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Tipps für den SAP-Betrieb

12.11.2008
Von  und
Martin Bayer ist Chefredakteur von COMPUTERWOCHE, CIO und CSO. Spezialgebiet Business-Software: Business Intelligence, Big Data, CRM, ECM und ERP.
Vice President Software & SaaS Markets PAC Germany

Lizenz-Management räumt das SAP-System auf

Branchenbeobachter berichten, dass SAP derzeit stärker auditiert und die Systeme bei den Kunden genauer unter die Lupe nimmt. Vielen Unternehmen fehlt in dieser Situation die notwendige Transparenz, berichtet Andrea Greuel vom Lizenz-Management-Spezialisten Honico: "Oft weiß der Administrator nicht, wie er das SAP-System einstellen soll und die Leute am Verhandlungstisch wissen nicht, was sie von SAP verlangen und herausholen können." Die Lizenzexpertin vermutet, dass viele Unternehmen sich auf unnötig umfangreiche Verträge mit SAP einlassen, nur um drohenden Detaildiskussionen aus dem Weg zu gehen. Genau die könnten aber eine Menge Geld einbringen.

Tools gegen das Lizenzchaos

Die License Administration Workbench (LAW) der SAP dient der Vermessung des SAP-Systems und der Übermittlung der daraus resultierenden Ergebnisse nach Walldorf. LAW misst, wertet aus, und der Kunde bekommt die Rechnung. An einer Optimierung, so kritisieren Lizenzexperten, habe SAP kein Interesse. An dieser Stelle kommen Tools und Services von Drittanbietern ins Spiel - eine Auswahl:

Aspera (www.aspera.com),

Circle Unlimited (www.circle-unlimited.de),

Honico (www.honico.de),

Thescon (www.thescon.de).

So funktioniert die Lizenzoptimierung:

  • Die Tools analysieren die SAP-Umgebungen und machen Vorschläge zur Optimierung. Diese Veränderungen können Anwender übernehmen und direkt auf die SAP-Systeme übertragen.

  • Außerdem erlauben die Werkzeuge Simulationen, mit welchen User-Konfigurationen die Anwender am günstigsten fahren.

  • Wie viele Nutzer die Unternehmen im SAP-System anmelden und wie sie diese klassifizieren, ist Sache der Firmen selbst. SAP muss darüber nicht informiert werden.

  • Ein Resultat einer solchen Optimierung kann sein, dass Lizenzen frei werden und bei einem künftigen Ausbau des Systems nicht neu beschafft werden müssen.

  • Die Rückgabe nicht benötigter Lizenzen erlaubt SAP leider nicht.

SAP-Kunden räumen ihrem Softwarelieferanten mit ihrer Unterschrift unter dem Lizenzvertrag das Recht ein, die Systeme regelmäßig zu vermessen. Unternehmen, die nicht genau über ihren SAP-Betrieb Bescheid wissen, können dabei böse Überraschungen erleben. Der Softwarehersteller verfeinert Experten zufolge laufend seine Vermessungstechniken, um versteckte User beziehungsweise Systemzugriffe auf SAP-Software aufzuspüren.

Hier sollten die Anwenderunternehmen ansetzen, empfehlen Spezialisten für das Lizenz-Management. Bevor die Ergebnisse der Vermessung nach Walldorf gemeldet werden, gebe es in aller Regel immer Spielraum, die SAP-Umgebung zu tunen und zu optimieren, lautet ihre Empfehlung.

Nutzer konsolidieren: Ein "Named User" darf auf verschiedene SAP-Systeme zugreifen. Wenn die Nutzerdaten allerdings versehentlich voneinander abweichen, beispielsweise durch unterschiedliche Mail-Adressen oder einen falsch geschriebenen Namen (Mayer, Maier, Meyer, Meier), wird dieser User von SAP mehrfach gezählt und entsprechend mehrfach berechnet. Anwenderunternehmen sollten also verstärkt auf die Datenqualität bei der Registrierung der SAP-Nutzer achten.

Nutzer richtig klassifizieren: Anwenderunternehmen sollten prüfen, ob ihre User im SAP-System richtig klassifiziert sind. Wer beispielsweise nur Zeiterfassung betreibt, braucht keinen Status als "Professional User". Vorsicht: Anwender müssen sich um die richtige Klassifizierung aktiv kümmern. Geschieht dies nicht, wird ein neuer Nutzer automatisch in die teuerste Kategorie eingeordnet.

