UB Networks definiert Networking neu Roel Pieper will seiner Company Tuer zum Consumer-Markt oeffnen

16.06.1995

FRANKFURT/M. (gh) - Der deutsche Ableger der Networld+ Interop scheint fuer UB Networks etwas Besonderes zu sein. So, wie im vergangenen Jahr in Berlin, war fuer die kalifornische Networking- Company auch in der deutschen Bankenmetropole grosser Bahnhof angesagt. President und CEO Roel Pieper gab sich erneut die Ehre, um die weiteren Claims seines Unternehmens abzustekken: Im Internetworking, speziell auch auf dem deutschen Markt, und vor allem auch in Bereichen, die man als wachstumstraechtige Zukunftsmaerkte ansieht.

"We make Networks work", war Piepers einzige, fast banal klingende fachliche Botschaft an die in Frankfurt anwesenden europaeischen DV-Journalisten. "Glauben Sie mir, dass wir es (das Business) koennen und dass wir das Vertrauen des Marktes zurueckgewonnen haben", sollte dies wohl im uebertragenen Sinne heissen. Der UB- Networks-CEO wollte jedenfalls seine Zuhoerer nicht mit langatmigen Produktankuendigungen langweilen, eher schon mit Visionen strapazieren.

Dass Pieper dies ueberhaupt konnte, duerfte indes ausreichender Beleg dafuer sein, dass es dem Unternehmen wieder gut geht. Noch vor Jahresfrist in Berlin war man bei der Vorstellung der neuen Firmenphilosophie weitgehend mit der Beseitigung diverser Altlasten beschaeftigt. Doch nun hat die restrukturierte Company, wie es scheint, laengst nicht nur wieder wirtschaftlich Tritt gefasst, sondern auch in Sachen Produktentwicklung und Entdecken neuer Geschaeftsfelder alten Elan zurueckgewonnen. Geradezu paradiesische Zustaende sah Pieper in Frankfurt auf die Networking- Branche im allgemeinen und natuerlich auch auf UB Networks zukommen - beispielsweise im Marktsegment Ethernet-Switching, wo weltweit derzeit im Durschschnitt Wachstumraten von 40 Prozent zu verzeichnen sind.

UB Networks konnte Pieper zufolge mit einem Anteil von rund 15 Prozent im sogenannten Enterprise-Hub-Markt seine Position als Nummer drei halten; auch im gesamten Hub-Markt untermauerten die Kalifornier mit einem Zuwachs von drei Prozent ihr Standing. Doch mit dem, wenn man so will, klassischen Internetworking-Geschaeft will sich der Nachfolger von Firmengruender Ralph Ungermann nicht mehr zufriedengeben. "Es geht jetzt darum, die gesamte

Betrachtungsweise gegenueber Informationstechnologien zu aendern", gab Pieper seiner Zuhoererschaft mit auf den Weg - und die Branche muesse aufhoeren,

"mit kaum verstaendlichen Produktbezeichnungen wie ATM und FDDI zu operieren". Dies erst recht, weil, wie Pieper weiter dozierte, die Grenzen zwischen den herkoemmlichen LAN- und WAN-Welten immer konturenloser werden - ein Tatbestand, der in noch viel staerkerem Masse auch fuer die - laengst nicht mehr zeitgemaesse - Trennung zwischen sogenannten Business- und Consumer-Anwendern gelte.

Fast koennte man sagen, heimlich, still und leise, hat Pieper daher in den vergangenen Monaten das Unternehmen auf neue Wachstumsmaerkte ausgerichtet. Diese heissen: Breitbandkommunikation fuer Consumer-orientierte Services sowie Software fuer interaktive Online-Dienste und Virtual Reality. So wurden schon vor einigen Wochen mit "Interweb" und "Interworld" zwei Plattformen vorgestellt, mit deren Hilfe professionelle Anwender interaktive 3D-Applikationen fuer den Multiuser-Einsatz in breitbandigen Datennetzen oder dem Internet entwickeln koennen.

