Tod des Magnetkontos - oder was von der Floppy zu halten ist

26.03.1976

Die Magnetkontokarte - kurz MKK - ist ins Gerede gekommen. Da wird etwa behauptet, ihre Möglichkeiten seien "ausgereizt". Da fällt auch schon mal das Wort "Anachronismus". Da soll es vorkommen, daß sich der Benutzer eines Magnetkontencomputers (MKC) gefallen lassen muß, als organisatorisch minderbemittelt abgestempelt zu werden.

Tatsache ist jedoch, daß der MKC nach wie vor das bevorzugte Rationalisierungs-Instrument kleinerer und mittlerer Betriebe ist - was durch Installationszahlen belegt werden kann. Das Magnetkonto hat bisher bei den MDT-Anwendern kaum an Popularität verloren: Das Für und Wider um diesen Datenträger steht ihnen naturgemäß wesentlich näher als die Diskussion um futuristische Speichertechnologien (Blasenspeicher, optische Speicher), die nur für Großrechner realisiert werden können.

Auch wenn es EDV-Theoretiker nicht wahrhaben wollen, die meisten MDT-Hersteller halten an der Magnetkontokarte fest - aus gutem Grund (siehe oben: Installationszahlen). Wer schlachtet schon das Huhn, das goldene Eier legt, solange die Legeleistung noch zufriedenstellend ist?

Floppy-Euphorie ist vorbei

Die im Arbeitskreis Mittlere Datentechnik (AMD) vertretenen Firmen, das sind (in alphabetischer Reihenfolge) ADS/Anker, Hohner, Kienzle, Nixdorf, Philips und Triumph/Adler, wünschen der MKK denn auch das gleiche Schicksal, wie es die gute alte Lochkarte durchgemacht hat: Sie möge lange leben, obwohl oft totgesagt. Das hat eine CW-Umfrage beim AMD-Sextett ergeben. "Ein Datenträger verliert nicht schon deshalb an Bedeutung, weil es jüngere Techniken gibt" - auf diesen gemeinsamen Nenner lassen sich alle Hersteller-Aussagen bringen.

Andere Speichermedien neben dem Magnetkonto gibt es ja nicht erst seit gestern. Magnetplatte und Magnetband-Kassette haben in den letzten Jahren Einzug in die Mittlere Datentechnik gehalten. Kaum zu glauben: Auch die Folienscheibe hatte bereits im Herbst 1973 Marktpremiere.

Nach anfänglicher "Floppy-Disk-Euphorie", auf die recht schnell Ernüchterung folgte - George Cogar wurde auf der Hannover Messe '75 gar als "Floppy-Killer" gefeiert - gelang dem preiswerten Datenträger in den letzten Monaten des Vorjahres schließlich der endgültige Durchbruch. Denn inzwischen hatte sich IBM der Sache angenommen, mit dem Ergebnis, daß die Floppy jetzt Diskette heißt.

Datenpizza kontra MKK

Was nichts daran ändert, daß die "Datenpizza" vorerst Mühe hat, sich neben dem Magnetkonto und der Magnetplatte zu behaupten.

Dazu (kurz und bündig) das Nixdorf-Statement: "Die Floppy Disk ist je nach Anwendung eine Ergänzung oder eine Alternative für das eine oder das andere."

Auch Triumph/Adler sieht die Diskette nicht anders als einen weiteren Datenträger neben MKK, Magnetband-Kassette und Magnetplatte: "Die Magnetkontokarte als visuell und maschinell lesbarer, wirtschaftlicher Datenträger bleibt für eine große Zahl von Anwendern ein ideales Hilfsmittel."

Philips geht sogar noch einen Schritt weiter. Die Floppy Disk könne - so heißt es - weder das Magnetkonto ersetzen noch Alternative zur Magnetplatte sein. Begründung: "Bei Verzicht auf das Magnetkonto reicht die maximale Speicherkapazität auch von vier Floppy-Disk-Laufwerken (rund 1 Million Zeichen) nicht aus, das Mengengerüst typischer MDT-Anwender bei vernünftiger DV-Organisation abzudecken." Und weiter: "Nachteile gegenüber der Platte sind neben der geringen Kapazität die höhere Zugriffszeit und das erforderliche Handling."

Zeit des Kartenspielens ist vorbei

Plädoyers für das Magnetkonto also allenthalben. Doch dieses Bild wäre schief. Das "Kartenspielen" wird über kurz oder lang aufhören. Platte und Floppy gehört die Zukunft, darin sind sich alle einig - Hersteller, Anwender und professionelle Beobachter der MDT-Szene. Denn nur diese Massenspeicher ermöglichen den Direktzugriff auf beachtliche Datenbestände unter Programmregie. Ganz abgesehen davon, daß sie ab einem bestimmten Datenanfall auch die wirtschaftlich vernünftigere Lösung sind. Das trifft erst recht für das Verhältnis Floppy-Magnetplatte zu: Die Folienscheibe hat als Datenspeicher im MDT-Bereich nur dort Vorteil, wo sie den Datenanfall mengenmäßig "schafft".

Doppel-Lösungen bevorzugt

Worin generell Einigkeit unter den MDT-Herstellern herrscht, ist, daß die neueren Speichermedien als willkommene Ergänzung angesehen werden. So propagiert man sogenannte Doppel-Lösungen: Magnetkonto und Floppy, Magnetkonto und Magnetplatte.

Diese Konzeption ist eindeutig auf die Wünsche derjenigen Anwender zugeschnitten, die ihre Kontoblätter auf gar keinen Fall missen möchten. Denn - so wird argumentiert - nur sie bieten eine optisch lesbare Bestandsfortschreibung und jederzeit Übersicht über die chronologische Entwicklung.

Bei einer Floppy-Disk-Konfiguration ohne Magnetkonto müßten deshalb Dateien laufend gelistet oder permanent Kontoauszüge gedruckt werden.

Unbestritten ist andererseits, daß mit reinen MKC-Anlagen integrierte Gesamtlösungen nicht realisiert werden können. Fazit: Viele Anwender werden es nicht mit der Wertschätzung des Magnetkontos bewenden lassen. Vorerst gibt es jedoch ein friedliches Nebeneinander der verschiedenen Speicher.