Virtualisierung, DOS, Browser und Virenschutz

Tools für alte Programme und Systeme

12.04.2013
Von  und
Thomas Bär, der seit Ende der neunziger Jahre in der IT tätig ist, bringt weit reichende Erfahrungen bei der Einführung und Umsetzung von IT-Prozessen im Gesundheitswesen mit. Dieses in der Praxis gewonnene Wissen hat er seit Anfang 2000 in zahlreichen Publikationen als Fachjournalist in einer großen Zahl von Artikeln umgesetzt. Er lebt und arbeitet in Günzburg.
Frank-Michael Schlede arbeitet seit den achtziger Jahren in der IT und ist seit 1990 als Trainer und Fachjournalist tätig. Nach unterschiedlichen Tätigkeiten als Redakteur und Chefredakteur in verschiedenen Verlagen arbeitet er seit Ende 2009 als freier IT-Journalist für verschiedene Online- und Print-Publikationen. Er lebt und arbeitet in Pfaffenhofen an der Ilm.
Alle Welt spricht von Windows 8 oder Cloud-Computing und natürlich möchte jeder nur mit neuen Systemen arbeiten. Was jedoch, wenn alte Applikationen oder Daten verarbeitet werden müssen? Welche Tools helfen dabei, mit den "Altlasten" umzugehen?

Außerhalb der IT-Branche wird immer vom hohen Entwicklungstempo in der EDV gesprochen. Wer selbst in der Branche tätig ist, hat jedoch sehr oft das Gefühl, dass es oft lediglich der sprichwörtliche "Alte Wein in neuen Schläuchen" ist, der hier feilgeboten wird. Viele Technologien wirken nur auf den ersten Blick neu: So stellt beispielsweise VDI (Virtual Desktop Infrastructure) streng genommen nichts weiter als die Reduktion eines Terminalservers auf einen einzelnen, virtuellen Computer dar.

An anderen Stellen bekommt man als IT-Profi das Gefühl, es sei doch erst neulich gewesen, als diese Anwendung eingesetzt oder jener PC aufgestellt wurde. Solange sich alles brav im "Takt der Branche" verjüngt, stößt der Benutzer nur selten an Grenzen. Geht es jedoch darum alte Programme zu betreiben, Altdaten zu lesen oder schlicht einen in die Jahre gekommenen Rechner weiterbetreiben zu müssen, wird es etwas schwieriger.

Warum um alles in der Welt sollten Altsysteme überhaupt weiterbetrieben werden? Dafür gibt es durchaus Gründe, die nichts mit "übertriebener Sparsamkeit" oder "Nostalgie" zu tun haben: Dazu gehören mitunter spezifische Branchenprogramme, beispielsweise ein kleines Bibliotheksverwaltungsprogramm in einem Krankenhaus, eine Schlüssel- und Schlossverwaltung in einer Gemeinde oder die Steuerungssoftware für verschiedene Maschinen. Programme dieser Art werden oft von ihrem Hersteller eingestellt und der Kunde entscheidet sich dafür, die Software weiterzuverwenden, da ein Umstieg mit zu viel Aufwand oder Risiken verbunden wird.

In unserer Tool-Strecke stellen wir eine Reihe von Programmen vor, die entweder den Weiterbetrieb auf moderner Hardware ermöglichen, den Datenzugriff auf Altsysteme erlauben oder die Betriebssicherheit von älteren Systemen erhöhen. Unsere Auswahl ist dabei wie immer exemplarisch zu verstehen - es existieren viele leistungsfähige Programme für die unterschiedlichsten Aufgabenstellungen.

Virtualisierung als Mittel der Wahl

Die Virtualisierung von ganzen Computern auf einer modernen Hardware ist das sicherlich das wirkungsvollste Mittel, um sich als IT-Profi gegenüber dem Ausfall von Systemen abzusichern. Alte Computer sind möglicherweise nicht nur langsamer oder lauter, sie sind auch gefährdeter, was den Ausfall von Komponenten angeht. Festplattenschäden, defekte Lüfter, ausgetrocknete Kondensatoren oder gealterte Widerstände sind neben temperaturbedingten Defekten die Hauptursachen für einen Komplettausfall. Sofern es noch Ersatzteile für das Altsystem gibt, ist das kein Problem - was aber, wenn diese nicht mehr zu beschaffen sind? X86-Systeme auf neue Hardware zu virtualisieren ist ein galantes Mittel, um diese Problematik komplett auszuschließen.

Schnell gerettet mit dem VMware vCenter Converter

Dank des Assistenten ist die Virtualisierung von x86/x64-Rechnern nicht schwer.
Dank des Assistenten ist die Virtualisierung von x86/x64-Rechnern nicht schwer.
Foto: Bär/Schlede

Der Converter von VMware ist so etwas wie die erste Anlaufstelle, wenn es darum geht, eine ältere Windows-Maschine ab der Version 9x oder NT als virtuelle Maschine auf eine neue Hardware zu portieren. Der Converter kopiert die kompletten Daten - auch von mit dem System verbundenen Storage- und RAID-Systemen - und transferiert die Informationen in ein einheitliches VMware-Hardware-Format. Das derart virtualisierte System kann anschließend auf jedem ESX/ESXi-System, mit oder ohne vSphere-Management-Software oder VMware Workstation beziehungsweise VMware-Player gestartet werden.

