Integrierte kontra integrierende Software:

Umfangreicher Befehlsvorrat erschwert Handhabung

22.02.1985

In letzter Zeit haben mehrere Funktionen integrierende Softwarepakete - auch als integrierte Software oder als Multifunktionsprogramme bezeichnet - im Bereich der Anwendungssoftware eine erhebliche Bedeutung erlangt.

Ausgehend von dem recht erfolgreich verkauften "1-2-3", über das sehr werbungsintensive "Open Access", über "Symphony" als Nachfolger von "1-2-3" bis hin zum seiner Zeit schon voraus eilenden "Framework" haben sie die Diskussion in den Medien an sich gezogen. Die alteingesessenen Marktführer wie dBase, Word, Wordstar oder Multiplan machten höchstens noch durch neue Versionen oder durch deutsche Fassung alter Versionen von sich reden.

In jüngerer Vergangenheit sehen sich aber auch die integrierten Softwarepakete kritischen Stimmen ausgesetzt.

Kritisiert wird die schwierige Handhabung

Die Fähigkeit der Integration wird zwar allgemein anerkannt, kritisiert wird aber die schwierige Handhabung (durch den umfangreicheren Befehlsvorrat), die hauptspeicherintensive Verwaltung eines solchen Programms und die teilweise nur durchschnittliche Leistung in einzelnen Teilbereichen.

Der allerneueste Trend vor diesem Hintergrund verbindet nun Althergebrachtes mit Superneuem. Gemeint ist die Verbindung von Einzelpaketen unter einer gemeinsamen Benutzeroberfläche - also weg von der integrierten Software - hin zu einer integrierenden Software.

Für eine derartige Entwicklung scheint allerdings die Zeit bei weitem noch nicht reif zu sein. Das Nonplusultra der Rationalisierung von durchschnittlicher Büroarbeit bieten immer noch die integrierten Pakete; wirft doch die Kombination von Einzelpaketen unter einem integrierenden Programm weit mehr Probleme auf, als durch sie behoben werden.

Integration von Zahlen und Daten zweifelhaft

Wenn beispielsweise einem durchschnittlichen Anwender die Benutzung eines Multifunktionspaketes schon zu umständlich ist, dürfte ihm die Handhabung von Einzelpaketen mit unterschiedlicher Benutzerführung und unterschiedlicher Befehlsstruktur kaum leichter vorkommen.

Der Zugriff auf mehrere Einzelpakete, unter Umständen in mehreren Fenstern, mag ja unter einem integrierten Programm möglich sein. Ob auch eine Integration der Zahlen und Daten - mit einem Komfort und mit einer Leichtigkeit, wie es zum Beispiel bei Symphony der Fall ist - erfolgen kann, bleibt anzuzweifeln.

Es gibt bereits Fälle, in denen Teilbereiche eines Multifunktionspaketes leistungsfähiger sind als entsprechende Einzelpakete (erwähnt seien nur die Tabelle von Symphony und die Datenbank von KnowledgeMan), so daß ein Anwender durch die Entscheidung zugunsten eines integrierten Pakets neben einem etwas erhöhten Preis eine überproportionale Nutzenzunahme hat. In diesem Fall kann es sogar sinnvoll werden, ein integriertes Paket als Einzelpaket zu benutzen. Dieser Punkt gewinnt noch zusätzlich an Bedeutung, wenn man bedenkt, daß es - ausgehend von Datenbank- oder Textverarbeitungsprogrammen - keine kommerzielle Anwendung geben dürfte, bei denen eine Kalkulationstabelle völlig unbrauchbar ist.

Natürlich hat jede Leistung ihren Preis. Die leistungsfähigen Multifunktionsprogramme erfordern einen - im Vergleich zu Soloprogrammen - größeren Hauptspeicher. Da die Hauptspeicherkapazitäten der angebotenen Rechner sowieso zunehmend größer werden und die nachträgliche Hauptspeichererweiterung tendenziell immer billiger, ist auch dies kein Argument gegen integrierte Pakete.

Multifunktionspaket als Kompromißlösung

Als Fazit kann man sagen, daß der durchschnittliche Anwender mit einem integrierten Paket gut bedient ist. Für extreme Einzelfälle, zum Beispiel bei der Textverarbeitung eines Schriftstellers oder in der Redaktion einer Zeitung, mag ein spezielles Textverarbeitungsprogramm sinnvoller sein (zumal der Textverarbeitungsteil oft das Stiefkind der integrierten Pakete ist). Für Anwender die von Kalkulations-, Grafik- oder Datenbankproblemen an den Markt herangehen, wird ein Multifunktionspaket in der Regel das Mittel der Wahl sein.