Großrechner-Dienstleister geht an den Neuen Markt

TTL AG sieht sich durch das Re-Hosting in sicheren Gewässern

16.07.1999
Von Beate Kneuse* FRANKFURT/M. - Mit der Neuemission der TTL Information Technology AG geht es am Neuen Markt neuerdings fürstlich zu. Denn Mehrheitseigner des Münchner IT-Dienstleisters im Großrechner-Umfeld ist auch nach dem Börsengang Albert Fürst von Thurn und Taxis, 16jähriger Sprößling von Gloria von Thurn und Taxis. Daß sich die Investition in das Papier lohnt, davon ist das TTL-Vorstandstrio überzeugt. "Der Main- frame", so Vormann Klaus Schäfer, "kommt eindeutig wieder."

Von der alljährlichen Sommerpause ist am Neuen Markt noch nichts zu spüren. Auch im Juli zieht es wieder zahlreiche Unternehmen auf das glatte Börsenparkett in Frankfurt. Mit von der Partie ist TTL. Eine Million Inhaber-Stückaktien, allesamt aus der jüngsten Kapitalerhöhung, sind den Investoren angeboten worden, dazu ein "Greenshoe" von 150000 Aktien, der von den Altaktionären stammt. Die bestehen neben Fürst Albert aus dem Management, allen voran Vorstandschef Schäfer, Gründer des ersten Vorgängerunternehmens der heutigen TTL. Vom Emissionserlös in Höhe von rund 26 Millionen Euro (zirka 50 Millionen Mark) sehen sie denn auch nur einen Bruchteil. "Wir wollen uns nicht bereichern, sondern dem Unternehmen das nötige Kapital für die geplante Expansion verschaffen", erklärte der TTL-Chef auf einer Pressekonferenz im Vorfeld des Börsengangs.

Die Wachstumsziele sind hoch gesteckt. Bis zum Jahr 2003 sollen sich die Umsätze von TTL verdreifachen. Waren 1998 noch 50,8 Millionen Mark eingenommen worden, stehen für 2003 rund 153 Millionen Mark auf dem Plan. Dies käme einer durchschnittlichen Steigerungsrate von rund 25 Prozent pro Jahr gleich - aus eigener Kraft, wie Schäfer betonte. Ähnlich zulegen soll der Ertrag. Nach 3,6 Millionen Mark 1998 sind für 2003 rund 11,7 Millionen Mark ins Visier genommen, was einem jährlichen Zuwachs von durchschnittlich 27 Prozent entsprechen würde.

Beim Personalzuwachs indes will man sich vornehm zurückhalten. Vielmehr greifen die Münchner bei der Abwicklung von Projekten auf freie Mitarbeiter und/ oder Spezialisten ihrer Servicepartner zurück. Ausgehend von derzeit rund 13 Festangestellten und 18 "Freien" rechnet Schäfer im Jahr 2003 mit einem Pool von zirka 18 Festen und 25 Freien. Außerdem sieht die Strategie von TTL vor, künftig verstärkt auch über Vertriebspartner zu agieren. Ein entsprechender Geschäftsbereich wird gerade aufgebaut und soll in der zweiten Jahreshälfte an den Start gehen. Zwei Vertriebspartnerschaften mit der Nokia-Gesellschaft NK Networks und MIT Technology sind bereits abgeschlossen. Bis zum Jahr 2003 peilt Schäfer mindestens zehn solche Kooperationen an.

Neue feste Mitarbeiter dürften vor allem über Akquisitionen an Bord kommen, für die ein Teil des Erlöses aus dem Börsengang genutzt werden soll. Dabei interessieren sich die Münchner vor allem für Hardware-OEMs, aber auch den Software- und Dienstleistungsbereich. Über die Größe der Kaufkandidaten hält sich Schäfer bedeckt - aber: "Kleinvieh werden wir nicht kaufen." Darüber hinaus will der Börsen-Newcomer künftig auch im Ausland präsent sein. Kurzfristig sollen die Schweiz und Österreich mit eigenen Niederlassungen "erobert" werden, mittelfristig ist zudem an ein Engagement in Frankreich, Großbritannien und Italien gedacht.

