Enterprise-Portale/Kosten senken mit Portalen

Türöffner zur Rationalisierung der IT

04.07.2003
Firmen bauen Portale nicht deshalb, weil Web-Oberflächen gerade im Trend liegen. Vielmehr wollen sie damit die Produktivität ihrer Mitarbeiter steigern sowie die laufenden IT-Kosten senken. Der Nutzen lässt sich jedoch nicht so ohne weiteres in Zahlen ausdrücken. Von Thomas Rauch*

Knappe Kassen und starker Wettbewerb sind kein neues Phänomen. Aber gerade im heutigen internationalen Umfeld stehen die Unternehmen unter einem permanenten Verbesserungsdruck der internen Abläufe. Ein effizientes Mitarbeiter- und Informations-Management kann dabei einen entscheidenden Beitrag zur Reduktion der Kosten und zur Realisierung eines strategischen Vorsprungs vor der Konkurrenz liefern.

Aber wie steht es um den Prozess der Informationsverarbeitung in der Praxis? In den internen Unternehmensnetzwerken herrscht häufig eine schier unüberschaubare Informationsflut. Die Mängelliste erstreckt sich von der Gliederung und Strukturierung über die Zugänglichkeit und Verfügbarkeit bis zur Qualität und Pflege der Datenmengen. Zudem müssen Mitarbeiter oft eine Vielzahl von verschiedenen Programmen bedienen, um ihre täglich anfallenden Tätigkeiten zu erledigen.

Der Benutzer ist gezwungen, sich aus den verschiedenen Datenquellen die für ihn relevanten Informationen selbst zusammenzusuchen und zu bündeln.

Enterprise-Portale bieten eine technische Lösung für ein besseres Informations-Management. Ein Portal ist entgegen einem häufigen Missverständnis keine Intranet-Homepage und keine Office-Anwendung für operative Tätigkeiten. Es ist eine personalisierte Kommunikations- und Interaktionsplattform zur Integration verschiedener Anwendungen mit einer einheitlichen, Web-basierten Oberfläche und lediglich einer Anmeldeprozedur. Sowohl Mitarbeiter als auch Manager können ihre täglichen operativen und administrativen Aktivitäten diese Benutzer-Schnittstelle erledigen. Das Portal greift dabei auf unterschiedliche interne und externe Datenquellen zu. Im Gegensatz zur bisherigen Praxis muss der Anwender dabei nicht mehr verschiedene Programme, sondern lediglich seinen Web-Browser starten und das Portal ansteuern.

Neben dem reinen Informations-Management gestatten es Portale den Anwendern da-rüber hinaus, die für ihre Aufgabenbereiche wichtigen Vorgänge zu erledigen. Durch die Personalisierung erhält jeder Mitarbeiter bedarfsgerechte Informationen beziehungsweise den Zugriff auf Anwendungsfunktionen. Diese Lösung bietet eine erhebliche Zeitersparnis gerade bei Routinejobs. Je nach Auslegung der Lösung kann er sowohl vom internen Netz als auch via Internet auf seinen persönlichen Arbeitsbereich zugreifen.

Harte und weiche Nutzenfaktoren

Das Nutzenpotenzial von Portallösungen erschließt sich über zwei Hauptebenen. Zu den harten Nutzenfaktoren, also solchen, die dem Portal direkt zuzurechnen sind, zählt etwa die Kostenreduktion. So wird beispielsweise die Pflege verschiedener Intranet-Homepages überflüssig, wenn die zuvor auf viele einzenle Sites verstreuten Informationen zentral unter einer einheitlichen Portaloberfläche zusammengeführt werden. Zudem entfallen die bei Client-Server-Software erforderliche Installation von Desktop-Programmen und deren Konfiguration und Wartung. Oft integrieren Firmen E-Mail- und Kalenderfunktionen, die bisher über Windows-Clients zur Verfügung gestellt wurden, in die Portaloberfläche. Die Hersteller von Messaging-Software haben ihre Produkte dahingehend weiterentwickelt. Der im Vergleich zu einer firmenweiten ERP-Lösung deutlich reduzierte Schulungsaufwand trägt ebenfalls zu einer Senkung der Kosten bei. Dies beruht vor allem auf einer Web-basierenden, intuitiven Benutzerführung.

