Trotz Angst vor Computerstaat und Arbeitsplatzvernichtung:Industrienationen sagen Ja zum Mikrocomputer

27.09.1985

FRANKFURT/M. (CW) - Jeder spricht von ihm, viele fühlen sich indes schlecht informiert: Das Bild des Mikrocomputers in den westlichen Industrienationen weist unterschiedliche, teilweise auch widersprüchliche Züge auf. Eine Studie über den Kleinstrechner, erstellt im Auftrag der Messe Frankfurt GmbH, ergab ferner: Männlich, unter 50 Jahre alt und mit höherem Einkommen versehen - das ist der Computertyp.

In den kommenden zwölf Monate planen sechs Prozent aller Bundesbürger, sich einen Mikro für den Arbeitsplatz zu kaufen, so die Messe-Untersuchung. An zweiter Stelle in Europa folgt die Schweiz, danach Frankreich und Großbritannien, besagen die Ergebnisse der Umfrage, die das Emnid-Institut in Bielefeld aus Anlaß der Messe "Micro-Computer '86" vom 29. Januar bis 2. Februar 1986, Frankfurt/M, in sechs Industriestaaten durchführte. Die Spitze, was die geplanten Mikrocomputer-Anschaffungen bis Mitte 1986 angeht, halten allerdings mit zehn Prozent die USA.

Die Befragten benoteten ihren Informationsstand zum Thema Mikrocomputer mit "nicht ausreichend" bis "mangelhaft". Die Antworten kamen aus den USA, Japan, der Bundesrepublik, Großbritannien, Frankreich und der Schweiz Am besten schneiden die USA, die Schweiz und die Bundesrepublik ab. Am schlechtesten informiert fühlen sich die Briten. Ein Emnid-Ergebnis über Informationsgewohnheiten ist, daß Fachmessen neben Massenmedien und dem Computer-Fachhandel als Informationsquelle von den Mikro-Interessenten geschätzt werden.

Die Zahlen: 15 Prozent aller Schweizer und 13 von hundert Bundesbürgern bevorzugen Fachmessen; Aussteller werden als Informationsquelle in der Schweiz von 16 Prozent und in der Bundesrepublik von zwölf Prozent genannt.

Massenmedien finden in Frankreich von mehr als drei Vierteln vor den USA, der Bundesrepublik und der Schweiz sowie Japan und Großbritannien Zuspruch.

In den sechs untersuchten Ländern konnte das Marktforschungsinstitut ganz allgemein die Überzeugung feststellen, daß Handel und Industrie wegen der Wettbewerbsfähigkeit den Einsatz des Kleinstrechners verlangen. Mit 77 Prozent befürworten Briten und Schweizer den kommerziellen PC-Einsatz. Es folgen Frankreich und die Bundesrepublik mit etwa 70 Prozentpunkten, die USA weist 57 Anteile auf und Japan lediglich 44 vom Hundert.

Mit dieser Aussage der Untersuchung korrespondiert auch, daß in Japan die stärksten Vorbehalte gegenüber Mikrocomputern herrschen. Die Einstellung in den USA und Großbritannien ist wiederum weitaus positiver als in der Bundesrepublik, Frankreich und der Schweiz. Kleinstrechnertechnik verbinden Europäer häufig mit dem technischen Fortschritt, in den USA und Japan dagegen wird besonders auf Arbeitsplatzerleichterungen hingewiesen.

Die Schattenseiten der Automatisierung - Probleme wie Arbeitsplatzvernichtung respektive Arbeitslosigkeit - zeitigen speziell in der Bundesrepublik große Vorbehalte gegen den Mikrocomputer, gefolgt von Frankreich und der Schweiz, so das Emnid-Institut.

Vor einer "Computergesellschaft" mit negativen Folgen herrscht in Frankreich die größte Angst. In der Bundesrepublik halten sich die Bedenken wegen einer derartigen Entwicklung die Waage.

Die Amerikaner besitzen die größte Erfahrung mit Mikros am Arbeitsplatz. Platz zwei belegen hier die Schweizer, danach erst folgen Briten, Japaner und Franzosen. Die Bundesrepublik findet sich, was die Praxis anbelangt, in sechster Position.

Großbritannien führt mit dem Rechner "für zu Hause" vor den USA und Japan. Die Bundesrepublik steht an vierter Stelle hinter der Schweiz. In allen sechs Industrieländern besteht nach den Ergebnissen der Bielefelder die Ansicht, daß der Mikro zur Ausbildung in der Schule dazugehört.

Konsens: Mikros gehören zur Schulausbildung

Am stärksten fordert Großbritannien mit rund 80 Prozent den Mikro-Einsatz im Bildungswesen, gefolgt von den USA mit 70 vom Hundert und Frankreich mit 65 Punkten. Auf der fünften Stelle findet sich die Bundesrepublik mit 56 Prozent. Damit stimmt die Aussage überein, daß die Mikroelektronik noch nicht in ausreichendem Maß in den Schulen eingesetzt werde. In der Alten wie auch Neuen Welt und in Fernost, bemerkt Emnid, wird ein Nachholbedarf festgestellt.

Auf die Ansicht, daß der Umgang mit dem Mikro logisches Denken in größerem Maß unterstütze als die Kreativität, trafen die Meinungsforscher besonders in der Bundesrepublik, in Frankreich, Großbritannien und in der Schweiz. Die Bundesbürger bejahen zu 40 Prozent die Förderung logischen Denkens, 27 Prozent die der Kreativität, dagegen nur elf Japaner von Hundert.

Vor allem berufstätige Männer bis 49 Jahren mit besserer Ausbildung und höherem Einkommen als andere Bevölkerungsgruppen stehen in den betrachteten Ländern positiv zum Mikrocomputer. Sie weisen auch die größten Erfahrungen mit dem Rechnerwerkzeug auf. Gleichzeitig nutzen sie eine größere Anzahl von Informationsquellen und stufen ihren Informationsstandard höher ein.

Zur Methode der Untersuchung in Deutschland schreibt Emnid: Die gesamte Stichprobe umfaßte 2000 Personen, repräsentativ für die Bevölkerung der Bundesrepublik Deutschland. Aus diesen 2000 Personen wurden die 20- bis 49jährigen für die Auswertung der vorliegenden Fragen herausgezogen. In die Auswertung kamen somit Interviews bei 979 Befragten. Die Ergebnisse sind für 20- bis 49jährige repräsentativ und hochrechenbar.