Nutzer abmelden: Die Firmen sollten prüfen, welche Nutzer wirklich aktiv im SAP-System arbeiten. Beispielsweise passiert es, dass Lizenzen von Usern, die das Unternehmen verlassen haben beziehungsweise in eine andere Abteilung versetzt wurden, nicht deaktiviert und damit weiter von SAP abgerechnet werden. Wer allerdings regelmäßig untersucht, wann sich die einzelnen User zuletzt in das System eingeloggt haben, kann die nicht mehr aktive und damit auch nicht mehr benötigte Nutzerlizenzen abmelden.

SAPs Nutzerklassen

Die neuen Definitionen, nach denen die Anwender ihre Nutzer kategorisieren müssen, sind zu schwammig formuliert, kritisieren Experten. Hier kann es durchaus Diskussionsbedarf geben, wann und unter welchen Voraussetzungen die Kunden einen bestimmten User-Typ wählen müssen. Dies sei von SAP durchaus so beabsichtigt. Die nicht eindeutig formulierten Definitionen ließen der SAP mehr Freiraum für Interpretationen.

Das sind SAPs Nutzerkategorien:

  • Developer: Nutzt die mit Netweaver zur Verfügung gestellten Entwicklungswerkzeuge - darüber hinaus nur Employee-Nutzungsrechte.

  • Professional: Führt von der Software unterstützte operative Rollen aus.

  • Limited Professional: Führt nur in eingeschränktem Umfang und gelegentlich operative Rollen aus. Das gilt zum Beispiel für Nutzer, die nur über Handhelds auf SAP-Systeme zugreifen.

  • Employee: Darf SAP nur für bestimmte Transaktionen nutzen wie beispielsweise Reiseplanung oder Spesenabrechnung.

  • Employee Self-Service (ESS): Darf auf SAP nur für bestimmte HR-Self-Services zugreifen wie beispielsweise die Pflege von Mitarbeiterakten und Zeiterfassung.

Ein Lizenz-Management-Projekt lohnt sich allerdings nicht für jedes Unternehmen. Wer nur ein SAP-System mit bis zu 100 Usern im Einsatz hat, kann dieses noch mit Bordmitteln und einer Excel-Tabelle im Griff behalten, meint Circle-Unlimited-Vorstand Grötsch. Für mehrere SAP-Systeme mit einigen hundert Nutzern reicht dies jedoch nicht aus. In solchen Umgebungen wird der Bestand an Usern schnell unübersichtlich, und es passieren Fehler beim Einordnen und Klassifizieren - und das kann teuer werden.

Acht teure Fehler

Wer beim Konfigurieren der Nutzer im SAP-System Fehler macht, kann viel Geld verlieren. Darauf sollten Sie achten:

  1. Fehlende Klassifizierung des Nutzers. Folge: Er wird automatisch der teuersten Kategorie zugeordnet.

  2. Dubletten: Ein und derselbe Nutzer taucht etwa durch verschiedene Schreibweisen des Namens mehrfach auf.

  3. Zu hohe Klassifizierung, zum Beispiel "Professional" statt Employee.

  4. Technischer Nutzer, beispielsweise Hintergrundprozess, hat echte, teurere Nutzerklassifikation.

  5. User wird nicht inaktiv gesetzt, obwohl die letzte Anmeldung schon Monate zurückliegt.

  6. Testnutzer wird als teurerer produktiver Nutzer eingerichtet.

  7. User hat in verschiedenen Systemen unterschiedliche Klassifikationen.

  8. Es wird nicht erkannt, welche Engines/Applications tatsächlich in welchem Umfang genutzt werden.

Die Effekte des Lizenz-Managements reichen weiter als Ad-hoc-Einsparungen, erläutert Honico-Managerin Greuel. Anwender, die genau wissen und belegen können, wie sie ihr System nutzen, haben eine wesentlich bessere Verhandlungsposition der SAP gegenüber. Dazu müssen die Vermessungsergebnisse allerdings mit der Vertragssituation korreliert werden. Oft wissen die SAP-Vermesser nicht, was im Rahmen der bestehenden Verträge noch alles möglich wäre, mahnt Greuel. "An dieser Stelle müssen sich die Firmen intern enger verzahnen."