Auch die Organisation muß einbezogen werden:

Tuning endet nicht an der Steckdose

01.07.1983

WlLHELMSHAVEN - Der Erfolg einer Tuning-Aktion hängt von den verschiedensten Komponenten ab. Dabei ist zu berücksichtigen, daß nicht nur die Leistungssteigerung der Hard- und Softwarekomponenten den gewünschten Erfolg bringt. Auch das Umfeld und die Organisation müssen beleuchtet und durchdacht werden. Klaus Schenk, Bereichsleiter der

A /Orga F. A. Meyer GmbH aus Wilhelmshaven, beschreibt in seinem Beitrag Vorgehensweisen eines sinnvollen Tunings und erläutert, welche Leistungen Beratungsunternehmen auf diesem Spezialgebiet erbringen können.

Unsere Gesellschaft ist leistungsorientiert. Es ist daher selbstverständlich, daß für alle Bereiche - sei es die Wirtschaft, die Technik oder der Mensch selbst - Methoden und Instrumentarien entwickelt und eingesetzt werden, um deren "Leistung" zu beurteilen. Eine treue und unverzichtbare Dienerin bei diesem Prozeß der Leistungsbeurteilung ist die Datenverarbeitung. Um so mehr überrascht es, daß gerade in diesem Teilbereich die Messung und Bewertung von Leistung noch keine Selbstverständlichkeit sind.

Die Problematik beginnt bereits bei der Definition eines Leistungsbegriffs. MIPS, KOPS oder "relative Leistung" und Kennzahlen, die für die Beurteilung der Leistung der Datenverarbeitung ungeeignet sind. Es ist - als Beispiel aus technischer Sicht - trivial nachzuweisen, daß eine Rechenanlage mit 4 MIPS bei ungünstigen Platten- oder Kanal- Konfigurationen ein schlechteres Antvortzeitverhalten zeigen kann als eine Rechenanlage mit nur 2 MIPS, bei der die Konfiguration der Peripherie jedoch stimmt.

Aber auch Größen wie Antwortzeit oder Durchsatz (Performance) reichen zur Beurteilung der Leistungsfähigkeit der Datenverarbeitung nicht aus. So haben umständlich programmierte Anwendungen oder eine ineffiziente Rechenzentrumsorganisation zur Folge, daß zur Aufrechterhaltung von Durchsatz und Antwortzeit erheblich mehr Ressourcen vorgehalten werden müssen als unter anderen Voraussetzungen Damit bilden die Kosten für die Bereitstellung dieser Ressourcen die eigentliche Meßlatte zur Beurteilung der Leistungsfähigkeit der Datenverarbeitung.

Daraus läßt sich vereinfacht schließen: Je geringer die Kosten (zum Beispiel für Hardware, systemnahe Software, Personal) zur Erfüllung aller an die DV gestellten Anforderungen sind, desto größer ist auch die Leistungsfeihigkeit dieser Datenverarbeitung.

Voraussetzung zur Optimierung der Datenverarbeitung ist die Messung des Systems über einen repräsentativen Zeitraum von rund 14 Tagen. Im allgemeinen genügt für diese erste Phase der Einsatz eines Software-Monitors, der bei allen renommierten DV-Herstellern verfügbar ist. Zusätzliche Statistiken aus dem Job-Accounting, dem Datenbanksystem oder dem TP-Monitor ergänzen das Datenmaterial.

Analyse macht Reserven deutlich

Die sorgfältige Analyse aller Daten durch Abgleich gegen bestimmte Auslastungslimits oder durch Erarbeitung der verschiedensten Korrelationen erlaubt nun sowohl Kapazitätsreserven als auch Systemengpässe festzustellen. Die möglichen Ursachen für Systemengpässe - mit überhöhten Kosten als Folge - können recht vielfältiger Natur sein und entstehen meist sogar aus der Kombination verschiedener Faktoren.

In einem zweiten Schritt ist der Aufwand für die Durchführung der notwendigen Maßnahmen zur Beseitigung der Engpässe zu definieren und dem möglichen Nutzen gegenüberzustellen. Dieser Schritt ist um so wichtiger, als häufig mehrere Alternativen für konkrete Tuning-Maßnahmen existieren.

