Überbezahlt?

06.02.1981

Genüßlich - man spürt's förmlich zwischen den Zeilen - haut CW-Gastkommentator Dr. Hans J. Degenhart auf CW-Gastkommentator Dr. Klaus Börning ein ("Nebuloses Phrasenkonglomerat"). Börning hatte in CW Nr. 48 vom 28. November 1980 für eine "Umorientierung im Grundverständnis von Software" plädiert. Seine Forderung: Zurück zur Natursprache. Degenhart, Systemanalytiker, mokiert sich über "zu viele EDV-Ignoranten und Schaumschläger".

Zum Teil nur läßt sich ein derartig scharfer Angriff mit momentaner Verärgerung erklären Degenhart artikuliert den Unmut derer, die bisher noch immer den Karren aus dem Dreck ziehen mußten: Programmierer und Systemanalytiker Unverkennbar macht sich hier ein Praktiker Luft, der Cobol in der Tat für eine "Gartenzwerg"-Sprache hält.

Degenhart spricht stellvertretend für die "schweigende Mehrheit", die sich aus Leuten mit jahrelanger Berufserfahrung in der Datenverarbeitung zusammensetzt. Es ist noch gar nicht so lange her, da galten die Männer der ersten Stunde als ungekrönte Könige, der Zunft - hochbezahlte Spezialisten, die kein Blatt vor den Mund nahmen, nicht vorm EDV-Chef und nicht vorm Hersteller.

Das ist heute eher umgekehrt. Nicht selten werden Assembler-Programmierer als Dinosaurier bezeichnet, die zum Aussterben verurteilt sind weil sie sich nicht anpassen können. Programmierung sei eben keine Einzelfertigung mehr, sondern Industrie. Da bleibe kein Platz für Individualisten, Härtester Vorwurf; Wer die neuen Software-Entwicklungssysteme nicht einsetze, verdiene es nicht, länger als; "Heilige Kuh" behandelt zu werden. Folge: Viele Sistem-Spezialisten haben sich in den Schmollwinkel zurückgezogen - wer mag schon von "Schaumslägern" eins auf den Nüssel kriegen.

Das ist die Lage

Merkwürdig nur, daß die Kärrerarbeit des maschinennahen Programmierens nach wie vor exzellent bezahlt wird. Wer vorschnell behauptet die Leute in der EDV sind überbezahlt, muß sich das Bild von der Angebot-und-Nachfrage-Schaukel vorhalten lassen.

DV-Methoden-Prediger sehen derzeit kein Land. Wir haben die Software-Krise, und es hilft kein Ruf nach Utopia.

Gibt es kein Rezept, das Software-Loch zu stopfen, so gibt es doch zwei Rezepte, es mit Sicherheit zu vergrößern: Weiterwursteln und auf die DV-Fachidioten schimpfen. Kritik ist erwünscht, nur sollte sie konstruktiv sein.