Online-Lernmarkt bei BMW

Training: Mitarbeiter stellen ihr Programm selbst zusammen

03.03.2000
Das Leistungszentrum Training der BMW AG bietet für seine Mitarbeiter ein umfangreiches Bildungsangebot via Intranet. Dazu gehört auch der "Online-Lernmarkt". Hierüber vermarktet der bayerische Automobilbauer Bildungsleistungen wie Online-Seminare. Aber auch Bildungsmaterialien werden über das Netz distribuiert.Von Wilfred Lindo*

Heute muss jeder Mitarbeiter immer größere Informationsmengen an seinem Arbeitsplatz bewältigen, was natürlich auch mit einem steigenden Know-how-Bedarf gekoppelt ist. Auf Basis dieser Erkenntnis starteten die Leistungszentren Training der BMW AG das Management-System "Online-Lernmarkt". Es soll ein wirksames Instrument sein, um kurzfristig und flexibel auf den Bedarf der Mitarbeiter zu reagieren. Es umfasst Trainingsinhalte und -angebote des Unternehmens.

Der Mitarbeiter kann im System Lernmedien bestellen oder online in ein Lernprogramm einsteigen. Das Unternehmen erfasst die anfallenden Kosten, die an ein Kostenrechnungssystem weitergeleitet werden. Dabei erfolgt die monatliche Abrechnung personen- und inhaltsabhängig. So kann BMW konzernweit die anfallenden Aufwendungen jeder Kostenstelle zuordnen.

Die Weiterbildung der BMW-Mitarbeiter steht unter dem Leitgedanken der Eigenverantwortlichkeit. Jeder Mitarbeiter hat Zugriff auf alle Angebote des Online-Lernmarktes.

So unterstreicht Michael Albrecht, Leiter des Leistungszentrums München, diesen Ansatz: "Wir wollen unsere Mitarbeiter nicht beschränken, jeder ist für seine Ausbildung selbst verantwortlich. Zudem sparen wir damit viel Aufwand durch den Wegfall von administrativen Aufgaben".

Dabei gibt es keine einheitliche Vorgehensweise bei der Anwendung des Online-Lernmarktes. So lassen sich bestimmte Lerninhalte vor- beziehungsweise nachbereiten. Jeder Mitarbeiter ist in der Lage, sein eigenes Trainingsprogramm zusammenzustellen. Dabei liegt das Augenmerk besonders bei den Online-Angeboten. Zwar lassen sich auch traditionelle Aus- und Weiterbildungsangebote über das System verwalten, doch mittelfristig will BMW einen großen Teil seines Lernangebotes online allen Mitarbeitern zur Verfügung stellen.

Dies unterstreicht Albrecht: "Das Online-Seminar muss zur gleichwertigen Ausbildungsmaßnahme werden. Dabei steht nicht unbedingt die technische Realisierbarkeit im Mittelpunkt, sondern wir legen ein Hauptaugenmerk auf die Akzeptanz der neuen Methoden durch Mitarbeiter und Führungskräfte".

Zielgruppe seien zunächst die Mitarbeiter der deutschen Standorte. Doch im Rahmen der Globalisierung könne eine Ausweitung auf die gesamte, weltweite Belegschaft durchaus möglich werden.

Die Vorteile für BMW liegen auf der Hand. Neben dem Einsparen an Verwaltungskosten lässt sich der Bedarf des internen Kunden besser eruieren. Dazu Albrecht: "Wir können so das Thema Qualifikation noch stärker auf die Wünsche unserer Mitarbeiter ausrichten. Auch der Zugang von Zuhause wäre für den einzelnen Mitarbeiter denkbar." Ziel sei eine Bedarfsanforderung Just in Time zu realisieren.

Durch den direkten Zugriff auf die Lernangebote wird die Grenze zwischen Lernen und Arbeiten zunehmend verwischen. Zudem ist für den Mitarbeiter eine Bildungshistorie, was er an Kursen in der Vergangenheit besucht hat, permanent abrufbar, was beispielsweise bei einer Zertifizierung maßgeblich ist. So lassen sich die internen Ressourcen im Bereich Aus- und Weiterbildung optimal nutzen.

Erste Ergebnisse liegen seit der Inbetriebnahme im letzten Herbst vor: Das System wird mit einem deutlichen Schwerpunkt innerhalb der normalen Arbeitszeiten genutzt. Albrecht: "Das Arbeiten im Intranet hat sich mittlerweile so etabliert, dass die Nutzung durchgängig hoch ist. Längst hat es nicht mehr den Stellenwert eines Pausenfüllers, im Intranet zu surfen." Seit der Inbetriebnahme des hauseigenen Intranets werden durchschnittlich über 100000 Hits pro Monat auf den Bildungsseiten gezählt.

Der Online-Lernmarkt ist nur ein Bestandteil eines Gesamtkonzeptes der Leistungszentren Training. Dabei setzt der Konzern verstärkt auf den Einsatz von neuen Medien. Der Dialog in Newsgroups läuft bereits mit Erfolg, zukünftig soll der Informationsaustausch via Chats für die Weiterbildung ebenfalls folgen. Dabei wird die klassische Weiterbildung nicht ersetzt, vielmehr stellen die neuen Formen der Wissensvermittlung eine sinnvolle Ergänzung zu den traditionellen Konzepten dar. Nur wo die neuen Technologien Vorteile bieten, findet eine Ablösung des klassischen Instrumentariums statt.

Technische Fernwartung von Berlin ausDer Online-Lernmarkt wurde von dem Berliner Multimedia-Unternehmen Medialine entwickelt. Besonderen Wert legte die Firma darauf, dass sich Lernprogramme von unterschiedlichen Herstellern abrechnen lassen - eine Forderung, die für BMW nach ersten Erfahrungen mit proprietären Systemen einiger Hersteller von zentraler Bedeutung war. Aus technischer Sicht basiert das System auf einer Oracle-Datenbank, die alle Daten der Bildungsmaßnahmen beinhaltet. Die Administration wie das Einstellen und Festlegen des Preismodells kann dabei direkt von Mitarbeitern der Bildungsabteilung übernommen werden. Von Berlin aus erfolgt lediglich eine technische Fernwartung. Der Online-Lernmarkt wird mittlerweile als eigenständiges Produkt von der Medialine GmbH vermarktet, sodass auch andere Unternehmen in den Genuss dieses Programms kommen können.

* Wilfred Lindo ist freier Journalist in Berlin.