Erfolgreiche Manager und Verkäufer haben ein sehr feines Gespür dafür, welches (Gesprächs-)Verhalten sie in bestimmten Situationen im Umgang mit Menschen zeigen müssen, um ihr Ziel zu erreichen. Verfügt eine Person über diese sogenannte Status-Intelligenz nicht, kommt sie beruflich meist nicht weit.
Kai Fries*, Seniorconsultant bei einer IT-Beratung, war begeistert. Der Mann, der ihm gegenüber saß, war ein echter Profi. Klar brachte der Vertriebsleiter eines mittelständischen Maschinenbauers - nennen wir ihn Hubert Prahl - auf den Punkt, welche Erwartungen sein Unternehmen an das neue CRM-System hat. Und ratzfatz entschied er, wie das Projekt zu dessen Einführung strukturiert sein solle - fast so, als gehöre ihm das Unternehmen. "Mit einem Mann, der so selbstbewusst und fachlich fit ist, kann man wunderbar zusammen arbeiten", dachte Fries.
Doch dann öffnete sich die Tür zum Besprechungsraum. Herein schritt ein älterer Herr, dessen Auftritt man sofort entnahm: Das ist der Firmeninhaber. Und schlagartig veränderte sich das Verhalten von Prahl. Sprach der Vertriebsleiter zuvor eher laut und bestimmt, so sprach er nun eher leise und verhalten. Und sagte er zuvor im Gespräch mit Fries "Wir machen das so und so", so sagte er nun zum Firmeninhaber "Wir haben darüber nachgedacht, ob wir ....". Und wenn der Firmeninhaber einen Einwand formulierte? Dann dachte Prahl darüber (scheinbar) nach, bevor er zum Beispiel erwiderte: "Diesen Aspekt sollten wir genau prüfen, bevor wir entscheiden ...." Circa vier, fünf Minuten dauerte das Frage-und-Antwort-Spiel. Danach verabschiedete sich der Firmeninhaber mit der Aussage "Ich sehe, Sie sind auf dem richtigen Weg", wobei er sowohl Fries als auch Prahl ein wohlwollendes Lächeln schenkte.
Kaum hatte der Firmeninhaber die Tür hinter sich geschlossen, veränderte sich das Auftreten des Vertriebsleiters erneut. Seine Körperhaltung straffte sich. Seine Stimme wurde wieder bestimmter. Und er fuhr im Gespräch an dem Punkt fort, an dem die beiden Gesprächspartner waren, als der Firmeninhaber den Raum betrat - gerade so, als sei dieser nie da gewesen.
- Diese Kommunikationsfehler sollten Sie vermeiden
Was Sie in Gesprächen und Debatten tunlichst unterlassen sollten, um Fehlinformationen, Konflikte und Imageschäden zu vermeiden. - Fachchinesisch benutzen
Mit technischem Fachjargon um sich zu werfen, ist der größte Fehler, den IT-Verantwortliche in Gesprächen mit Nicht-IT'lern machen können. Viele Experten können nicht richtig einschätzen, wie tief das eigene Fachwissen geht und wo im Gegenzug das Fachwissen des Gegenübers endet. Hier kann es schnell zu Missverständnissen und Kommunikationsstörungen kommen. - Technische Probleme beklagen
Wer in der Team- oder Vorstandssitzung über technische Probleme im Rechenzentrum oder anderen Unternehmensstellen klagt, darf sich nicht wundern, wenn diese Beschwerden Irritation und Unsicherheit auslösen. Kollegen, die nicht mit den beschriebenen Interna vertraut sind, verstehen in einem solchen Fall oft nur "Der hat massive Probleme, die er nicht in den Griff bekommt." Natürlich müssen IT-Probleme auch im großen Kreis thematisiert werden dürfen, das jedoch besser in einer sachlichen Art und Weise, die jeder verstehen und nachvollziehen kann. - Wie ein Verkäufer reden
Manager, die bislang mit einem Business-Hintergrund tätig waren, und IT-Führungspositionen übernehmen, sprechen ihre neuen Untergebenen in einem aufgeblasenen Ton an und wirken dabei häufig wie Verkäufer, die die neueste Kollektion heiße Luft präsentieren. - Keine Fragen stellen
Gute CIOs stellen sinnvolle Fragen und hören auf die Antworten. So gelangen oft neue Aspekte in die Diskussion. Dazu werden die Kollegen eingebunden und die Beziehung zwischen Manager und Team gestärkt. Warum viele IT-Verantwortliche anders vorgehen? Sie haben (meist unbegründet) Angst, als unwissend und inkompetent dazustehen. - Niemanden einbinden
Gut ausgebildete CIOs sind überzeugt von ihren eigenen Ideen, welche Techniken sich wie am besten implementieren lassen. Viele vergessen darüber jedoch, dass auch die gesamte IT-Abteilung und der Vorstand womöglich noch eigene Ideen haben. Wenn CIOs ihre eigenen Vorstellungen ohne Rückfrage durchdrücken, verärgern sie deshalb viele Kollegen - selbst, wenn es die beste und richtige Wahl war. - Ängste schüren
