Trotz Erfolgen in der Mikro-Szene weiter Probleme mit Portabilität und Performance:4GL-Sprachen können Cobol noch nicht verdrängen

04.04.1986

FRAMINGHAM (CWN) - Drastische Veränderungen zeichnen sich für das Geschäft mit den Sprachen der vierten Generation ab: Insider rechnen damit, daß es demnächst Versionen für den Einsatz auf Personal Computern geben wird, die den Anforderungen der Praxis genügen. Außerdem ist bereits von "Hybrid-4GLs" die Rede, die eine Kombination aus 4GL- und Cobol-Features in sich vereinen.

Der Vorteil eines 4GL-Produkts auf PC-Basis erscheint den meisten amerikanischen Benutzern offenkundig: Ein Mainframe ist ihrer Ansicht nach eine viel zu teure Investition, um sie zum "maschinellen Codierknecht" zu degradieren. Deshalb ziehen die Kunden es im allgemeinen vor, ihre Software offline auf einem Mikrocomputer zu entwickeln und erst das fertige Programm auf den Großrechner zu transferieren. Kommentiert Damian Rinaldi, Marktforscher bei der International Data Corp. (IDC), Framingham "Der Weg der 4GL-Tools ist vorgezeichnet. Sie werden ihren Weg in die PC-Umgebung immer entschiedener beschreiten."

Vorreiter der 4GLs für Mikros sind in den USA vor allem "PC/Focus" von Information Builders Inc., "PC-Info" von Henco Software Inc. und die PC-Version von "Ideal", die der Entwickler, Applied Data Research, noch in diesem Jahr vorstellen will.

Diese Anfangserfolge sind allerdings kein Zeichen dafür, daß die Auseinandersetzung mit Cobol bereits vorbei wäre. Denn bisher lassen F die 4GLs auf PC-Basis eine Reihe von Userwünschen bezüglich Portabilität, Verarbeitungsgeschwindigkeit

und Einsatzmöglichkeiten außerhalb der Reporterstellung offen.

Nach Ansicht vieler Experten in den USA lautet die Lösung dieses Problems deshalb, die Sprachen der dritten Generation so anzupassen, daß sie sich zur Programmentwicklung eignen. Ökonomische Relevanz bekommt diese Möglichkeit dadurch, daß sich vielleicht auf diese Art der vergleichsweise teure Cobol-Programmierer durch maschinelle Mittel ersetzen läßt: Ein gut konzipiertes 4GL-Tool, so die Meinung der Befürworter, versetze auch einen ungeübten Enduser in die Lage, qualitativ hochwertige Mainframe-Software zu erstellen.

Die derart "entwickelten" Programme weisen allerdings massive Einschränkungen auf. Der Mangel an Performance macht sie für die Massendatenverarbeitung nahezu unbrauchbar. Außerdem kann der Overhead so groß werden, daß das System vollauf damit beschäftigt ist, sich selbst zu verwalten.

Als weitere kritische Punkte wird das Fehlen von guten Debugging-Tools bemängelt sowie die Portabilität. Der ärgste Stolperstein allerdings wird meist totgeschwiegen: Kaum ein 4GL-Produkt bietet Unterstützung für den Umgang mit bereits vorhandenen Cobol-Programmen, die gewartet und aktualisiert werden müssen. Daß die Tage der Sprachen der dritten Generation bereits heute schon gezählt seien, wollen deshalb die amerikanischen Branchenkenner nicht bestätigen.

Die Situation könnte sich allerdings ändern, wenn demnächst ein neuer Softwaretyp den Praxistest besteht: die "Hybrid-4GLs". Diese Produkte sollen, wenn sie verfügbar sind, über die nichtprozeduralen Fähigkeiten der 4GLs verfügen, aber gleichzeitig auch die Portabilität und Verarbeitungsgeschwindigkeit von Cobol in sich vereinen.