"Trockene" Online-Systeme machen COM zu "normalem" DV-Output- Medium

18.04.1980

Mit Roland Meder, Leiter Verkauf Mikrofilm Computer Peripherie (MCP) von Kodak, Stuttgart, sprach CW-Mitarbeiter Ulf Bauernfeind

- Herr Meder, die euphorischen Absatzerwartungen für COM-Geräte haben sich nicht erfüllt. Derzeit praktizieren nur ein bis zwei Prozent der Benutzer von Großanlagen Computer-Output on Mikrofilm. Wo liegen die Gründe für die große Diskrepanz zwischen theoretischem Marktpotential und tatsächlich eingesetzten COM-Anlagen?

Drei Hauptgründe sind für die bisher niedrige Akzeptanz der DV-Ausgabe auf COM verantwortlich. An erster Stelle ist die fotografische Technologie herkömmlicher COM-Systeme zu nennen. Sie arbeiten mit naß zu entwickelnden Filmen, die ein dem Bedienungsstandard der übrigen DV-Outputmedien nicht entsprechendes Handling erfordern. Operator-Maintenance wie der Chemikalien-Austausch, das Warten auf die richtige Temperatur und das Reinigen der Entwicklertanks reduzieren die Verfügbarkeit solcher COM-Anlagen unter die sonst DV-üblichen Werte.

Hauptgrund Nummer zwei: Herkömmliche COM-Systeme arbeiten offline. Der Trend geht jedoch zur automatisierten DV, zum "selbststeuernden" DV-Operating.

Last not least: Der Rückgriff auf den mikroverfilmten Computer-Output ist mit den bis heute üblichen Methoden umständlich und zeitaufwendig.

- Sind die aufgezählten Nachteile des COM systemimmanent?

Keinesfalls. Kodak hat eine zweite Generation von COM-Systemen entwickelt, durch die die bisherigen Hemmnisse für den COM-Einsatz weitgehend eliminiert werden. Sie arbeiten, trocken", also -ohne Chemikalien und online.

- Sie meinen den Kodak "Komstar". Inwiefern unterscheidet er sich von herkömmlichen COM-Systemen?

Der Komstar zeichnet mit Laserstrahl auf einen Film auf, der "trocken" entwickelt wird. Das System kann online an jeden Kanal der EDV-Anlage wie ein herkömmlicher Drucker angeschlossen werden. Im Handling unterscheidet es sich grundsätzlich nicht von anderen Output-Medien. Damit sind die technischen Voraussetzungen dafür geschaffen, daß die COM-Anlagen tatsächlich in die DV-Organisation integriert werden können.

- Der Laser ist nicht problemlos zu handhaben. Warum Laserstrahl und nicht Kathodenstrahlröhre?

Der Laser ist keineswegs kompliziert oder gar gefährlich in der Handhabung. Wenn ich die Möglichkeiten des Lasers in Verbindung mit entsprechenden Aufzeichnungsmaterialien betrachte, ist für mich die Kathodenstrahlröhre - sie altert der Laser nicht - eine überholte Technologie. Unser Laserstrahl ist über spezielle Filter stark abgeschwächt. Der Laser schaltet sich bei unbefugten Eingriffen ab. Außerdem erfüllen unsere Anlagen die einschlägigen Maschinenschutz-beziehungsweise VDE-Bestimmungen.

- Dem Trockenfilm werden gewichtige Nachteile nachgesagt. Wie sieht es mit der Lagerfähigkeit aus?

Der Komstar-Originalfilm ist vor der Verarbeitung bei einer Lagertemperatur von 21 Grad mindestens zwölf Monate haltbar, bei niedrigeren Temperaturen länger. Nach unseren Erfahrungen legen sich die Anwender einen Vorrat zu, der in spätestens sechs Monaten verbraucht ist. Hier sei der Hinweis erlaubt, daß auch "naß" zu entwickelnde COM-Filme unter bestimmten Lagerbedingungen aufbewahrt werden müssen und nicht unbegrenzt haltbar sind.

- Ist es richtig, daß der Trocken-Silber-Film langsamer zu verfilmen und "träger" zu duplizieren ist als "nasse " Filme?

Wir haben eine reduzierte Verarbeitungsgeschwindigkeit bewußt in Kauf genommen, um über einen besonders niedrigempfindlichen Film eine extrem hohe Auflösung von 1000 Linien/mm zu erreichen. Durch die im Vergleich zu Konventionellen Filmen höhere Hinter grunddichte - sie hat auf die gute Lesequalität keinen Einfluß - erhöhen sich die Duplizierzeiten, aber sie verdoppeln sich nicht. Auch muß man beim chemischen Entwickeln die totale Performance zählen, also auch die Operatormaintenance, die Vorheizzeit und den Chemikalienwechsel. Außerdem spielen bei 90 Prozent aller Anwendungen die Verfilmungs- und Dupliziergeschwindigkeiten keine entscheidende Rolle, wie wir in der Praxis feststellten.

