Umfassende Angebote sind gefragt

09.04.2008
Von Hadi Stiel
Im stark zersplitterten Markt für Managed Services fehlt den Anwendern die Orientierung. Zudem werden viele Offerten den steigenden Anforderungen nicht gerecht.
 Einsparungen in guter Qualität sind nur bei umfassenden Aufgaben zu erreichen. Alexander Wurdack, Logica
Einsparungen in guter Qualität sind nur bei umfassenden Aufgaben zu erreichen. Alexander Wurdack, Logica
Foto: Alexander Wurdack

Die Anbieter werben offensiv mit Managed Services. Der Abruf solcher Dienste nach Bedarf soll den Kunden hohe Einsparungen bringen. Allerdings springen viele Unternehmen nur zögerlich auf diesen Zug auf. Das liegt zum einen an der Unübersichtlichkeit des Markts und den unterschiedlichen Ausrichtungen der zahlreichen Offerten. Zum anderen werden die Service-Level-Agreements (SLAs) der Dienstleister den steigenden Geschäftsprozessanforderungen der Anwender oft nicht gerecht.

Dass sich über Managed Services erhebliche Einsparungen erzielen lassen, steht außer Frage. Ein Grund ist vor allem, dass sich die Dienstleistungen sehr effizient erbringen lassen, meint Peter Arbitter, Leiter Portfolio & Technology-Management bei Siemens IT Solutions and Services (SIS): "Mit Managed Services kann der Anbieter viele Kunden gleichzeitig adressieren, dadurch sind sie extrem wirtschaftlich." Arbitter beziffert das Einsparpotenzial auf bis zu 30 Prozent gegenüber dem IT-Eigenbetrieb.

Vorteile von Managed Services

Durch die Konzentration auf ihr Kerngeschäft seien die Provider zu Leistungen in hoher Qualität imstande. Auch der anhaltende Mangel an qualifiziertem IT-Personal könne ein Grund sein, Managed Services in Anspruch zu nehmen. Und schließlich sei die Hemmschwelle, Aufgaben zu delegieren, geringer als beim klassischen IT-Outsourcing. "Über das dynamische Abrufprinzip behält der Anwender die IT, das entsprechende Know-how und die laufenden Kosten besser unter Kontrolle", argumentiert der Manager. Dadurch falle auch die Abhängigkeit vom Dienstleister geringer als beim Outsourcing aus. Allerdings warnt Arbitter davor, Managed Services und Betriebshoheiten zu stark zu splitten.

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warum es so schwer ist, den richtigen Managed-ServiceAnbieter zu finden;

inwiefern es riskant ist, zu viele Provider mit Teilaufgaben zu beauftragen;

welchen Anforderungen die Anbieter künftig gerecht werden müssen;

warum sie vor allem transparente und durchgängige SLAs bieten müssen.

Das Problem: Der Markt für Managed Services ist stark fragmentiert. Die Offerten kommen von Outsourcern, Telekommunikationsunternehmen, Hardwareherstellern und Anbietern aus dem Hardware-Wartungsgeschäft. "Demzufolge unterschiedlich, je nach Provenienz und wirtschaftlicher Situation des Anbieters, sind die gemanagten IT-Leistungen ausgerichtet und dimensioniert", differenziert Christian Mertin, Partner im Bereich Advisory Services bei Ernst & Young. Was sich in dem Begriffsdschungel verberge, seien mehr oder weniger zielgerichtete und im Umfang sehr unterschiedliche Angebote - etwa Managed-Applications, Managed-Database-Services, Managed-Server-Hosting, Managed-Network-Services, Managed-Desktop-Services, Managed-Mobile-Services, Managed-Print-Services und Managed-Security-Services, um nur einige Beispiele zu nennen. "Die Vielfalt und die spezifischen Ausrichtungen machen deutlich, dass der Markt seine Konsolidierung noch vor sich hat", so Mertin. Entsprechend schwierig sei es, den richtigen Partner für die gewünschten Leistungen zu finden. Der größte Fehler bestehe darin, sich mit Blick auf vermeintliche Einsparungen eine ganze Armada an IT-Dienstleistern an Bord zu holen. "Damit kommt es unweigerlich zu technischen und organisatorischen Schnittstellenproblemen", mahnt der Experte.

Managed Services sind mittlerweile stark verbreitet. Doch hinter diesem Begriff verbergen sich sehr unterschiedliche Angebote.
Managed Services sind mittlerweile stark verbreitet. Doch hinter diesem Begriff verbergen sich sehr unterschiedliche Angebote.

Diese wiederum können kostentreibende Unstimmigkeiten und Reibungsverluste zur Folge haben, gibt Alexander Wurdack, Director Outsourcing Operations bei Logica CMG, zu bedenken, der daher ebenfalls vor einer Zersplitterung der Verantwortlichkeiten in viele IT-Teilbereiche warnt. "Nennenswerte Einsparungen und gute Leistungen sind nur zu erreichen, wenn der Managed-Services-Anbieter die Anforderungen so komplett wie möglich abdeckt."

