Ergonomische Gestaltungsregeln für Bildschirmmasken:

Übersichtlichkeit fördert Benutzerakzeptanz

04.10.1985

Die Anpassung der Arbeitsmittel an den Benutzer von Daten- und Textverarbeitungs- Systemen im Bürobereich beeinflußt wichtige Leistungsmerkmale der Arbeitssysteme und die Anforderungsstruktur für den Benutzer. Während es bei der Gestaltung der herkömmlichen Arbeitsmittel am Büro- Arbeitsplatz in erster Linie darauf ankommt, die Handhabung den Körpermaßen und Fähigkeiten anzupassen, steht bei den Bildschirmgeräten die Gestaltung des Informationsaustausches im Vordergrund.

Zahlreiche Anwenderprogramme werden in sogenannter Maskentechnik ausgeführt. Unter einer Maske ist ein auf dem Bildschirm dargestelltes Schema zur Anzeige und Eingabe zu verstehen. Masken können als Bildschirmformulare " aufgefaßt" werden. In die Formulare oder Vordrucke gibt der Benutzer Daten ein oder liest aus ihnen Informationen ab.

Die mit dieser Maskentechnik eröffneten Gestaltungsmöglichkeiten können bei unzweckmäßiger Anwendung zu hohen Belastungen der Benutzer führen. Es wird deshalb erforderlich, besondere Forderungen an die Form der Informationsdarstellung zu berücksichtigen.

Die Gestaltung von Bildschirmmasken setzt auch Überlegungen im Hinblick auf das jeweilige Datenverarbeitungs- System voraus. Unter einem Datenverarbeitungs- System wird zum Beispiel ein Textverarbeitungs- oder Bürokommunikations- System verstanden. Die ergonomische Gestaltung des Informationsaustausches zwischen dem Benutzer und dem Datenverarbeitungs- System hat zur Aufgabe, die Fähigkeiten des Benutzers zu unterstützen, beschwerdefreie Arbeitsbedingungen zu schaffen, eine optimale Leistung zu ermöglichen und die Benutzerakzeptanz zu fördern.

Diese Aufgaben werden durch die Beachtung der Gestaltungsgrundsätze Anpassung und Einheitlichkeit, Transparenz und Toleranz sowie Erlernbarkeit und Selbsterklärungsfähigkeit erleichtert.

Der Übergang vom ungeübten auf den geübten Nutzer muß gefördert werden. Dabei sind ungeübte oder gering qualifizierte Nutzer durch eine enge Software- Führung zu unterstützen. Dem geübten oder hochqualifizierten Nutzer müssen dagegen direkte Wege durch das System angeboten werden.

Der geübte Nutzer sollte etwa auf Übersichtsmasken und Erläuterungen der Funktionstasten verzichten und direkt zu den für ihn relevanten Informationen gelangen können. Dies läßt sich über die Maskenidentifikation, Maskennamen oder über hierarchische Menücodes erreichen.

Der geometrische Maskenaufbau sowie die Unterteilung in ldentifikations-, Steuer- und Arbeitsfeld muß stets gleich gewählt sein. Auch sind die Eintragung von Anweisungen (Befehlen) immer an der gleichen Stelle vorzusehen. Informationsquelle (Beleg) und Maske müssen nach den gleichen Gestaltungskriterien aufgebaut werden.

Insbesondere bei überwiegender Dateneingabe, aber auch bei der Unterbringung vieler zusammengehöriger Daten auf einem Datenblatt müssen Informationsquelle und Maske übereinstimmend aufgebaut sein.

Das Systemverhalten muß für den Nutzer überschaubar und beeinflußbar bleiben. Die EDV- Antwortzeiten haben nicht konstant zu sein, sollten aber kalkulierbar bleiben. Auf Kurzeingaben erwartet der Nutzer eine schnellere Antwort (in ein bis zwei Sekunden) als auf umfangreiche Eingaben.

Der Systemstatus muß immer erkennbar sein. Dem Nutzer ist sofort nach der Informationseingabe anzuzeigen, ob das System prüft, rechnet oder druckt. Der Bildschirm soll auch nicht über längere Zeiten leerbleiben.

Bei Änderungen müssen alte Informationen abrufbar bleiben, solange die "Datenfreigabe" noch nicht gedrückt wurde. Bei Eingabefehlern dürfen keine Arbeitsabbrüche des Systems erfolgen.