Einheitliche Präsentation von Inhalten

Den harten Nutzenfaktoren stehen die "Soft Facts" gegenüber. Sie erlauben keine eindeutig zurechenbaren Kosteneinsparung. Gemeint ist damit etwa die Optimierung der internen Prozesse. Im Zuge der Integration in das Portal lösen elektronische die bisher papiergebundenen Arbeitsabläufe ab, was meist zu verringerten Durchlaufzeiten führt. Nutzen stiften zudem die Bündelung und Gliederung der Informationen. Die Anwender finden gewünschte Dokumente leichter und schneller. Die einheitliche Präsentation der verschiedenen Unternehmensbereiche und deren Mitarbeiter innerhalb des Portals hat in der Praxis zu einer besseren Identifikation mit dem jeweiligen Bereich zur Folge, was idealerweise die Zufriedenheit der Mitarbeiter steigert. Die Vorteile liegen auf der Hand, doch deren tatsächlicher Nutzen, etwa geringere Fluktuation und weniger Fehlzeiten durch eine höhere Mitarbeiterzufriedenheit, kann kaum belegt werden. Wie lassen sich resultierende Kostenersparnisse also quantifizieren und zuordnen?

Anhand einer fallspezifischen RoI-Berechnung lassen sich neben den recht einfach operationalisierbaren "Hard Facts" gerade auch die schwer zu isolierenden Wirkungen der "Soft Facts" erfassen. Bei einer europaweiten Portaleinführung in einem Großunternehmen mit 10000 Usern konnte bei konservativer Festlegung der Prämissen einen Return on Investment von 25 Prozent auf die Gesamtprojektkosten von sieben Millionen Euro über die gesamte Betriebsdauer errechnet werden. Berechnungsbasis bildete die Annahme einer vierjährigen Betriebsdauer und einer Realisierung von nur 50 Prozent der angestrebten Kostenreduktionen beziehungsweise Prozessoptimierungen. Legte man die prognostizierten Ziele und Erwartungen der Roadmap zugrunde, so ergab sich ein Return on Investment von über 60 Prozent. Dieser Wert deckt sich auch mit Erfahrungen der Praxis.

Meinungsbildner einbinden

Welche Bedingungen müssen also erfüllt sein, um Enterprise-Portale erfolgreich einzuführen und damit die Investitionen zu rechtfertigen? Die grundlegende Erkenntnis lautet: Nicht die technische Umsetzung der Kundenvorstellungen, sondern vielmehr die Content-Management- und Change-Management-Ebene müssen im Mittelpunkt stehen. Genau die Inhalte, die Mitarbeiter für ihre tägliche Arbeit benötigen, müssen sie in ihrer personalisierten Web-Oberfläche vorfinden. Des Weiteren müssen alle Meinungsbildner im Unternehmen in das Projekt eingebunden werden. Schließlich steht und fällt ein Portalprojekt mit seiner Akzeptanz innerhalb des Unternehmens. Die Kommunikation des Projektnutzens in die Organisation hinein ist deshalb für den Erfolg eines Portals von entscheidender Bedeutung. Dies muss sich auch im Zeit- und Budgetrahmen widerspiegeln.

Weitere Ausbaustufen

Ein Portal als Kommunikations- und Informationsinstrument kann langfristig zur Sicherung der Marktstellung des Unternehmens beitragen. Dabei ist die Nutzung als Kommunikationsplattform nur der erste Schritt. Eine Ausbaustufe bietet sich durch die Integration personalwirtschaftlicher Prozesse wie etwa das Recruitment von Mitarbeitern oder das Reise- und Trainings-Management.

Langfristiges Ziel ist die Erweiterung des internen portalgestützten Informations-Managements zu einer Kollaborationsumgebung. (fn)

*Thomas Rauch ist Senior Manager European Enterprise Portals Team bei Bearingpoint in München.