Zukunft der New Economy/Kommentar

True Economy

13.04.2001
Gerhard Holzwart Redakteur CW

Der Internet-Boom ist zu Ende, die Aktienkurse sind im freien Fall, Gründer und ihre Mitarbeiter stehen auf der Straße - ihres (meist virtuellen) Vermögens und aller Illusionen beraubt. Seit Monaten werden die Auswirkungen des Niedergangs der New Economy je nach Standpunkt und Interessenlage zynisch kommentiert, beklagt oder trotzig beiseite gewischt. In der Tat gibt es viel zu kritisieren - vor allem aber bietet es sich an, den Finger in die Wunde einer Branche zu legen, die vor etwa fünf Jahren aufgebrochen ist, nicht nur das Wirtschaftsleben, sondern die Welt zu revolutionieren.

Noch diskutieren Experten kontrovers darüber, ob der Niedergang der Technologiewerte an den Börsen den Abwärtstrend der gesamten Wirtschaft ausgelöst hat - oder umgekehrt. In jedem Fall sind die Internet-Firmen und die IT-Industrie im Allgemeinen zunächst haftbar zu machen. Wer sich vorschnell als Wachstumslokomotive der Weltkonjunktur feiern lässt, braucht sich bei offenkundigem Misserfolg über das verheerende Echo nicht wundern.

Abgehobenheit, fehlendes Gespür und Bewusstsein für Märkte und Kunden, das ist es, was der New Economy in Wahrheit zu schaffen macht. Gestandenen IT-Firmen wie Cisco, Intel, Hewlett-Packard oder i2 haben darunter zu leiden. Gestern My-Toys, heute vielleicht Amazon.com, morgen eventuell Ariba? Die Revolution frisst ihre Kinder.

Jetzt singt man allerorten das Hohelied der Neubesinnung. Profitabilität, ordentliches Wirtschaften und seriöse Unternehmensentwicklung sind plötzlich wieder en vogue. Vielleicht bald auch wieder moderatere Wachstumsziele. Und die Märkte von morgen? Ein Internet-Shop für Hundefutter war''s wohl nicht. Ein B-to-B-Marktplatz für Sojasprossen ist es auch nicht. Designeranzüge lassen sich ebenfalls nicht vom Web herunterladen - erst recht nicht über mobile Geräte. So gesehen dürfte der New Economy noch ein längerer Reifeprozess bevorstehen - hin zur True Economy.