Rechnerunabhängigen Softwarepaketen mangelt es an Ausgereiftheit und Laufsicherheit:

Turnkey-Systeme sind eine teure Alternative

29.01.1982

BERLIN - Computer Aided Design (CAD) und Computer Aided Manufacturing (CAM) sind die Schlagworte für rechnerunterstützte Entwicklung Konstruktion und Fertigung. Gerd Ehinger, Werner Arndt und Reinhard Mayr von der System Consult GmbH machen sich im folgenden Beitrag Gedanken über "CAD heute". Grundlage dazu ist eine CAD-Marktübersicht, von der die Berliner Gesellschaft jetzt die dritte Auflage fertig hat.

Mit den CAD/CAM-Systemen soll der Konstrukteur von Routinearbeiten entlastet werden, um sich mehr den schöpferisch analytischen Tätigkeiten widmen zu können. Angesichts von weltweit etwa 200 Herstellern beziehungsweise Anbietern von CAD-Software und -Hardware ist die Bewertung der CAD-Systeme hinsichtlich Leistungsfähigkeit und Eignung für den geplanten Einsatz ein ernstes Problem.

Gerade für den Einsteiger ohne CAD-Erfahrung ist das Problem der Auswahl des für ihn passenden Systems nur mit großem Aufwand befriedigend zu lösen.

Die Abbildung zeigt die Komponenten und Elemente eines CAD-Systems, wie es in seiner Vollständigkeit aber nur als sogenanntes Turnkey-System oder schlüsselfertig installiertes System angeboten wird. Als Rechner werden meist gängige 16-Bit-Minicomputer mit 128 KB Arbeitsspeicher verwendet, die zum Teil noch mit speziellen Grafik Prozessoren für die Bilddatenverarbeitung ergänzt werden.

An die Rechner sind neben Plotter und Digitalisiertisch bis zu zehn grafische Arbeitsplätze angeschlossen, die in der Grundausführung aus einem (Storage-, Raster-Scan- oder Vector-Refresh-)Display in Verbindung mit einem Eingabetablett mit Menüfeldern und Hardcopy-Gerät bestehen. Einige Hersteller bieten getrennte Text- und Grafikdarstellung durch ein zweidimensionales alphanumerisches Display je Arbeitsplatz an.

Die Objektbeschreibung erfolgt in der Regel grafisch-interaktiv mit Hilfe von Menüfeldern, auf dem Bildschirm oder dem Tablett, mit Lichtgriffeln, Joy-Sticks und neuerdings auch mit Touch-Panels.

Weltweit teilen sich acht Hersteller/Anbieter 99,5 Prozent des CAD-Turnkey-Marktes (Tabelle). Für den Markt in der Bundesrepublik Deutschland gilt diese Aussage nicht. Hier konnten die deutschen Hersteller immerhin einen Marktanteil von zirka 10 Prozent erobern. Turnkey-Systeme werden in der Minimalausstattung zu Preisen zwischen 400 000 und 600 000 Mark angeboten.

Für Anwender mit einem eigenen Rechner stellt die Industrie grafische Arbeitsplätze bereit, die neben Display, Tablett und anderen Eingabemedien über einen eigenen Terminalrechner (meist 8 Bit, 64 KB) zur Bilddatenverarbeitung verfügen. Eine Reihe von grafischen Funktionen wie 3D-Transformation, Zooming und Windowing sind sogar hardwaremäßig realisiert und ermöglichen eine schnelle Bildmanipulation. Die Preise für grafische Arbeitsplätze liegen zwischen 50 000 und 250 000 Mark.

Für Anwender mit der entsprechenden Hardware sind Software-Pakete auf dem Markt, die teilweise sogar über die Leistungen der Software von Turnkey-Systemen hinausgehen. Nachteilig für den Absatz von CAD-Software-Systemen wirkt sich allerdings die Tatsache aus, daß für den Betrieb der Software einerseits zusätzliches EDV-Personal und andererseits wegen der umfangreichen Programme sehr viel freie Kapazität vorhanden sein muß.

Die Installationen von CAD-Software-Systemen erreichen etwa zehn Prozent der Turnkey-Installationen. Der Preis bewegt sich zwischen 5000 und rund 500 000 Mark für komplexe Systeme. Da die Leistungsspektren der Pakete oft nicht exakt definiert sind, ist eine Preisbeurteilung kaum möglich.

Für Anwender, die ihre CAD-Bausteine selbst entwickeln wollen, bietet sich der Kauf eines Systemkerns an, der für die Kommandodefinition und -interpretation, für die Ablaufsteuerung, die Fehlerbehandlung und die Datenverwaltung entsprechende Leistungen anbietet. Die Preise liegen etwa zwischen 5000 und 30 000 Mark.

Grundsoftwarepakete sind keine abgeschlossenen Programmsysteme, sondern stellen dem Anwender in Form einer Unterprogrammbibliothek einzelne Grafikroutinen zur Verfügung. Die Leistungen sind zum Teil sehr beachtlich, insbesondere was den 3D-Bereich anbelangt, für den beispielsweise Durchdringungs- und Hidden-Line-Algorithmen angeboten werden. Je nach Leistung reicht die Preisspanne von 1000 bis etwa 150 000 Mark.

Auf dem Hardwaresektor ist der allgemeine Trend zu größeren Leistungen bei gleichzeitigem Preisrückgang zu verzeichnen. Die Weiterentwicklung der Mikroprozessortechnologie bringt den Übergang zum 32-Bit-Rechner und damit eine höhere Verarbeitungsgeschwindigkeit und Rechengenauigkeit für die geometrischen CAD-Operationen.

Im Bereich der Display-Technologie geht die Entwicklung zur hochauflösenden Raster-Scan-Technik mit Farbdarstellung. Zusätzliche Grafik- und Array-Prozessoren beschleunigen die Arbeiten in Zukunft.

In der Softwareentwicklung zeichnet sich ein Trend zu einsatzfähigen 3D-Systemen ab, die durch anwendungsspezifische Datenmodelle ergänzt werden.

Zwar werden derzeit mehrere leistungsfähige und teils auch preisgünstige CAD-Softwarepakete auf dem Markt angeboten, doch ist das Angebot an rechnerunabhängigen CAD-Softwarepaketen noch sehr klein Ansätze, die an den Hochschulen vorhanden sind, leiden unter Mangel an Ausgereiftheit, Laufsicherheit und Kontinuität der Betreuung.

Turnkey-Systeme stellen zur Zeit zwar eine leistungsfähige und komfortable, aber auch teure Alternative für den CAD-Anwender dar.