Die Software darf den Nutzer nicht in der Disposition der zeitlichen Arbeitsabfolge einengen. Bereits eingegebene Daten dürfen bei Eingabefehlern nicht zerstört werden. Fehlermeldungen sind im Klartext abzufassen.

Auch sollte nicht mit Codes gearbeitet werden, die das Heranziehen weiterer Handbücher erforderlich machen.

Das Systemverhalten hat zu berücksichtigen, daß die Benutzer nach ihren jeweiligen Vorkenntnisse und nach der Häufigkeit der Benutzung zu unterscheiden sind. Die Anwenderprogramme müssen daher Alternativen zur Wahl stellen.

Der Informationsaustausch ist auf Verlangen des Benutzers vom System zu erläutern, so daß der bezweckte Einsatz verständlich wird. Derartige Erläuterungen sollten dabei zum Beispiel.

- Systemzusammenhänge verständlich machen,

- Fehleranzeigen interpretieren oder

- die Steuerungsmöglichkeiten angeben.

Derzeit dominieren noch Masken auf einfarbigem Bildschirmuntergrund mit alphanumerischen Zeichen und Sonderzeichen. Bei der Verwendung von Farbe wird auf DIN 66234 Teil 5 verwiesen. Die unterschiedlichen Masken erfordern einen entsprechend großen Bildschirm (ZH1/618).

Die Gestaltungsregeln gliedern sich in eine vorgeschaltete Ablaufstrukturierung und in die Informationsgestaltung.

Bevor Bildschirmmasken gestaltet werden können, müssen die unter den technischen und organisatorischen Randbedingungen bereits vorhandenen oder zu konstruierenden Arbeitsaufgaben systematisiert werden. Das bedeutet, die Arbeitsaufgabe ist hierarchisch und sachlogisch zu untergliedern. Auf diese Weise lassen sich immer wiederkehrende Abläufe innerhalb einer Aufgabenhierarchie oder auch über mehrere Aufgabenhierarchien hinweg festlegen, die für eine Bearbeitung über Bildschirmmasken besonders geeignet sind.

Die Gestaltung der aufgabenbezogenen Informationen ist nach folgenden Merkmalen zu gliedern:

- Steuerungsinformationen,

- Informationsauswahl,

- Informationsstrukturierung.

Informationen können vom Benutzer leichter aufgenommen werden, wenn sie strukturiert sind. Aus diesem Grunde ist innerhalb der Maske eine Aufteilung vorzunehmen. Bildschirmmasken sind zu kennzeichnen. Die Kennzeichnung sollte in den ersten Zeilen vorgenommen werden. Die Maskenkennzeichnung sollte dabei aus einer Software-Identifikation, Aufgaben- Identifikation und Ort- Zeit- Identifikation bestehen.

Auf die Maskenkennzeichnungen folgen die Arbeitsinformationen. Hier wird die eigentliche Arbeitsaufgabe dargestellt. Nach dem Arbeitsbereich folgt der Steuerbereich, in dem Befehle oder Informationen eingegeben werden.

Die Wahl des Steuerbereiches nach dem Arbeitsbereich folgt dem natürlichen Arbeitsablauf. Es werden zuerst die Arbeitsinformationen aufgenommen. Danach erfolgt aufgrund dieser Informationen eine weitere Befehlseingabe.

Dem Steuerbereich schließt sich der Meldungsbereich an. Im Meldungsbereich werden ausgegeben: Fehlermeldungen, Warnmeldungen, Systemmeldungen und Vollzugsmeldungen. In diesem Bereich ist bereits auf Handlungsmöglichkeiten hinzuweisen. Bei Fehlern kann eine Korrekturmöglichkeit, bei Warnungen der gefährdete Datenbereich gleich mit angegeben werden. Funktionstasten- Zuordnungen sind auf der letzten Bildschirmzeile anzugeben.

Wenn aus Soft- oder Hardware- Gründen auf den Einsatz von Funktionstasten verzichtet werden soll - zum Beispiel beim Einsatz von Lichtgriffeln -, so kann der Arbeitsbereich entsprechend erweitert werden.

Im Bereich der Informations- Auswahl sind die Maskeninformationen auf das für die Arbeitsaufgabe absolut Notwendige zu reduzieren. Die grundsätzliche Anzeige des Datums und der Uhrzeit ist daher nicht sinnvoll. Es ist jeweils abzuwägen, inwieweit diese Informationen für die Erfüllung der Arbeitsaufgabe wesentlich sind.