Zum Lieferumfang von Interweb gehoert dabei nach Angaben UB Networks alles, was an Hardware, Software und Support benoetigt wird, damit ein Unternehmen das Geschaeft mit einer sicheren und skalierbaren World-Wide-Web-Anwendung betreiben und unterstuetzen kann. Die Software Interworld wiederum dient als Virtual-Reality- Schnittstelle, die - etwa mit simulierten Produktvorstellungen oder virtuellen Fortbildungskursen - neue Kom-

munikationsformen zwischen Hersteller und Kunde ermoeglichen soll.

Darueber hinaus gab UB Networks eine Kapitalbeteiligung an Kowledge Adventure Worlds

(KAW) bekannt, eine sogenannte Spin-off-Company des Spieleherstellers Knowledge Adventure Inc., die sich schwerpunktmaessig mit der Entwicklung von 3D-Virtual-Reality- Software und -Umgebungen beschaeftigt. Sowohl mit KAW als auch mit anderen Partnern will man hier an der Implementierung von 3D- Software in diversen Netzprojekten arbeiten - mit Fokus auf den TK-Markt im allgemeinen und medizinische Anwendungen im besonderen.

Letzteres ist im uebrigen, wenn auch nur indirekt, Betaetigungsfeld einer weiteren Allianz, der sich die Kalifornier angeschlossen haben. Zusammen mit der Telefongesellschaft Sprint, dem Prozessor- Giganten Intel und dem Virtual-Reality-Spezialisten Worlds arbeitet man derzeit an einem US-weiten Multimedia-Netz auf ATM- Basis. Dieses Sponsoring-Projekt soll Kindern im Rahmen ihrer Pflege durch die Starbright Foundation, einer gemeinnuetzigen Organisation, die sich die Betreuung schwerkranker Kinder und deren Familien auf die Fahnen geschrieben hat, quasi die Kommunikation und das Spielen von Krankenbett zu Krankenbett ermoeglichen. Sicherlich ein populaeres Vorzeigeprojekt - aber eines, das, wie Pieper betonte, modellhaften Charakter dafuer besitzt, wie "eine trockene Technik wie ATM fuer den Consumer-Markt transparent gemacht werden kann".

Transparenter, oder besser gesagt, engagierter will sich UB Networks, wie schon vergangenes Jahr in Berlin angekuendigt, in Zukunft auf dem deutschen Markt praesentieren. Dabei kann es natuerlich in erster Linie nicht um die eben beschriebene Zukunftsmusik gehen, sondern um handfestes Internetworking- Ruestzeug. Hier zeigten die Kalifornier in Frankfurt ihren neuen "Geo-LAN-500", den ihrer Darstellung nach ersten ATM-faehigen Hub mit einer Durchsatzrate von 10 Gbit/s, der als sogenannte Migrationshilfe den Anwender quasi von Legacy-LANs ueber Switched- LANs bis hin zu irgendwann einmal kombinierten ATM-Switched-Netzen begleiten soll.

Deutsche Niederlassung kommt wieder in Schwung

Gleiches gilt fuer die, wenn man so will, 1994 reanimierte deutsche UB Networks GmbH, die mittlerweile auch schon wieder eigene Umsaetze im Millionenbereich generiert. Zusammen mit zehn Resellern und zwei OEMs

(entsprechende Vertraege mit der Dietzenbacher Fibronics GmbH und der in Karlsruhe ansaessigen Neef Elektrotechnik GmbH sind vor kurzem unterzeichnet worden) soll nun, wie es in Frankfurt hiess, dass Geschaeft auf dem wichtigsten europaeischen Markt angekurbelt werden. Vom bis dato etablierten UB-Networks-Wiederverkaeufer Siemens-Nixdorf war in diesem Zusammenhang wenig bis gar nicht die Rede. Man spricht noch miteinander, war unter vorgehaltener Hand zu dem seit laengerem gespannten Verhaeltnis zwischen beiden Unternehmen zu erfahren. Roel Pieper duerfte indes momentan sowieso andere Sorgen haben. Noch vor einem Jahr hatte dieser sich, so sein Bekenntnis, nicht traeumen lassen, "Leute, die von Paramount oder Viacom kommen, einzustellen."