Der Converter selbst arbeitet auf Computern mit Windows ab der Version XP x86/x64 SP3. Die Installation der Software ist denkbar einfach: Der Nutzer muss lediglich die Fragen zum Speicherort beantworten und einen Neustart durchführen. Bei der Virtualisierung eines Computers unterstützt ihn dann ein Software-Assistent. Da der Vorgang stets über das Netzwerk durchgeführt wird, ist die allerwichtigste Voraussetzung für das Gelingen: Der Speicherort auf dem Converter-PC oder auf einem anderen Server/PC im Netzwerk muss von beiden Computern aus erreichbar sein. Ist diese Anforderung erfüllt, so ist die ganze Operation schnell abgewickelt.

Mit welchen Hardware-Eigenschaften die virtuelle Maschine nach der Konvertierung schlussendlich ausgestattet werden soll, legt der Anwender dann im Assistenten fest. Im Betrieb auf einer Hypervisor-Plattform, können diese Werte später ohnehin verändert werden.

Vorteile des VMware Converters:

  • Kostenlose Software

  • Optimale Anpassung in die VMware-Infrastruktur

  • Breite Unterstützung von Gastsystemen

Nachteile des VMware Converters:

  • Manche Konvertierungen dauern sehr lang

  • Automatische Konfiguration nur in der kostenpflichtigen Variante

  • Auf NTFS-formatierte Datenträger begrenzt

Fazit: Wer eine große Anzahl von Systemen automatisch virtualisieren und diese dann ebenso automatisch wieder aktivieren will, der muss zur kostenpflichtigen Variante des VMware Converters im Rahmen von vSphere greifen. Wer aber "nur" einen alten Windows 9x/NT/2000-Rechner auf eine neue Hardware portieren will, hat mit dem Standalone-Converter von VMware ein leistungsfähiges und sehr leicht zu bedienendes Werkzeug zur Hand. Die "VMware-Hardware Version" ist zudem ein beinahe allgemein anerkanntes Format. Eine derart virtualisierte Maschine kann zudem auch mit der kostenfreien VirtualBox von Oracle geöffnet werden.

VMware Workstation 9

Die neueste Version von VMware Workstation.
Die neueste Version von VMware Workstation.
Foto: Bär/Schlede

VMware veröffentlicht in ziemlich regelmäßigen Abständen die Workstation-Version der eigenen Software. Während beispielsweise der Betrieb von Windows 8 unter VMware Workstation 8 nur experimentell unterstützt wurde, ist die aktuelle Version 9 komplett für Windows 8 freigegeben. Für die Virtualisierung von sehr alten Betriebssystemen sind die neuen Funktionen unerheblich, da hier nur mit wenigen Verbesserungen zu rechnen ist.

Anders sieht es jedoch aus, wenn die 3D-Grafikfähigkeit betrachtet wird. Mit der neuesten Version ist die Leistungsfähigkeit in diesem Bereich laut Herstellerangaben erneut gesteigert worden. Da auch Windows XP alsbald zu den "Legacy OS" gehören wird und es für XP eine große Anzahl von spezifischen Grafikbearbeitungsprogrammen gibt, ist diese Fähigkeit durchaus nützlich. Die Workstation unterstützt DirectX 9.0c Shader Model 3 und OpenGL 2.1 in Windows- und Linux-VMs. Selbst professionelle Anwendungen wie AutoCAD oder SolidWorks können mit der Software virtualisiert genutzt werden.

Vorteile der VMware Workstation 9:

  • Unterstützung von sehr vielen Betriebssystemen

  • Optimale Anpassung in die VMware-Infrastruktur

  • Verbesserte Grafikfähigkeit

  • Snapshots

Nachteile der VMware Workstation 9:

  • Je nach Aufgabenstellung könnte der Preis ein Nachteil sein

Fazit: VMware Workstation mit Snapshots, virtuellen Netzwerken, der Fernsteuerung von ESX- und vSphere-Hosts ist die Profi-Variante einer Virtualisierungslösung. Wer einfach nur den alten Windows-95-Rechner betreiben möchte, für den ist die Software mit um die 200 EUR zu teuer und zu komplex. Die kostenlose Player-Version oder die kostenlose VirtualBox von Oracle ist dann sicher die bessere Wahl.

VMware Player

Nur mit dem alten Internet Explorer lässt sich das Webinterface eines alten Cisco-Switches richtig bedienen.
Nur mit dem alten Internet Explorer lässt sich das Webinterface eines alten Cisco-Switches richtig bedienen.
Foto: Bär/Schlede

VMware stellt den sogenannten Player als kostenlose Möglichkeit zum "Abspielen" virtueller Maschinen zur Verfügung, sofern dies zum persönlichen Gebrauch geschieht. Die Unterstützung an Betriebssystemen entspricht dabei der Workstation-Version, allerdings sind die Möglichkeiten der Einflussnahme eingeschränkt: So kann der Anwender im Player beispielsweise nicht festlegen, über welches Netzwerk-Interface die virtuelle Maschine mit der Außenwelt kommuniziert. Auch die Verwaltung von Snapshots oder das Anlegen von Kopien der virtuellen Maschine im laufenden Betrieb ist hier nur sehr schwer möglich.

Vorteile des VMware Player:

  • Für Privatanwender kostenlos

  • Einfache Bedienung

Nachteile des VMware Player:

  • Keine Snapshots

Fazit: Wenn es darum geht, ein virtualisiertes Altsystem einfach nur weiter zu nutzen, dann bekommt der VMware Player unsere hundertprozentige Empfehlung: Das Programm arbeitet genau wie es soll und ist zudem sehr einfach zu bedienen.