Wenn der Vorstand überzeugt werden muss, das IT-Budget aufzustocken, diese oder jene Anschaffung oder Migration vorzunehmen, neigen manche CIOs dazu, in ihrer Argumentation zu übertreiben oder zu simplifizieren. Wenn neue Server angeschafft werden sollen, hört sich das dann so an: "Wenn wir bis kommende Woche nicht zehn neue Server im Schrank stehen haben, bricht der ganze Laden zusammen!" - Den Wertbeitrag nicht herausstellen
Viele CIOs betonen, wie wichtig die Unternehmens-IT ist. Die Vorstände verstehen aber häufig nicht, was die IT konkret zum unternehmerischen Erfolg beiträgt. Deshalb sollten IT-Verantwortliche in Präsentationen und Diskussionen immer noch einen Schritt weitergehen, als nur in den eigenen Grenzen zu argumentieren. - Mit PowerPoint einschläfern
Zu viele Folien, zu viele Nichtigkeiten. Effiziente Präsentationen zeichnen sich dadurch aus, dass sie sich auf die wichtigsten Infos konzentrieren, die das zuhörende Publikum direkt betreffen. Im besten Fall kann gänzlich auf PowerPoint verzichtet werden - gute Präsentationen zeichnen sich dadurch aus, dass sie von selbst im Gedächtnis haften bleiben und nicht durch eine Armada von Aufzählungspunkten.
Kernfrage: Wie erreiche ich mein Ziel?
Dass Vertriebsleiter Prahl sich im Kontakt mit dem Firmenchef anders als im Kontakt mit dem Berater verhält, ist kein Indiz für Charakterschwäche. Nein, sein Verhalten ist Ausdruck einer besonderen Form der sozialen und emotionalen Intelligenz: der sogenannten Status-Intelligenz. Und diese wird in unserer komplexen (Arbeits-)Welt zum Erreichen unserer Ziele immer wichtiger. Denn beruflich und privat stehen wir immer wieder vor der Herausforderung, unser Verhalten dem Gegenüber und der Situation anzupassen - wie Prahl.
Denn wer wird in dem Maschinenbauunternehmen letztlich entscheiden, wie das neue CRM-System gestrickt sein wird? Der Firmeninhaber? Nein! Dessen Unterschrift wird zwar unter dem Kaufvertrag stehen. Doch die eigentliche Einkaufsentscheidung trifft Vertriebsleiter Prahl. Und warum wird er der eigentliche Entscheider sein? Gerade weil er sich so status-intelligent verhält und dem Firmeninhaber durch sein Verhalten signalisiert: "Chef, selbstverständlich haben Sie das Sagen." Würde er auf seine Kompetenz und Befugnisse als Vertriebsleiter pochen und sich eventuell gar vor Zeugen wie der heimliche Firmenchef gerieren, dann würde ihm der echte schnell signalisieren: "Halt, so nicht! Ich habe hier das Sagen." Und Prahl? Er könnte die überzeugendsten Argumente für die von ihm präferierte Lösung anführen. Sein Chef würde ihn eiskalt abblitzen lassen, weil er sich in seiner Funktion als Firmeninhaber nicht ausreichend gewürdigt sähe. Folglich war das Verhalten von Prahl nicht nur zielführend: Es war intelligent. Und gewiss wird er es, weil er über die erforderliche Status-Intelligenz verfügt, beruflich noch sehr weit bringen.
Stolperdraht "geringe Verhaltensflexibilität"
Umgekehrt kommt jemand beruflich selten weit, der die Status-Spiele nicht beherrscht, die das Miteinander nicht nur im Wirtschaftsleben prägen. Ein Paradebeispiel hierfür ist Hilde May*. Sie verfügt über einen Lebenslauf, der sie eigentlich für Top-Positionen prädestiniert. Ihren BWL-Abschluss machte sie an einer renommierten Business-School. Außerdem erwarb sie einen MBA-Abschluss in den USA. Zudem spricht sie neben Englisch auch Spanisch fließend. Trotzdem stagniert ihre Karriere - trotz mehrer Arbeitgeberwechsel - seit Jahren. Denn weil sie die Status-Spiele nicht beherrscht, lebt sie im Dauerkonflikt mit ihren Vorgesetzten und Kollegen. Bei ihren Kollegen gilt sie als arrogant und schnippisch. Und bei ihren Chefs als kapriziös, wenig loyal und teamfähig. Und dies nur, weil sie nicht über die erforderliche Status-Intelligenz verfügt, um ihre Ansichten sozial angemessen zu vertreten und im Umgang mit Kollegen, Kunden und Vorgesetzten die erforderliche Verhaltensflexibilität zu zeigen.