Ein sinnvolles DV-Tuning, das von qualifizierten, Hardware-unabhängigen DV-Beratern durchgeführt wird, umfaßt daher folgende Bereiche:

- Tuning der Hardware-/Systemsoftware-Komponenten

Durch Rekonfigurationsmaßnahmen oder durch Optimierung von Systemparametern werden die erkannten Systemengpässe entschärft.

- Tuning der Datenfernübertragungsnetze

Mit Änderung der gewachsenen Übertragungsverfahren und Nutzung neuer Technologien lassen sich häufig erhebliche Einsparungen realisieren als auch Antwortzeiten reduzieren.

- Tuning von Anwenderprogrammen

Einzelne Anwendungen, die zu einem wesentlichen Prozentsatz die Gesamtressourcen beanspruchen (zum Beispiel Langläufer), werden bis auf Programmebene getunt, so daß Laufzeitverkürzungen zu einer Entlastung des Gesamtsystems führen.

- Tuning der RZ-Ablauforganisation

Durch Optimierungsmaßnahmen innerhalb der RZ-Ablauforganisation werden die erkannten Schwachstellen beseitigt, so daß Spitzenbelastungen, die das Gesamtsystem überfordern, nach Möglichkeit vermieden werden.

Für die Durchführung dieser Aktivitäten gibt es folgende Alternativen:

1. Tuning auf der Berechnungsgrundlage effektiv geleisteter Projekttage.

2. Tuning über einen "Wartungsvertrag" mit dynamischer Kapazitätsplanung. Diese Alternative ist speziell für mittelgroße DV-Anwender (zum Beispiel IBM 43xx, Siemens 7,5xx) interessant, wenn der Einsatz eigener Mitarbeiter für die Leistungssteigerung und Kapazitätsplanung wirtschaftlich nicht effizient ist. Berechnungsgrundlage für diesen Fall ist ein gestaffelter Prozentsatz vom Mietvolumen.

Vielfältige Erfahrungen auf diesem Gebiet zeigen, daß sich in jedem nicht konsequent getunten System erhebliche Kapazitätsreserven verstecken. Erfahrene DV-Berater sind daher unter bestimmten Voraussetzungen - die im folgenden näher spezifiziert werden - bereit, diese Arbeiten auch erfolgsabhängig durchzuführen.

Bewertung der Ersparnis problematisch

Die Quantifizierung der erzielten Einsparungen ist jedoch äußerst problematisch, wenn man die Vielzahl möglicher Ausgangssituationen betrachtet. Diese reichen vom Standardfall - dem geplanten Einsatz eines mächtigeren Rechners - über eine Reduktion des Schichtbetriebes bis zu Spezialfällen, wo zum Beispiel lediglich das Antwortzeitverhalten bei Datenbank-Dialoganwendungen unbefriedigend ist.

Als prinzipieller Ansatz zum Nachweis des Erfolgs von Maßnahmen gilt dann das abgebildete Schema (Bild 1). Dabei lassen sich die Einsparungen relativ einfach aus der Kostendifferenz zwischen Ist-System und dem geplanten System sowie der durch Tuning erzielten Verschiebung des Installationstermins ermitteln.

Zum Zeitpunkt x ist abzusehen, daß zum Zeitpunkt a eine Erweiterung der Hardwarekapazität notwendig wird. Diese steigt gemäß Planung von einer Kapazität y2 auf eine Kapazität von y3.

Durch die Leistungsregelung kann die Systembelastung gesenkt werden (Kurve, -.-.-). Dadurch wird die Hardware-Erweiterung erst zum Zeitpunkt b notwendig. Die Fläche A ist proportional den durch das Tuning erreichten Einsparungen bei den Hardwarekosten.

Die Fläche B entspricht der gewonnenen Leistung.

Der Erfolg der Arbeiten kann an der Größe dieser Flächen gemessen werden. Je größer diese Flächen, desto wirksamer die Maßnahmen.

Überlagert wird dieses Schema noch von der Diskrepanz zwischen der theoretischen Leistung des Systems und der tatsächlichen, infolge von Systemengpässen reduzierten Leistung. Hierdurch läßt sich der Abstand zwischen a und b noch zusätzlich vergrößern und weitere Kosten einsparen.