Müller muß nicht Mueller heissein

Ü und ß verordnet

16.05.1975

LÜNEBURG - Herr Müller will nicht nur Müller heißen, sondern auch in seiner Adresse Müller lesen - und nicht etwa Mueler. Wie geradezu pingelig manche Mitbürger mit ihrer Namen sind, hat nicht ein privater Marktforscher sondern die öffentliche Hand herausgefunden. Das kommunale Modellrechenzentrum Lüneburg hat jetzt überprüft, wie es mit dem Anspruch auf richtige Namensschreibung steht.

Zwar hat das Bundesverwaltungsgericht schon 1969 festgestellt, daß

bei einer Fernmelderechnung kein "ö" statt eines "oe" verlangt werden kann - weil Dritte von der Schreibweise keine Kenntnis erhalten und weil die Bundespost aus technischen Gründen damals

kein "ö" drucken konnte. Aber die Zeiten technischer Schwierigkeiten sind vorbei: eine Umfrage der niedersächsischen kommunalen DV-Zentralen ergab, daß der größte Teil der EDV-Anlagen heute schon für Umlautschreibung ausgerüstet ist. Deswegen hat das Bundesinnenministerium auch schon einen Verordnungsentwurf herausgegeben, wonach nach Inkrafttreten des Bundesmeldegesetzes die Drucker der EDV-Anlagen so ausgerüstet sein müssen, daß "ß" und Umlaute (ä, ö, ü) gedruckt werden können. Nach einer Entscheidung des schleswigholsteinischen Verwaltungsgerichtes muß ein Name im Reisepaß entsprechend dem standesamtlichen Eintrag mit "ß" geschrieben werden - der Bürger braucht ein "ss" nicht hinzunehmen.

Fazit für die Wirtschaft, die vom guten Eindruck leben muß und sich nicht auf Hoheitsrechte verlassen kann: wenn die Obrigkeit schon so eindeutig auf die Optik Rücksicht nimmt, kann es sich eigentlich keine Privatfirma mehr leisten, womöglich Werbebriefe

anders zu adressieren... -py