Versicherung setzt neues Basis-Dialog-System ein (Teil 1):

Tools waren im Handumdrehen einsatzfähig

07.06.1985

MÜNCHEN - Einen schnellen und kostengünstigen Weg zu einer komplexen TP-Organisation meint eine Versicherung gefunden zu haben. Das weitgehend in eigener Regie entwickelte und auf verschiedene Branchen übertragbare Basis-Dialog-System (BDS) ermöglicht unter anderem eine stärkere Konzentration auf fachliche Probleme. Im Mittelpunkt des ersten Aufsatzteils steht der Tool-Einsatz.

Wenn man sich den Status quo der meisten DV-Landschaften anschaut, muß man feststellen, daß die laufenden Applikationen historisch gewachsen und nur noch bedingt ausbaufähig sind. Gleichzeitig muß ein Mangel an Erfahrung über zukunftsorientierte Online-Konzepte beklagt werden. Im Hinblick auf die DV-Mitarbeiter in vielen Unternehmen zeichnet sich die Ausgangssituation ferner dadurch aus, daß der Aufwand zur Schulung, Einarbeitung und Gewinnung von entsprechender Erfahrung vom Umfang und vor allem vom erforderlichen Zeit- und Kostenaufwand her nicht mehr bewältigt werden kann. Monieren läßt sich zudem, daß die jeweiligen DV-Mannschaften weitgehend mit Wartungsarbeiten beschäftigt sind.

System-Flexibilität erstrebt

Die Vorgehensweise bei der Realisierung im eigenen Unternehmen war durch das Motto "Erst die Basis schaffen, dann um so schneller, sauberer und besser die fachspezifischen Anwendungen einbinden" gekennzeichnet. Die Ziele für die Datenverarbeitung stellten sich im Groben wie folgt dar:

- Konzipierung von Tools, vor allem eines TP-Rahmen-Programms, welches alle TP-spezifischen Themen beinhaltet;

- Konzentration auf die fachlichen sowie anwendungsspezifischen und nicht auf die DV-technischen Probleme;

- Erstellung von Standards, Handbüchern, Datenbanken, Transaktionen und Batch-Programmen für ein sogenanntes Basis-TP-System;

- Entwicklung von klaren Schnittstellen;

- Ökonomisierung der Wartungsphase.

Für die Benutzer der Fachabteilung sollte eine schnelle und auch kostengünstige Realisierung ihrer Wünsche sowie eine große System-Flexibilität herausspringen. Außerdem wurde angestrebt, daß das System möglichst sofort von zur Verfügung steht.

Zusammenarbeit mit Honeywell Bull

Nach Erstellung eines sehr umfangreichen und komplexen Konzeptes wurde der Markt untersucht, ob gegebenenfalls ein existierendes Softwarepaket die gestellten Anforderungen erfüllt. Bedingt durch die hohe organisatorische Zielsetzung blieb die einschlägige Suche erfolglos. Da zum damaligen Zeitpunkt noch keine ausreichenden eigenen DB/TP-Kenntnisse zur Verfügung standen, wurde zur technischen Realisierung des Vorhabens eine Zusammenarbeit mit der Firma Honeywell Bull vereinbart.

Für die Schaffung der TP-Applikationen wurden mehrere Tools erstellt. Dabei handelt es sich zunächst um einen Masken-Generator, der von Bull unverändert übernommen wurde. Er "funktioniert" wie alle gebräuchlichen Maskengeneratoren. Der Arbeitsaufwand beim Einsatz beträgt, nachdem die Maske organisatorisch feststeht, 15 bis 20 Minuten.

Als zweites Tool entstand die sogenannte Masken-Speicherungs-Routine. Diese Routine formt die vom Entwickler eingegebenen Steuerzeichen um und stellt die Maske in einer Datenbank bereit. Hier besteht der Arbeitsaufwand lediglich im Aufruf dieser Routinen.

