Wenig Chancen außerhalb von Apple-Umgebungen

Trotz Unix-Basis: Mac OS X eher ein Client-System

06.04.2001
MÜNCHEN (CW) - Apple stellte nun den Nachfolger für sein altgedientes Betriebssystem fertig, der in puncto Stabilität, Multitasking oder Mehrprozessor-Unterstützung heutigen Ansprüchen genügt. Auch wenn "Mac OS X" auf ein Unix-Basissystem aufsetzt, so dürfte es kaum Anwender außerhalb der Mac-Gemeinde ansprechen.

Der als innovativ geltende Hersteller aus Cupertino musste zusehen, wie Microsoft mit Windows 95 in wesentlichen Punkten des Betriebssystem-Designs einen technischen Vorsprung erzielte. Die Gates-Company versah sein OS damals mit Multithreading und preemptivem Multitasking. Zwar ließ der Speicherschutz von Windows 95 einige Wünsche offen, aber anspruchsvolleren Anwendern stand immerhin mit Windows NT eine Alternative zur Verfügung.

Erste Projekte scheitertenBemühungen von Apple, sein "Mac OS" in dieser Hinsicht einer grundlegenden Renovierung zu unterziehen (Projekt "Copland"), scheiterten. Auch Versuche, nach Übernahme der Steve-Jobs-Firma "Next" das Mac OS mit dem Unix-Derivat "Next Step" zu verschmelzen (Codename "Rhapsody"), waren nicht von Erfolg gekrönt.

Andererseits freilich konnte Apple seine Anwender mit den inkrementellen Verbesserungen der letzten Mac-OS-Updates vertrösten, weil das System fast ausschließlich auf dem Client zum Einsatz kommt. Dort sorgen gelegentliche Abstürze oder sich gegenseitig blockierende Programme zwar für den Unmut der Benutzer, aber deren Folgen sind dort nicht so gravierend wie auf dem Server.

Mac OS X basiert auf einem Berkley-Unix (BSD), einem System, das typischerweise auf dem Backend zum Einsatz kommt. Dennoch zielt Apple damit nicht primär auf den Server-Markt, sondern möchte die bekannten Unix-Tugenden vor allem dem Desktop-Anwender zugute kommen lassen. Dieser soll nun vor Systemabstürzen gefeit sein und die Leistung seiner Hardware besser nutzen können.

Das auf einer neuen Architektur beruhende Mac OS X soll Apple nach Aussage von Steve Jobs als Plattform für die nächsten 15 Jahre dienen. Dieser Optimismus mag sich vor allem auf das zeitgemäße Design beziehen. Neben der Kundenzufriedenheit eröffnen die neuen Tugenden Stabilität, preemtives Multitasking und Multithreading der Firma mit dem Apfelsymbol auch anderweitig neue Perspektiven: Sie bilden die Voraussetzung dafür, dass Mac-Rechner nun eine ernst zu nehmende Java-Unterstützung erhalten. Das Mac OS X enthält eine Java Virtual Machine, die mit Java 2, Version 1.3, kompatibel ist. Im Gegensatz zu Windows wird diese schon beim Systemstart aktiviert, wodurch die unangenehmen Verzögerungen beim Start einer Java-Anwendung entfallen. Programmierer können für die Erstellung der grafischen Oberfläche wahlweise auf die Java-eigenen "Swing"-Klassen oder direkt auf das Mac-eigene Framework für native Anwendungen namens "Cocoa" zurückgreifen - ein Konzept, das Microsofts "Jdirect" entspricht und für das die Gates-Company seinerzeit herbe Kritik einstecken musste. Auch in anderer Hinsicht wird Apple geschont, wofür Microsoft unter Beschuss geriet: Bei der Installation von Mac OS X erfolgt gleich eine Registrierung des Benutzers über das Internet. Die Integration eines Unix-Unterbaus stellte die Jobs-Company vor die Aufgabe, die besonders auf Benutzerfreundlichkeit bedachten Mac-Anwender von dem als kompliziert geltenden OS-Veteranen abzuschirmen. Entsprechend gehört zum Lieferumfang von Mac OS X kein X-Window-System, vielmehr umfasst es mit "Aqua" eine eigene grafische Oberfläche, die sich abgesehen von einigen optischen Neuerungen an der Bedienerführung des Mac OS orientiert. Trotz aller Bemühungen, die Unix-Fundamente mit einem hübschen Anstrich zu versehen, werden Anwender früher oder später mit dessen Konzepten konfroniert werden. So haben sie es nun beispielsweise mit einem Multiuser-System zu tun, das benutzerabhängige Zugriffsrechte kennt.

Auf der anderen Seite dürfte das für Mac-Anwender ausgelegte System bei Unix-Administratoren nur auf wenig Gegenliebe stoßen. Die bekommen zwar ihre Kommandozeile inklusive der üblichen Tools, finden sich aber gerade für die Systemkonfiguration in einer ungewohnten Umgebung wieder. Dies allein wäre schon ein Hindernis für Mac OS X, außerhalb von Apple-Umgebungen als Server-System Fuß zu fassen. Aber die Ausstattung des Systems zeigt, dass der Hersteller derartige Ambitionen wohl kaum verfolgt. Der Mac-OS-Nachfolger kann mangels einer Server Message Block (SMB) keine Windows-Clients bedienen, immerhin können Unix-Workstations über das NFS auf Mac-OS-Rechner zugreifen. Standardmäßig wird immerhin ein FTP- und Telnet-Server installiert. Mithin eignet sich das Mac OS X als Server primär für Mac-Arbeitsgruppen, wo es robuste Datei- und Druckdienste anbieten kann.

Für darüber hinausgehende Ansprüche bietet Apple seit rund zwei Jahres den "Mac OS X Server" an, der trotz des gleichen Namens wenig mit dem aktuell freigegebenen System zu tun hat und kaum Verbreitung fand.