So hoch die Wachstumserwartungen sind, so breit gestaltet sich das Tätigkeitsspektrum von TTL. Nachdem man mit der Beschaffung von IBM-Hardware und damit kompatiblen Produkten sowie dem Wiederverkauf gebrauchter Maschinen gestartet war, kamen Anfang der 80er Jahre Leasingaktivitäten, BS2000-Rechner und Unix-Systeme hinzu.

Münchner bieten auch integrierte Lösungen an

Mitte der 90er Jahre erweiterte man das bestehende Portfolio um das gesamte Spektrum des Projekt-Managements und der Systemberatung und nahm auf der Hardwareseite auch noch große NT-Server mit ins Angebot. Gleichzeitig baute TTL aber auch R/3-, Lotus-Notes- sowie Netz-Know-how auf Basis von Novell auf. Internet-Anwendungen stehen mittlerweile ebenfalls auf der To-do-Liste - mit dem Ergebnis: Heute sehen sich die Münchner als herstellerunabhängiger Anbieter von integrierten Gesamtlösungen und Spezialist in Sachen "Projektflexibilität".

In der Großrechnerszene fühlen sich die Münchner indes wohler denn je. "Wir befinden uns mitten in der Phase des Re-Hosting, erklärte Vertriebschef Manfred Knarr. Die Gründe: Die Client-Server-Euphorie der vergangenen Jahre sei aufgrund der versteckten Kosten einer gewissen Ernüchterung gewichen. Darüber hinaus würden viele Unix-Anbieter aus Sicherheitsgründen wieder auf den Host umsteigen. Und die "Krönung" sei schließlich das Internet. "Durch die Internet-Nutzung entstehen enorme Datenmengen. Dies wiederum erfordert sehr leistungsstarke Rechner." Dabei sei die OS/390-Plattform von IBM "die Welt schlechthin". Aber auch von den BS2000-Maschinen von Siemens wollen die Münchner nicht lassen. Konstatiert Knarr: "Natürlich ist BS2000 ein regional beschränkter Markt. Das Geschäft spielt sich weitgehend in Deutschland ab. Aber es gibt doch immer noch Neukunden." Und Vorstandschef Schäfer fügt augenzwinkernd hinzu: "BS2000 wurde immer wieder totgesagt. Doch die Rechner haben bis heute überlebt und werden dies auch weiterhin tun..

TTL Information Technology AG

Zum Kreis der "jugendlichen" Neuemittenten zählt die TTL nicht. Unkt Vorstandschef Schäfer: "Wir sind ein alter Wert am Neuen Markt." Die Wurzeln der Company reichen bis in Jahr 1977 zurück. Damals hob Schäfer die GMS Klaus Schäfer + Partner Gesellschaft für Management Services mbH aus der Taufe. 13 Jahre später verkaufte er die Mehrheit seines Unternehmens an die Fürstenfamilie Thurn und Taxis. Er selbst behielt noch 37 Prozent.

Bis 1997 blieb der Name GMS erhalten, dann erfolgte die Umfirmierung in die TTL Thurn und Taxis Leasing GmbH, die zur gleichen Zeit die TTB Thurn und Taxis GmbH & Co. Verwaltungs KG übernahm. In diesem Jahr schließlich wurde das Unternehmen in TTL Information Technology AG umgewandelt. Gleichwohl baute man im Lauf der 90er Jahre ein komplettes Führungsteam auf. An die Seite von Schäfer gesellten sich mit Klaus Kirchberger und Manfred Knarr ein Finanzexperte und ein Vertriebsprofi. Auch organisatorisch verfügt das Unternehmen durch die Gliederung in die drei Geschäftsbereiche "Direktvertrieb", "Vertriebspartner" sowie "Internationales Brokerage" mittlerweile über eine klare Struktur.

*Beate Kneuse ist freie Journalistin in München.