Drittens "kreierten" die Versicherung und Honeywell Bull einen Masken-Move-Generator. Nachdem in einer kurzen Beschreibung die Maskenfelder mit einem Namen, der Feldlänge und der Feldart (Input oder Output-Feld) definiert wurden, erstellt dieser Generator die gesamte Cobol-technische Beschreibung der Message-Fehler und generiert sämtliche Move-Befehle für die Übertragungen in die Ein-/Ausgabe- sowie Zwischen-Speicherfelder. Hier beträgt der Arbeitsaufwand für die Feldbeschreibung und den Aufruf dieser Routine etwa 10 bis 20 Minuten.

Außerdem hat man noch einen TP-Rahmen-Programm-Generator angeschafft. Über eine spezielle Eingabe-Maske kann das komplette TP-Rahmen-Programm den individuellen Anforderungen entsprechend generiert werden. Dabei ist es möglich, Programm-Versionen gegebenenfalls fortzuschreiben, allgemeine Unterprogramme einzubinden und eventuell noch fehlende Module als Modul-Rahmen zu generieren. Letztlich wird auch angegeben, welchen Umfang die Umwandlungsliste haben soll. Als Arbeitsaufwand genügen hier fünf Minuten.

Der wesentliche Vorteil bei der beschriebenen Art und Weise des Tool-Einsatzes besteht darin, daß man die genannten Online-Programme jetzt im laufenden Gesamt-TP-System mit allen Ressourcen und Funktionen testen und den Endbenutzern demonstrieren kann. Und um dieses Ziel ZU erreichen, bedurfte es noch keinerlei Programmierarbeit.. "

Alles, was nun an individueller Programmierung zu erstellen ist, besteht lediglich aus vier Modulen (gegenüber 50, die der Rahmen bereits enthält). Diese können völlig frei von irgendwelchen TP-spezifischen Problemen ebenso wie in der Batch-Programmierung codiert werden.

TP Rahmen-Programm als Basis

Das eigentliche Kernstück des gesamten Basis-TP-Systems stellt das TP-Rahmenprogramm dar. Neben einer vollkommen modularen Gestattung des Rahmens wurde auch darauf gelegt, daß die einzelnen Module klar, übersichtlich und vor allem in verständlichem Cobol geschrieben sind.

Neben den reinen Steuerungs- und den technischen Routinen wie "Empfangen" und "Senden" enthält der TP-Rahmen unter anderem noch die Module Berechtigungskontrollen Routinen zur Kontrolle und Administration des Gesamt-TP-Systems, Kontrolle auf die logische Verarbeitungsfolge und individuelle Steuerung der TX-Folge, "Hold"-Funktion, Handling von Hinweisen und Fehlermeldungen, Tabellen-Zugriff, Programm-Abbruch-Routinen, TP-technische Verarbeitung aller User-Daten, Debugging und Fehler-Suchroutinen sowie Handling zur Online Datenzwischenspeicherung. Insgesamt beinhaltet der TP-Rahmen rund 350 Module.

Der Arbeitsaufwand, um diesen Rahmen durch individuelle Programmierung (vier Module) zu einem kompletten Online-Programm zu ergänzen, beträgt im Hinblick auf die Auskunfts-Transaktionen zwei bis drei Tage und bezüglich der Änderungs-Transaktionen fünf bis sechs Tage wird fortgesetzt

- Werner Hilmer ist im Bereich Planung und Realisierung von DB/TP-Applikationen sowie der entsprechenden Verfahren, Methoden und Standards bei einem Versicherungsunternehmen tätig.

- Name der Redaktion bekannt.

Die Hardware

Das Basis-Dialog-System (BDS) ist auf einer DPS/8 von Honeywell Bull mit der dort zur Verfügung stehenden Standardsoftware (DMIV/TP, COBOL 74, Datenbanksystem IDS 10 realisiert. An den Großrechner sind knapp 100 (Questar-Terminals und rund 10 Hardcopy-Drucker vom Typ "Sara 10" angeschlossen. Diese Peripherie stammt ebenfalls von Honeywell Bull.