Im Wettlauf um High-Tech hinkt Europa im Halbleiterbereich weiter hinterher:

Trotz 4-Megabit-Premiere bleibt Japan vorn

27.03.1987

MÜNCHEN (CW) - Erste Labormuster eines integrierten Halbleiter-Bausteins, mit mehr als vier Megabit präsentierten Bundesforschungsminister Heinz Riesenhuber und Vertreter der an der Entwicklung beteiligten Unternehmen Siemens und Philips in der vergangenen Woche der Öffentlichkeit.

Auch wenn die Tagespresse Siemens als Produzent von Chip-Wundern feiert - das Unternehmen selber sieht sich in erster Linie immer noch als Systemhaus. "Der kleinste Teil am Umsatz unseres Hauses wird mit Bauelementen gemacht", erklärt Hartmut Runge, Fachreferent für Forschung und Entwicklung bei der Münchener Siemens AG.

Dennoch: Alle Beteiligten zeigen Stolz über die Erfolge in der Aufholjagd gegenüber der der amerikanischen und japanischen Konkurrenz. "Wenn man etwas hat, mit dem man mal winken kann, dann soll man es auch tun. Zumal, wenn sich die Japaner bei ihren Ankündigungen bis zu den Zehennägeln aus dem Fenster lehnen", so Runge zu dem Pressewirbel um den 4-Megabit-Chip.

Froh darüber, daß die bei Siemens investierten 240 Millionen Mark richtig angelegt waren, preist Riesenhuber die Fertigstellung des ersten deutschen 4-Megabit-Chips als "Ausdruck der Leistungskraft deutscher Halbleiterhersteller". Ende 1989 soll der Super-Chip dann in Serie gehen.

Der Wettlauf um die Chips mit den meisten Bits hat aber noch kein Ende. In Japan kündigt NTT derweil bereits den ersten 16-Megabit-Chip an.

Die Gesamtkosten des europäischen Projektes, an dem auch die niederländische NV Philips Gloelampenfabrik beteiligt ist, belaufen sich laut VWD auf drei Milliarden Mark. Die Bundesregierung und die Regierung in den Haag unterstützen die beiden Konzerne mit bis zu 40 Prozent Forschungs- und Entwicklungskosten. Bonn zahlt an die Philips-Tochter Valvo rund 77 Millionen Mark, die Regierung in Den Haag stellt dem Unternehmen weitere 160 Millionen Mark zur Verfügung.

Zumindest bei der Entwicklung des 1-Megabit-Chips, dessen Produktion bereits in Regensburg angelaufen ist, profitierte Siemens noch vom technologischen Know-how des japanischen Unternehmens Toshiba. In dem Joint-venture lieferte das deutsche Unternehmen dann Chip-Design nach Japan.

Einsatzmöglichkeiten für den 4-Megabit-Chips sieht Runge unter anderem in der Textverarbeitung über Spracheingabe und bei großen Telefonanlagen. Die Entwicklungarbeiten für den 4-Megabit-Chip seien zugleich Technologiegrundlage hochkomplexer CMOS-Logikschaltungen für Kommunikations- und Automatisierungssysteme der nächsten Dekade.