EDV-Entwicklungshilfe für Kenia:

Tropisches Brainstorming der Bildungsexperten

18.04.1980

NAIROBI (bi) - Nur scheinbar extravagant mutet der ostafrikanische Treffpunkt einiger EDV-Ausbildungsexperten an, die sich kürzlich in der Hauptstadt des Entwicklungslandes Kenia, in Nairobi, zusammenfanden. Um fachlich verbrämten Tourismus handelte es sich nicht! Die Deutsche Botschaft und die Carl Duisburg-Gesellschaft e. V. hatten das tropische Brainstorming vorbereitet. Ziel des exotischen Unternehmens war, entwicklungslandspezifische Lehrmethoden und -inhalte zu artikulieren, wenn nicht zu definieren. Klaus Jamin, Dozent an der Fachhochschule München, war für die COMPUTERWOCHE mit dabei.

Kenia ist ein in technologischer Hinsicht für Ostafrika relativ hoch entwickeltes Land. Deshalb hat man ihm eine entsprechende Führungsrolle in vielen Ländern Afrikas zugebilligt, und seine Stellung ist in bestimmten Bereichen fast mit der Stellung der USA den europäischen Ländern gegenüber zu vergleichen.

Allerdings ist die Anzahl der bereits eingesetzten EDV-Systeme überschaubar. So sind insgesamt zirka 18 Systeme von IBM, zwölf von NCR, zwei von Burroughs, eines von Fujitsu, drei von Comp. Rite, 25 von ICL, 30 von Wang und vereinzelte von anderen Herstellern im November 1979 gezählt worden. Damit aber beginnen bereits die Probleme.

Allein das Ministerium benötigt 90 EDV-Fachleute vom Operator bis zum EDV-Organisator, bei Privatunternehmen sieht es gleichermaßen schlecht aus. Man kann davon ausgehen, daß landesweit die Zahl der EDV-Fachleute verdoppelt werden müßte.

Hier setzte das Experten-Treffen ein. Mit Hilfe einer Präferenzliste werden die zur Schulung anstehenden Themen zusammengestellt und systematisiert. Anschließend wurde nach einem Bewertungsverfahren die aktuelle Situation im Ausbildungsbereich mit Hilfe der eingeladenen Sachverständigen aus Wirtschaft, Verwaltung und Ministerien festgestellt. Unabhängig von den in Deutschland üblichen Seminaren und Kursen für Programmierer, Systemanalytiker und EDV-Leiter hält man speziell solche Veranstaltungen für wünschenswert, die eine Multiplikatorwirkung haben können. Es handelt sich also um "Ausbildung der Ausbilder", ein Bereich, der auch in Deutschland mehr und mehr an Bedeutung gewinnt. Hier war man sich einig, daß bereits im Jahre 1981 mit einer intensiveren Schulung angesetzt werden muß.

Hier zu helfen erklärte sich der Vertreter der Carl Duisburg-Gesellschaft grundsätzlich bereit, vor allen Dingen im Hinblick auf den entwicklungspolitischen Stellenwert. Deutlich kam nämlich bei den Diskussionen zum Ausdruck, daß eine Entwicklungshilfe-Politik, die nur die Grundbedürfnisse eines Landes berücksichtigt, die technologische Fortentwicklung eines Landes nicht nur bremst, sondern sogar verhindert. Es war den Experten zwar klar, daß landwirtschaftliche Entwicklungshilfeprojekte von außerordentlicher Bedeutung sind, jedoch müsse ein Entwicklungsland auch darauf bedacht sein, den Anschluß an die moderne Technik nicht vollständig zu verlieren.

Mit der Forderung an die Bundesregierung, hier Ausbildungsaktivitäten auch im Bereich der Datenverarbeitung stärker zu fördern, trennte man sich.

Kontaktadresse für Interessenten, die im Rahmen dieser Projekte an der Universität Nairobi als Dozenten im Bereich der Systemanalyse und DV-Organisation mitarbeiten möchten: IMTC, 8000 München 19, Leonrodstr. 56.