Kombination von Gradienten- und Monomode-Fasern

TU Berlin bindet Workstations direkt in Glasfaser-Netzwerk ein

17.05.1991

BERLIN (sch) - Im Glasfaser-Bereich ist die Technische Universität Berlin durch die kürzliche Inbetriebnahme ihres Glasfaser-Netzes Tubkom anderen Universitäten schon ein gutes Stück voraus. Das zukunftsweisende Novum: Die Lichtwellenleiter-Verkabelungs ist nicht nur als Backbone konzipiert, sondern reicht bis hin zu den Endgeräten.

Mit Tubkom - die Abkürzung steht für Technische Universität Berlin Kommunikationsnetz - spannen, die TU-Wissenschaftler einen weiten Bogen. Insgesamt sollen 20 Fakultätsgebäude in das neue Breitband-Forschungsnetz mit Lichtwellenleiter-Equipment von AEG Kabel aus Frankfurt eingeklinkt werden - angefangen von mehreren-Instituten für Informatik über die Institute für Schiffs- sowie Meerestechnik und Chemie bis hin zu den entsprechenden Einrichtungen für Bauingenieurmethoden, Kommunikationswissenschaften und die Fernmeldetechnik. Für das mittels Hochschulbauförderungsgesetz finanzierte Projekt stehen 3,6 Millionen Mark als Grundkapital zur Verfügung.

Lösung besitzt Modellcharakter

Das Netz ist sternförmig auf gebaut, kann logisch aber über die Verteiler als Ring, Bus oder als Punkt-zu-Punkt-Verbindung geschaltet werden. Die maximale Tubkom-Ausdehnung beträgt rund 3 x 0,4 Kilometer bei einer Gesamtlänge der verlegten Glasfasern von 250 Kilometern. Als Anschlußeinrichtungen kommen an den Verteilpunkten neben den Glasfaser-Kabelendeinrichtungen in IR-Bauweise Telekom AEG-Systeme in 19-Zoll-Einschubtechnik zum Einsatz.

Wie der Leiter der Tubkom-Geschäftstelle, Michael Wolff, betont, handelt es sich bei dem neuen Netz um eine in Europa bisher einzigartige Lösung, da die in den Verbund integrierten Rechner direkt an die Glaswaren angeschlossen sind und damit die hohen LWL-Geschwindigkeiten am Arbeitsplatz selbst zur Verfügung stehen. Ein Blick an andere Hochschulen zeige, daß dort ausnahmslos Backbone-Netze gefahren werden. Als weiteres besonderes Merkmal nennt Wolff die Kombination von Gradientenfasern mit 50 und 62,5 Mü sowie Monomode-Fasern.

Projekt realisiert ISDN, FDDI und TCP/IP

Auf diese Weise können die Berliner auch im Protokoll-Bereich zweigleisig agieren: Zum einen wird FDDI mit 100 Mbit/s und zum anderen ISDN mit 140 Mbit/s eingesetzt. Als weitere Norm -ist die auf FDDI aufsetzende Norm TCP/IP zu nennen. Im Hinblick auf die Betriebssysteme haben sich die an dem Projekt beteiligten Institute ganz und gar Unix verschrieben. So fiel die Wahl hinsichtlich der Arbeitsstationen auf die Systeme Sun 4/370 und Sun 4/470, Personal Iris von Silicon Graphics, DEC-station 5000 von Digital Equipment und die 700er Generation von Apollo.

Die deutliche Abgrenzung des neuen Forschungsnetzes gegenüber Backbones mag auf eine Abkehr von dieser Technologie an der TU Berlin schließen lassen. Das Gegenteil ist jedoch der Fall: Parallel zu Tubkom wurde das Verbundsystem Wotan (Workstation der TU am Netz) aufgebaut. Wotan soll die Bereitstellung von Rechnerkapazitäten an der Hochschule gewährleisten.

Zur Trennung der beiden Netzwerkbereiche erklärt Wolff. Da die Sicherheit der Versorgung Vorrang hat, sollen die Wissenschaftler nicht in das Backbone-Konzept eingreifen. Es kommt bestimmt keine Begeisterung auf, wenn irgend niemand dieses Netz verändert und daraufhin die halbe Universität nicht mehr an den Großrechner angeschlossen werden kann."

Die zur Hälfte bereits lauffähige und auf Übermittlungsraten von mehr als ein Gibt's zugeschnittene Breitband-Pipeline mit zusätzlichem Anschluß an das Berkom-Netz soll dazu dienen, das Zusammenspiel von Software und Kommunikationstechnik zu koordinieren beziehungsweise auszutesten und spezielle Forschungen, die sich nur auf der Basis von Hochgeschwindigkeitsnetzen realisieren lassen, durchzufahren. Es ist dabei auch geplant, neue Applikationen einzubringen und die Netztechnologie zu verfeinern - so zum Beispiel durch die Entwicklung neuer Protokolle.

Zu den Anwendungen, die in das Tubkom-Projekt einbezogen werden, zählen unter anderem das Tele-Publishing, die Bilddatenverarbeitung in medizinischen Fachgebieten wie Computertomographie sowie Röntgenologie und der Fernunterricht.

Um den Know-how-Transfer zu verbessern, arbeiten die Berliner in Teilgebieten auch mit Experten anderer einnahmen, etwa dem Deutschen Herzzentrum, zusammen.

Einschränkungen bei Farbbild-Übertragung

Angesichts der riesigen Datenmengen, die in Applikationen wie den genannten anfallen, wird man natürlich auch im Rahmen von Tubkom an Grenzen des Machbaren stoßen. Wolff:

"Wenn man sich vorstellt, daß ein Farbbild, wie es heute in der Darstellung auf einer Workstation möglich ist, bei einer Farbtiefe von 24 Bit tausend mal tausend Punkte beinhaltet, dann werden 100 Mbit pro Sekunde schon mit einem Bild belegt. Man kann also pro Sekunde nur ein solches Farbbild über die Leitung schicken".