Bessere Geschäftsprozesse

Schrittmacher für eine solche Komplettaufstellung sollte dabei die Verbesserung der Geschäftsprozesse des Kunden sein: "Die Entscheider in den Anwenderunternehmen achten zunehmend darauf, wie die IT ihre geschäftlichen Abläufe über Services stützt", beobachtet Wurdack. IT-Services entlang der Business-Prozessketten seien daher immer seltener getrennt voneinander zu sehen. "Die ausgelagerten Bereiche müssen mit der im Hause verbleibenden IT besser denn je harmonieren", fordert der Manager.

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595935: Managed-Communication-Services;

544408: Managed-Security-Services;

1219522: Managed-Desktops;

537086: SLA-Management.

Die zahlreichen Facetten des Managed-Services-Markts spiegeln sich auch in den Quadranten des Beratungshauses Gartners wider. Fast jeder Anbieter kann sich hier irgendwie als führend anpreisen. Eine Orientierung für die potenzielle Kundschaft ist damit kaum möglich. Hinzu kommt, dass das Zusammensetzen von kleinteiligen IT-Leistungen aus mehreren Quellen zwangsläufig die Qualität der SLAs beeinträchtigt. "Wenn Managed Services Akzeptanz finden sollen, müssen sich die Anbieter ganzheitlich ausrichten und eine Ende-zu-Ende-Betrachtung ihrer SLAs verfechten", meint Jörg Fischer, Leiter strategische Geschäftsentwicklung bei der Enterprise Business Group von Alcatel-Lucent in Deutschland.

Weitreichende Definitionen

Sich mit SLAs für dedizierte Systeme zufriedenzugeben sei nicht mehr up-to-date. "Man kann nicht managen, was man nicht kontrollieren kann. Man kann nicht kontrollieren, was man nicht messen kann. Und man kann nicht messen, was man nicht definiert hat", umreißt Fischer das Anforderungsprofil, vor dem Anwender und Provider stehen. Gefragt seien Werkzeuge für das SLA-Management, mit denen sich alle Facetten der Kommunikationsdienste regeln lassen - angefangen von den Performance-Werten der Infrastruktur bis hin zur Zuverlässigkeit von Applikationen einschließlich ihrer Dokumentation. Auch verbrauchsorientierte Kenngrößen und Inventar-Management können laut Fischer ihren Beitrag zu einem durchgängigen SLA-Management leisten. Die Provider seien jetzt gefordert, solche Werkzeuge einzusetzen sowie Standarddefinitionen einzuführen, um zur Verbesserung der Geschäftsprozesse ihrer Kunden beizutragen.

Ähnlich sieht es Mathias Hein, freier IT-Berater in Neuburg an der Donau: "Die Managed-Service-Anbieter müssen in Management-, Abrechnungs- und Analysewerkzeuge investieren, um diese neue Generation an SLAs bieten zu können."

Verbindliche SLAs fehlen

SLAs auf Sitzungsebene setzten voraus, dass permanent an allen Systemen entlang der Erfüllungskette gemessen werde, um Abweichungen, Störungen oder Angriffen rechtzeitig über geeignete Management-Werkzeuge begegnen zu können. Die SLAs müssten gegenüber den Kunden verbindlicher gestaltet werden. Komme es etwa zu Problemen mit einer gemanagten Web-Applikation, könne sich der Provider nicht länger auf seine intakte Verbindung oder den funktionierenden Web-Server berufen. "In Zukunft werden die IT-Dienstleister über alle Systeme entlang der Geschäftsprozesskette in der Pflicht stehen. Wenn sie dies nicht einhalten können, drohen Strafzahlungen", prognostiziert Hein. Vor diesem Hintergrund schreckten vermutlich selbst die großen Managed-Services-Anbieter noch vor Ende-zu-Ende-SLAs zurück.

Das Auslagern von Teilbereichen an verschiedene Service-Provider ist nach wie vor beliebt, nicht zuletzt wegen der Vorteile durch die verbrauchsorientierte Abrechnung. Doch die Anforderungen an die IT-Dienstleister steigen, meint auch Karsten Leclerque, Analyst bei Pierre Audoin Consultants (PAC): "Je mehr die Geschäftsprozessoptimierung in den Unternehmen greift, desto stärker werden sie von ihren Providern eine kundenorientierte Denkweise verlangen".

Mehraufwand für Provider

Grundsätzlich seien die Provider zwar bereit, diesen Mehraufwand zu akzeptieren. Auf internationaler Ebene seien jedoch nur die großen Player in der Lage, homogene und Business-orientierte Dienste anzubieten. Diese Anbieter würden verstärkt selektive Dienste von spezialisierten Partnern zukaufen und für ihre Kunden zu Gesamtfunktionen bündeln. (sp)

Die Anwender werden künftig von ihren Providern mehr Kundenorientierung verlangen. Karsten Leclerque, PAC
Die Anwender werden künftig von ihren Providern mehr Kundenorientierung verlangen. Karsten Leclerque, PAC