Der Lochstreifen entwickelt sich in Marktlücken munter fort:

Trotz guter Alternativen nicht totzukriegen

26.03.1982

Der Lochstreifen ist neben der Lochkarte der älteste unter den austauschbaren Datenträgern. Mit etwa 120 000 Zeichen je Lochstreifenrolle ist seine Kapazität für EDV-Anwendungen jedoch nicht mehr ausreichend. Auch die Datentransferrate von 75 Zeichen pro Sekunde beim Lochen und 250 Zeichen pro Sekunde beim Lesen ist für heutige EDV-Systeme nicht mehr akzeptabel. Trotzdem ist das immer wieder vorausgesagte "baldige Ende" des Lochstreifens nicht abzusehen. Im Gegenteil: Durch neue Anwendungen wie bei Werkzeugmaschinensteuerungen ist er aktuell wie eh und jeh aufgrund seiner Robustheit und der absoluten Störstrahlenresistenz des Papiers, ein Vorteil, den magnetische Speicher nicht bieten.

Für diese Anwendungen gibt es robuste und bewährte Lochstreifenlese- und -stanzgeräte, die mit den oft rauhen Umweltbedingungen besser fertig werden als die konkurierenden Systeme mit Magnetband beziehungsweise -platte.

Die Zuverlässigkeit der Lochstreifentechnik beruht hier aber auch auf den relativ- geringen zu verarbeitenden Datenmengen. Bei größeren Informationsmengen macht sich die Fehlerrate insbesondere durch die schlechte Handbarkeit umfangreicher Lochstreifenrollen störend bemerkbar.

Ähnliches gilt für den Einsatz in Datenerfassungsgeräten. Solange sich der Datenanfall in Grenzen hält, kann der Lochstreifen noch sinnvoll eingesetzt werden.

Die zunehmenden Ansprüche an periphere Einheiten der Datenverarbeitung lassen jedoch bei Lochstreifenlesern und -stanzern die Grenzen dieser Technik zutage treten. Die Datentransferraten für Lesen und Stanzen, Datenkapazität, Geräuschentwicklung, Wartungsintervalle, Bauvolumen und Leistungsaufnahme entsprechen in vielen Fällen nicht mehr den gestiegenen Anforderungen. Dazu kommt das Problem der Aufbewahrung der sehr voluminösen Lochstreifenrollen.

Hier setzt der Trend zum Einsatz magnetischer Datenträger ein, wobei die Wiederverwendbarkeit des Magnetschichtdatenträgers einen weiteren Vorteil bietet.

Mit Fehlern muß gerechnet werden

Als Lochstreifen-Alternative auf Magnetbasis bieten sich die Magnetbandkassetten im Musikkassetten-Format mit 1/8-Zoll-Band, die Datenkassetten mit ?-Zoll-Band, die Floppy-Disk-Magnetscheiben mit 8-Zoll- beziehungsweise 5? -MB-Zoll-Durchmesser und neuerdings auch das IBM-kompatible ?-Zoll-EDV-Magnetband an.

Die Digital-Magnetband-Kassette nach ECMA 34-Norm, eine leicht abgewandelte Musikkassette, eröffnete die Schlacht gegen den Lochstreifen. Beide Seiten der Kassette können mit einer Aufzeichnungsdichte von 31,5 Bit pro Zentimeter nach dem Phase-Encoded-Verfahren beschrieben werden. Bei 256 Zeichen Blocklänge werden 258 000 Zeichen je Kassettenseite aufgezeichnet.

Bei einer Geschwindigkeit von 19 Zentimeter pro Sekunde ergibt sich eine Transferrate von 6000 Bit pro Sekunde; Fehlerrate etwa 1-10 Wegen Fehlern in der Magnetschicht - Drop-outs - muß bei allen magnetischen Datenträgern mit Aufzeichnungsfehlern gerechnet werden. Deshalb müssen grundsätzlich Fehlererkennungs- und Korrekturmöglichkeiten vorgesehen werden.

Dies geschieht durch Kontrollesen (Read after write) mit Prüfung von Kontrollzeichen. Im Fehlerfalle muß der entsprechende Block gelöscht und an anderer Stelle neu geschrieben werden.

Die ECMA-Kassette ist ein preiswertes Speichermedium. Die Kassettengeräte selbst sind kostengünstig, kompakt und mit geringer Leistungsaufnahme ausführbar.

Trotzdem hat sie sich als EDV-Ein/ Ausgabemedium nicht durchgesetzt - eher für Personal Computer oder zur Datenerfassung für MDT-Anlagen. Hier wurden mehrere systemspezifische Hausnormen kreiert, was den Durchbruch zum genormten Datenaustauschmedium verhinderte.

Zur Weiterverarbeitung von Kassettendaten im Rechenzentrum müssen diese zunächst auf EDV-kompatible Datenträger umgesetzt oder über Kassettengeräte mit speziellem Rechnerinterface eingelesen werden.

Ein weiteres Lochstreifen-Konkurrenz-Medium ist die ?-Zoll-Magnetband-Kassette, speziell als Datenträger entwickelt und deshalb nicht ganz so kostengünstig wie die Musikkassette. Dafür kann sie mit besonderen Aufzeichnungsverfahren bis zu 75 MB je Kassette aufnehmen und ist damit besonders geeignet zur Datensicherung von Magnetplatten. Für den Datenaustausch mit EDV-Systemen gilt dasselbe wie für die Musikkassetten: fehlende einheitliche Normung und deshalb fehlende EDV-Peripherie.

Floppy-Disk-Geräte mit 8-Zoll- oder 5?-Zoll-Disketten sind ebenso geeignet, den Lochstreifen in verschiedenen Anwendungen zu ersetzen. Kapazitäten von 100 KB bis mehr als 1 MB je Diskette bei außerordentlicher Handlichkeit machen sie zum idealen Datenträger. Vor allem in Kleincomputersystemen und MDT-Anlagen hat sich die Diskette als Speichermedium bewährt und durchgesetzt.

Allerdings gilt für den Datenaustausch ähnliches wie für die MB-Kassetten: Mangelnde einheitliche Normung und viele Haus-Spezifikationen verhindern den unkomplizierten Datenaustausch über Disketten.

Das in der EDV bewährte und für den Datenaustausch geeignete ?-Zoll-Computerband konnte bisher aufgrund des großen Geräteaufwandes mit Lochstreifensystemen nicht konkurrieren oder diese ergänzen.

Die Entwicklung kompakter ?-Zoll-Magnetbandgeräte mit eigenem Bandbetriebssystem und universellen Standardschnittstellen (wie die Kompaktmagnetbandstation MiniMAG 538 von EDS Systemtechnik) bietet nun eine interessante Alternative zum Lochstreifen: Die handlichen 7-Zoll-Spulen nehmen genormt mit 1600 bpi PE 10 Millionen Byte auf und sind voll kompatibel zur EDV-Standardperipherie, außerdem ideal archivierbar.

Zusammenfassend ist festzustellen, daß der Lochstreifen in weiten Bereichen der Datenerfassung und Geräte- beziehungsweise Maschinensteuerung weiterhin wichtiger und richtiger Datenträger sein wird In vielen Anwendungsfällen wird er allerdings mehr und mehr durch Magnetbandkassette und Diskette verdrängt.

Klaus Specker, in der Geschäftsführung der EDS-Systemtechnik, Aachen