TUI-CDO Elke Reichart

Mit der Cloud durch die Krise

01.07.2020
Von 
Jens Dose ist Editor in Chief von CIO. Seine Kernthemen drehen sich rund um CIOs, ihre IT-Strategien und Digitalisierungsprojekte.

Nach dem Wiederaufbau will die Managerin in der dritten Phase das Business neu strukturieren, um auf die nachhaltigen Veränderungen durch die Krise zu reagieren. Dabei spielen Erfahrungen aus den letzten Monaten eine Rolle. So stieß TUI bei Ausbruch der Pandemie an organisatorische Grenzen. Die Menschen in den Call Centern konnten die Menge an Rückholaktionen für Urlauber und Stornierungen kaum mehr koordinieren. "Die Kommunikation mit den Kunden musste eng sein, wir mussten uns mit ihnen abstimmen und sie regelmäßig mit vielen Informationen versorgen," so Reichart.

Also setzte TUI auf digitale Kommunikationstools. Die Urlauber bekamen Updates zu ihren Flügen oder Hotels via App, E-Mail und zum Großteil über SMS. Die Informationen wurden automatisiert aus der Datenbank generiert. Dafür entwickelte TUI analytische Tools, die interne und externe Daten, etwa des Auswärtigen Amtes, korrelierten und automatisiert an die betreffenden Kunden versendeten.

"Da solche Notmaßnahmen bei den Kunden auf große Resonanz gestoßen sind, wollen wir auf dem Gebiet unser Angebot weiter ausbauen," sagt die Managerin. So gäbe es Überlegungen, große Teile der Kommunikation während der Reise digital zu gestalten. Anstelle eines TUI-Mitarbeiters, der die Kunden vom Flughafen zum Shuttle-Bus in das Hotel lotst, wären Push-SMS mit der genauen Wegbeschreibung denkbar. Auch Gesundheits-Themen spielen dabei eine Rolle: "Wahrscheinlich wollen Kunden nach Corona aus hygienischen Gründen eher kein ausgedrucktes Papier mehr, von dem sie nicht wissen, wie viele es davor schon in den Händen hatten," so die Managerin.

Die Krise hat TUI auch dazu angeregt, ihr Angebot rascher zu diversifizieren. Das bisherige End-to-end-Geschäftsmodell, in dem die komplette Reise inklusive Flug und Hotels gebucht wird, soll modularer gestaltet werden. Gäste sollen zukünftig auch nur ein Hotel oder einen Flug buchen können, wenn sie selbst anreisen oder bereits eine Unterkunft am Zielort haben. Die Basis dazu hatte der Konzern bereits vor COVID in der Roadmap des Domain-Modells gelegt. "Mit der Krise sehen wir nun eine Spitze in der Nachfrage nach Hotel-only-Angeboten in den Nachbarländern Österreich und Schweiz. Da treffen wir mit dem modularen Angebot genau den richtigen Nerv," sagt Reichart.

Investment in eigene Mitarbeiter

Sowohl die Migration in die Public Cloud als auch das Domain-Modell waren für die IT-Chefin wichtige Voraussetzungen, um sich schnell auf die Krise einzustellen. Dabei komme TUI zugute, dass das Unternehmen seit 2018 die IT-Teams intensiv weitergebildet habe.

"Ich werde oft von CIO-Kollegen, die mit erheblichen Wiederständen gegen die Cloud in ihrer Organisation zu kämpfen haben, auf unsere Strategie angesprochen," berichtet sie und erklärt, wie TUI vorgegangen ist: "Wir wollten von Anfang an alle Mitarbeiter mitnehmen, auch um einige Vorbehalte gegen den Schritt in die Cloud abzubauen." Zwar hätten die internen Trainings viel Zeit in Anspruch genommen, doch für die Akzeptanz der Belegschaft seien sie ein zentraler Faktor gewesen. "Wir sind bewusst den langsameren, aber nachhaltigeren Weg gegangen, damit unsere Teams verstehen, welche Vorteile die Cloud für die IT und das Business bringt und welche zusätzlichen Möglichkeiten sich dadurch auch für die Mitarbeiter ergeben."

Das intern aufgebaute Know-how habe bei Ausbruch der Pandemie nicht nur dazu beigetragen, dass Mitarbeiter sofort externe Aufgaben übernehmen konnten. Sie sähen darin auch eine Chance, ihre Expertise in neuen Projekten auszubauen. "Viele Kollegen heben von selbst die Hand und wollen an ehemals extern vergebenen Projekten mitarbeiten, die sie interessieren," so Reichart. "Durch die standarisierte Cloud-Umgebung sind wir in der Lage, unsere Kolleginnen und Kollegen dorthin zu bewegen. Das macht unsere IT kompetenter und auch zufriedener."