- Ist der Trocken-Silber-Film weniger kratztest als der konventionelle Chemikalienfilm?

Ich würde sagen, er ist empfindlicher gegen, unsachgemäße Handhabung. Deshalb empfehlen wir unseren Kunden, den Originalfilm nicht als Arbeitsfilm zu verwenden. Dies sollte schon allein aus Gründen der Datensicherheit auch bei "nassen" Filmen so gehandhabt werden.

- Als schwerstes Geschütz gegen den "trockenen" Film wird häufig das Argument der fehlenden Archivqualität ins Feld geführt. Ist dies richtig?

Nein: Wir sichern eine Haltbarkeit des Trocken-Silber-Films für mindestens 30 Jahre zu, wenn der Film bei 21 Grad oder weniger und bei 50 Prozent relativer Luftfeuchtigkeit oder weniger im Dunkeln gelagert wird, das heißt, unser Trocken-Silber-Film entspricht den Bestimmungen des ° 147 der AO, er hat Archivqualität. In der Praxis werden bei Kunden bereits Daten, die der gesetzlichen Aufbewahrungspflicht unterliegen, auf dem Komstarfilm aufbewahrt. Kodak arbeitet außerdem daran, daß sich die Haltbarkeit in absehbarer Zeit noch beträchtlich erhöhen wird.

- Kommen wir zum Online-Aspekt. Ist das hier wegfallende Magnetbandhandling der Hauptvorteil?

Nein, ganz und gar nicht. Online-Systeme eröffnen dem COM völlig neue Einsatzgebiete in der DV-internen Verwaltung. Bei den schon realisierten Installationen wird da manchmal eine Größenordnung von bis zu dreißig Prozent erreicht. Auf COM können online auch solche Dinge wie Job Control-Nachrichten, Systemgenerierungen, Compilierungslisten und Systemauswertungen für die Kostenverrechnung ausgegeben werden.

- Für welche Computersysteme haben Sie Schnittstellen realisiert?

Für alle IBM-Systeme/370, 4300 und 303X, Amdahl alle Modelle, Itel AS4, AS5.

- Wie sieht es mit Systemen anderer Hersteller aus?

Vorerst Fehlanzeige. Wir haben uns für den Anfang auf IBM konzentriert, zumal der Marktführer in relevanter Größenordnung einen überdurchschnittlich großen Marktanteil hat.

- Sind Online-Systeme, die zudem " trocken " arbeiten, teurer, als herkömmliche Anlagen ?

Nein, sie bewegen sich etwa im gleichen Preisrahmen, nämlich von 200 000 bis 260 000 Mark.

- Wo liegt die Kosten-/Nutzenschwelle?

Aufgrund der rapide gesunkenen Preise der COM-Service-Unternehmen bei etwa 300 000 monatlich zu verfilmenden Seiten.

- Bringt die neue Technologie auch eine neue Verkaufsphilosophie?

Ja. Wir wenden uns in erster Linie an das DV-Management, weniger an die Mikrofilmstelle.

- Wieviele COM-Anlagen kann der Markt in den nächsten Jahren aufnehmen?

Heute gibt es zwischen 1000 und 1500 EDV-Anwendungen in COM relevanter Größe. Ich rechne damit, daß in etwa die Hälfte für COM-Eigeninstallationen realisierbar sein werden.

- Wieviele werden davon Komstar-Anlagen sein?

Wir reden grundsätzlich nicht über Marktanteile. Nur soviel, wir erwarten überdurchschnittliche Zuwachsraten.

- Wieviele Anlagen haben Sie schon verkauft?

Acht, davon sind sechs bereits installiert. Drei arbeiten online, eine vierte kommt hinzu. Alle reden jetzt von Online-Systemen, doch meines Wissens sind wir die einzigen, die schon solche Anwendungen laufen haben, mit einem Produkt, das erst seit rund zwölf Monaten dem bundesdeutschen Markt ist.

- Wie geht es weiter mit COM?

Die Absatzzahlen werden nicht sprunghaft, aber schneller als bisher steigen. Ich bin davon überzeugt, daß auf Dauer "trockene" Verfahren die größere Chance haben. Gerade die Lasertechnologie bietet meines Erachtens die Voraussetzung für den Einsatz neuer, heute noch nicht bekannter Datenträger beziehungsweise Aufzeichnungsmedien. Online-Kompaktsysteme wie der Komstar werden wie ich glaube zeigen, wo es lang gehen wird.