Absichtserklärung unterzeichnet

Turbolinux will Linuxcare schlucken

19.01.2001
MÜNCHEN (CW) - Der amerikanische Linux-Anbieter Turbolinux beabsichtigt die Übernahme des ebenfalls auf das offene Betriebssystem fixierten IT-Dienstleisters Linuxcare. Eine Absichtserklärung ist unterschrieben, finanzielle Details wurden noch nicht bekannt.

Turbolinux, das neben Red Hat, Suse und Caldera zu den großen vier Anbietern von Linux-Distributionen gehört, würde mit der Akquisition des Service-Providers aus San Franzisko eine Lücke in seinem Portfolio schließen. Linuxcare bietet keine eigene Software an, dafür jedoch Dienstleistungen wie technischen Support und Training für mehr als 30 im Markt erhältliche Varianten des offenen Betriebssystems. Ein Sprecher von Linuxcare hält einen Zusammenschluss mit Turbolinux für plausibel: "Wir haben Services, sie haben Produkte." Ein weiterer Vorteil für den Käufer sei die "große Sammlung von Gurus und Open-Source-Experten" bei Linuxcare.

Turbolinux mit Sitz im kalifornischen Brisbane definiert sich als Lösungsanbieter im Linux-Umfeld. Das Unternehmen unterstützt unter anderem die "E-Server"-Reihe von IBM mit Anwendungen rund um das offene Betriebssystem und optimiert Linux für Server-Anwendungen wie "DB2" oder "Oracle 8i". Mit dem "Turbolinux Cluster Server" und "Enfuzion" hat die Company ferner Cluster-Lösungen im Angebot. Zu den Investoren der Firma gehört neben Hewlett-Packard (HP) und Intel auch IBM. Erst vor kurzem erweiterte Big Blue seinen Kooperationsvertrag mit Turbolinux, das nun das gesamte Softwareangebot der IBM im Bündel mit seinem Linux-Derivat vermarkten kann.

Kommt die Fusion wie vorgesehen zustande, soll der Support von Linuxcare für andere Distributionen keineswegs auf Eis gelegt werden.

Paul Thomas, Chief Executive Officer von Turbolinux, begründete diese Entscheidung damit, dass Anwender selten nur eine Linux-Version im Einsatz hätten. Er sicherte künftig Neutralität zu: "Wir möchten, dass Linuxcare weiterhin als die Schweiz des Linux-Markts bekannt ist."

IDC-Analyst Dan Kusnetzky hält eine Fusion der Linux-Spezialisten für sinnvoll. Gerade für Turbolinux würde sich der Eintritt in den Dienstleistungssektor wegen der Aussicht auf neue Einnahmequellen lohnen. "Der reine Verkauf von Linux-Software ist ein Verlustgeschäft", erklärte Kusnetzky gegenüber dem Brancheninformationsdienst "Computerwire". "Geld macht man mit Services, Training und Support. "

Ob Turbolinux an seinem für Oktober 2001 geplanten Börsengang festhält, ist unklar. Die Company hat sich im Vorfeld durch Restrukturierungen und eine dritte Finanzierungsrunde für ihr Going Public fit gemacht, bei dem 60 Millionen Dollar in die Kassen fließen sollen. Linuxcare blies seinen für April 2000 geplanten Börsengang nach dem Rücktritt von CEO Fernand Sarrat wieder ab. Kurz darauf entließ der Linux-Dienstleister ein Viertel seiner Belegschaft und zog sich aus Europa zurück (siehe CW 45/00, Seite 23).