Gute Software sollte vor allem auch rechenzentrumsfreundlich sein:

Umfassendes Konzept verlangt große Offenheit

31.01.1986

Auch für das Rechenzentrum ist der Bereich Qualitätssicherung wichtig. Dabei muß allerdings unterschieden werden zwischen Software im Dienste des Anwenders und Programmen, die für eigene Zwecke verwendet werden. Dieses Thema beleuchtet Walter Wintersteiger* aus der Sicht des RZ-Chefs.

Softwarequalität verhält sich wie Hygiene: Wenn sie existiert, bemerkt sie keiner, wenn sie fehlt dann ist der Teufel los. Ganz generell läßt sich sagen: Qualität ist gegeben, wenn die Eigenschaften der Software den Erfordernissen entsprechen.

Die Erfordernisse oder Erwartungen an die SW-Qualität werden in die drei Gruppen Benutzerfreundlichkeit, Programmiererfreundlichkeit und Rechenzentrumsfreundlichkeit gegliedert. Gute Software muß zunächst einmal benutzerfreundlich sein, also die gewünschten Funktionen abdecken und sich angenehm handhaben lassen. Eine weitere Forderung ist die Programmiererfreundlichkeit, das heißt, das Programm muß innerhalb nützlicher Frist auch von Dritten gewartet werden können.

Gute Software muß aber auch rechenzentrumsfreundlich sein. Das ist dann der Fall, wenn sie im Rahmen der Gebrauchstauglichkeit die geforderte Betriebstüchtigkeit besitzt und im Rahmen der Anpaßbarkeit eine ausreichende Portabilität (siehe Abbildung 1).

Ziel der Software-Qualitätssicherung ist auch im Rechenzentrum eine Risiko- und Kostenminderung, eine Fehlervermeidung, eine Fehlerfrüherkennung oder zumindest eine Vermeidung von Fehlerauswirkungen nach außen. Normalerweise sind die Folgekosten eines Fehlers um so höher, je später er entdeckt wird. Das erfordert, daß mit der SW-Qualitätssicherung so früh wie möglich begonnen werden muß.

Im Rahmen der SW-Qualitätssicherung muß ein RZ-Leiter organisatorische Maßnahmen, technisch-konstruktive Maßnahmen sowie technisch-analytische Maßnahmen ergreifen. Unter den organisatorischen Maßnahmen sind alle Regelungen zu verstehen, die getroffen werden, um die erforderliche Rechenzentrumsfreundlichkeit der Software zu erreichen. Dies gilt sowohl für die Applikationssoftware als auch für die Betriebssoftware.

Im Mittelpunkt dieser Maßnahmen steht die gute Kommunikation und Zusammenarbeit mit allen Beteiligten, insbesonders jedoch mit den Softwareentwicklern und -lieferanten. Das "Schwarze-Peter-Spiel" nützt niemandem. Ganz ohne Fehler wird es nie gehen. Gerade in schwierigen Situationen bewähren sich gute persönliche Kontakte. Auch die gehören zur Softwarequalitätssicherung.

Die technisch-konstruktiven Maßnahmen zur Softwarequalitätssicherung werden zwar von der Entwicklung realisiert, aber die Definition der Rechenzentrumserfordernisse und die Mitarbeit an einschlägigen Richtlinien fällt doch dem Rechenzentrum zu.

In der Praxis betrifft das vor allem die Vermeidung von manuellen Eingriffen in den Ablauf, die einfache Handhabung der Systeme, die Qualität der Dokumentation - soweit überhaupt noch erforderlich - und die maximale Hardwareauslastung bei optimaler Bedienung der Anwender.

Dabei verdient besondere Beachtung, daß sich das Umfeld des Softwareeinsatzes im Rechenzentrum andauernd ändert und somit großes Augenmerk auf eine dynamische Behandlung aller Regelungen zu legen ist.

Auch die technisch-analytischen Maßnahmen zur Softwarequalitätssicherung liegen in erster Linie bei der Entwicklung. Einen wesentlichen Punkt gibt es jedoch auch für das Rechenzentrum, nämlich die Übernahme neuer beziehungsweise geänderter Software in die Produktion.

Ein klares und strenges Reglement dafür ist im Interesse aller Beteiligten. Dabei liegt es an den Softwarelieferanten zu beweisen, daß die Software in Ordnung ist, also den definierten Erfordernissen des Rechenzentrums entspricht, und zwar sowohl in bezug auf die Menschen als auch auf die Maschinen.

Ganzheitliche Softwarequalitätssicherung erfordert eine simultane Berücksichtigung einer Vielzahl von Perspektiven (Abbildung 2). Sie erfordert eine konstruktive Qualitätssicherung aller Beteiligten und eine permanente aktive Mitarbeit - auch des Rechenzentrums. Sie erfordert natürlich auch eine entsprechende Berücksichtigung und Umsetzung der Erfordernisse des Rechenzentrums in der Softwareentwicklung.

Eine ganzheitliche Softwarequalitätssicherung verlangt darüber hinaus aber auch eine große Offenheit gegenüber der dynamischen Entwicklung in der Welt der DV und im Unternehmen. Softwarequalität darf nicht dem Zufall überlassen. werden. Sie ist eine umfassende und anspruchsvolle Herausforderung und Aufgabe für jeden RZ-Leiter und seine Mitarbeiter.

*Dr. Walter Wintersteiger ist Geschäftsführer der Vorarlberger Rechenzentrum Gesellschaft mbH, Dornbirn.