Jedes Unternehmen tickt anders

Tipps für die Einrichtung eines IT-Systems

20.06.2011
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Renate Oettinger war Diplom-Kauffrau Dr. rer. pol. und arbeitete als freiberufliche Autorin, Lektorin und Textchefin in München. Ihre Fachbereiche waren Wirtschaft, Recht und IT. Zu ihren Kunden zählten neben den IDG-Redaktionen CIO, Computerwoche, TecChannel und ChannelPartner auch Siemens, Daimler und HypoVereinsbank sowie die Verlage Campus, Springer und Wolters Kluwer. Am 29. Januar 2021 ist Renate Oettinger verstorben.
Warum die Verantwortlichen bei der Auswahl von IT-Systemen die Firmenwerte beachten sollten, sagt Jürgen Rohr.

Unternehmen "ticken" unterschiedlich. Das heißt: Sie haben verschiedene Kulturen und Wertesysteme. Diese sollten bei der Auswahl und Konzeption von IT-Systemen berücksichtigt werden. Denn dies erhöht deren Akzeptanz. Folglich treten auch bei der Einführung und Inbetriebnahme weniger Widerstände auf und sind weniger Änderungen nötig.

Foto: Fotolia, Rainer Grothues

Stellen Sie sich einmal vor: Sie wären für die Einführung eines neuen IT-Systems für die Kundenbetreuung und Lieferantenverwaltung in Ihrem Unternehmen verantwortlich. Und mit den beteiligten Anwendern hätten Sie sich auf eine Standardsoftware verständigt. Zunächst läuft alles gut. Doch dann, bereits in einer relativ späten Projektphase sehen Sie sich unvermittelt mit dem Unmut derselben Anwender konfrontiert. Das was geliefert wurde, könne man in dieser Form nicht akzeptieren, behaupten sie. Doch nicht nur dies. Sie weigern sich - mehr oder minder offen - mit der "praxisuntauglichen" IT zu arbeiten.

Aufgrund des massiven Widerstands bleibt Ihnen keine andere Wahl, als zusätzlich Zeit und Geld zu investieren und zumindest einen Teil der aus Anwendersicht erforderlichen Änderungen zu realisieren. Die Folge: Die Kosten sind deutlich höher als geplant und auch der Zeitplan wird nicht eingehalten.

Die gelebten Werte stärker beachten

Das beschriebene Szenario trifft so oder so ähnlich auf circa die Hälfte aller IT-Projekte zu. Taktisch gewieften Projektmanagern gelingt es zwar oft, die Zusatzaufwände bis zur Wartungsphase hinauszuzögern, sodass sie nicht das Projektbudget belasten. Trotzdem bleibt an ihnen der Makel des "wenig erfolgreichen" Projekts hängen. Ihre Reputation als Projektmanager verbessert sich hierdurch nicht.

Ein Ursache, warum man bei Projekten oft das beschriebene Szenario registriert, ist: In der IT-Spezifikation werden zwar meist die technisch funktionalen Anforderungen an ein IT-System fixiert, kaum beachtet wird aber das Wertesystem der Zielorganisation. Dabei sollte dieses sowohl bei der Auswahl eines IT-Systems als auch beim Bestimmen von dessen Funktionsumfang berücksichtigt werden. Denn wenn ein IT-System nicht zum Wertesystem einer Organisation passt, hegen die (potenziellen) Anwender hiergegen meist Vorbehalte, weil sich das System für sie nicht "stimmig" anfühlt.

Entsprechend skeptisch distanziert begegnen sie ihm, weshalb sich ihre Vorbehalte immer mehr verfestigen. Und hieraus erwachsen mit der Zeit oft handfeste Widerstände gegen das IT-Projekt und -System. Ganz anders ist dies, wenn das IT-System mit den gelebten Werten und Prinzipien harmoniert. Dann verläuft in der Regel dessen Einführung reibungslos. Denn die Anwender fühlen sich mit dem IT-System wohl.