht über die Zufriedenheit seiner Anwender. Der CRM-Anbieter stellt die Relevanz der Studie in Frage und hält mit einer eigenen Untersuchung dagegen.

Das hat Siebel gerade noch gefehlt: Der ohnehin schwer durch die IT-Krise gebeutelte CRM-Platzhirsch muss sich nun auch noch gegen den Verdacht wehren, Kunden zwar viel versprochen, aber dann wenig gehalten zu haben. Das Marktforschungsunternehmen Nucleus Research hatte in einer Umfrage im Juni dieses Jahres 23 Siebel-Kunden interviewt, die der Anbieter auf seiner Website als Referenzkunden angibt. Demnach monierten die meisten Firmen (78 Prozent) die mangelnde Benutzerfreundlichkeit des Systems. Weitaus erschütternder dürfte indes die Aussage sein, dass sich bei 61 Prozent der Anwender der Return on Investment bislang nicht eingestellt hat. Mehr als die Hälfte berichteten über Schwierigkeiten bei der Anpassung des CRM-Systems sowie über Performance-Probleme.

Bei etwa jedem Zweiten dauerte die Implementierung länger als geplant und erwies sich zudem meist als kostspieliger.

Siebel weist darauf hin, das Nucleus lediglich 23 seiner insgesamt mehr als 3500 Anwenderunternehmen befragt hat. Von statistischer Signifikanz könne daher keine Rede sein, zürnt der Hersteller. "Die Ergebnisse der Nucleus-Studie decken sich nicht mit unseren eigenen Kundenbefragungen", so Peter Droste, Vice President für den Vertrieb in Zentral- und Nordeuropa. Nach den Erfahrungen des Anbieters erzielten Unternehmen mit seinen Produkten schnell einen guten RoI und seien mit den Produkten sehr zufrieden. Dem entgegnen die Marktforscher, die interviewten Firmen seien vom Hersteller selbst ausgewählt worden. "Es ist sehr erstaunlich, wie Siebels Referenzkunden den RoI-Aspekt der Lösung beurteilen", gibt Nucleus-Analystin Rebecca Wettemann zu bedenken. Insgesamt wurden 66 auf der Siebel-Website aufgeführte Anwenderfirmen angesprochen, von denen die besagten 23 antworteten. Auch dies pariert Droste und stellt die Praktiken von Nucleus in Frage: "Unseren Recherchen zufolge haben die Nucleus-Vertreter nicht mit unseren Ansprechpartnern bei den genannten Referenzkunden gesprochen. Wir gehen davon aus, dass häufig nicht die Projektverantwortlichen befragt wurden. Das verzerrt das Bild, da Anwender in der Regel nicht den Gesamtüberblick über das Projekt haben."

Viele Projekte scheitern

Erin Kinikin, eine Kollegin Wettemanns bei der Giga Information Group, überraschen die Umfrageergebnisse von Nucleus nicht. Viele CRM-Projekte scheiterten, und es sei daher logisch, dass dies auch den Marktführer betreffe. Das Siebel-Produkt zähle zu den am schwersten zu implementierenden Sofwaresystemen überhaupt, schwierig einzuführen seien aber auch andere CRM-Anwendungen. Mit einer Besserung rechnet die Giga-Expertin erst im nächsten Jahr, wenn ausgefeilte Analysewerkzeuge, Integrationsmechanismen sowie vorgefertigte Geschäftsprozesse von den Herstellern bereitgestellt werden.

Um Erklärungen bemüht, hält Siebel der Nucleus-Studie den von Siebel-Mann Droste erwähnten Kundenbefragungsbericht entgegen, der mehrmals im Jahr von dem kalifornischen Unternehmen Satmetrix Systems angefertigt wird, das sich auf solche Dienstleistungen spezialisiert hat. Darin - wie könnte es anders sein - äußerten sich die 1444 befragten Siebel-Anwender positiv über den Hersteller. Durch den Einsatz der Software hätten die Firmen ihren Umsatz steigern sowie die Zufriedenheit ihrer eigenen Kunden beziehungsweise die Produktivität ihrer Mitarbeiter erhöhen können. Der RoI habe sich innerhalb von zwölf Monaten eingestellt.

Gelohnt hat sich die Siebel-Einführung für den auf Systems-Management-Lösungen spezialisierten Hersteller BMC Software, allerdings glückte die Einführung erst im dritten Anlauf. "Das Wichtigste bei der Implementierung war es, die Software auf die internen Geschäftsabläufe abzustimmen", erklärt Jay Gardner, CIO bei BMC Software. Beim in Houston ansässigen Unternehmen nutzen rund 3500 Mitarbeiter die Sales-Force-Automation-Software von Siebel. (fn)