Informationen, die das System generieren kann, sind vom Nutzer nicht einzugeben. Solche Daten können das Datum oder bereits früher in das System eingegebene Daten sein. Große Informationsinhalte sollten sachlogisch unterteilt werden. Insbesondere nicht-strukturierte Tabellen mit mehreren Zeilen sind zu vermeiden. Der Zeitaufwand für horizontales und vertikales Suchen ist hoch. Die Fehlermöglichkeiten sind groß.

Wahrscheinliche und häufige Informationsfolgen (Befehlseingaben) sind vorzuwählen.

Häufig folgen bestimmte Masken zwangsläufig aufeinander. Die Befehlseingabe zum Maskenaufruf soll dann bereits vorgewählt sein. Der Nutzer betätigt lediglich "Datenfreigabe". Aber: Die Änderungen der vorgewählten Maskenabfolge muß dem Nutzer möglich sein (zum Beispiel durch Überschreiben des vorgewählten Befehls).

Der Maskenaufruf bei sich wiederholenden Aufgaben ist zu automatisieren. So kann beispielsweise bei der Erfassung von Mitgliedsdaten mit Abschluß der letzten Eingabemaske oder mit der Befehlseingabe der Mitgliedsnummer die neue Maske automatisch aufgerufen werden.

Die Informations- Auswahl ist durch Übersichtsmasken zu ermöglichen. Diese beinhalten alle wählbaren Masken, Funktionen und Eingabemöglichkeiten.

Von der Übersichtsmaske muß direkt in andere Masken zu springen sein. Auch müssen alle Masken direkt angewählt werden können. Diese Alternativen unterstützen den quasi kontinuierlichen Übergang von ungeübtem zu geübtem Nutzerverhalten.

Bei Menümasken ist eine Rangordnung der Items nach der Aufrufhäufigkeit aufzustellen. Häufige Routinen sollten an erster Stelle stehen und damit Selektionsprozesse des Nutzers minimieren. Bei gleicher Auftretenshäufigkeit der Items ist eine alphabetische Rangfolge aufzustellen.

Die Auswahl- Items sind bevorzugt vertikal anzuordnen (auch zweispaltig). Darüber hinaus ist dem Nutzer ein Hinweis zu geben, wenn sich ein Menü über mehr als eine Seite

streckt.

Das Menü muß sachlogich durch Leerzeilen gegliedert sein. Abstandsgliederungen (zum Beispiel Leerzeile) sind Farbgliederungen überlegen.

Häufig wiederkehrende Informationen sollten mit gleichen Bezeichnungen an geometrisch gleichen Orten angeordnet sein. Neuorientierungen des Nutzers sind zeitintensiv und führen zu Fehleingaben.

Die Informationsstrukturierung, also die räumliche Anordnung der Informationen, muß die visuellen Möglichkeiten des Benutzers berücksichtigen. Eine Strukturierung des Maskeninhalts verringert die Belastung für den Anwender, verbessert wichtige Leistungsmerkmale und fördert die Akzeptanz der Darstellungsform. Die räumliche Anordnung der Bereiche für Steuer- sowie Arbeitsinformationen ist beizubehalten.

Die räumliche Anordnung der Informationen ist unter inhaltlich hierarchischen und sachlogischen Aspekten durchzuführen. Die Zusammengehörigkeit von Informationen wird dargestellt durch räumliche Nähe und Gleichartigkeit (zum Beispiel Schriftgröße, Zeichenlänge, Farbe). Die Abgrenzung von Informationen erfolgt durch asymmetrische Musteranordnungen und Distanz (zum Beispiel Leerzeilen).

Bei großen Informationsmengen muß eine innere Struktur erzeugt oder müssen Teilmengen dargestellt werden. Vorgegebene Informationen sind von einzugebenden durch Zeichen zu trennen (zum Beispiel durch Doppelpunkt).

Alphanumerische Zeichen sind nach ihrer Bedeutung oder ihrer inneren Struktur zu gliedern. Bei nicht sinnvoll strukturierbaren alphanumerischen Zeichen sollten Zweier- oder Dreiergruppen geschaffen werden.

Dipl.- lng. Manfred Rentrop ist Obmann des Sachgebietes "Informationsverarbeitung" im Fachausschuß "Verwaltung" der Verwaltungs- Berufsgenossenschaft, Bezirksverwaltung

Mülheim.