Tipps für den globalen Personaleinsatz

27.09.2005
Bevor Unternehmen ihre Manager ins Ausland schicken, müssen sie viele Fragen klären: vom Arbeitsvertrag über die Sozialversicherung bis hin zur Besteuerung

Viele IT-Unternehmen engagieren sich im Ausland, um Kosten zu sparen. Führungsaufgaben werden dabei meist inländischen Managern anvertraut. Diese arbeiten entweder vom Heimatort aus, oder sie werden vorübergehend ins Nearshore-Land delegiert. Solche Auslandseinsätze sollten allerdings gut vorbereitet sein. So sollte der Arbeitgeber vor Unterzeichnung des Arbeitsvertrags in einem Personalgespräch mit dem Mitarbeiter klären, welche Erwartungen beide Seiten haben. Dabei geht es um Fragen der Vergütung, einen Ausgleich für höhere Lebenshaltungskosten im Ausland sowie Zusatzleistungen (siehe "Checkliste zur Vorbereitung").

Hier lesen Sie …

• wie sich Unternehmen auf die Entsendung von Mitarbeitern vorbereiten können;

• welche arbeits- und sozialversicherungsrechtlichen Bedingungen gelten;

• und wie sich die Haftungsansprüche gestalten, wenn deutsche Führungskräfte die Geschäftsleitung von ausländischen Niederlas-sungen übernehmen.

Checkliste zur Vorbereitung

• Vergütung (Home-Base-Ansatz, eventuell "Netto-Zusage, Lebensunterhaltungskosten-Ausgleich, Standort-Bonus)

• Zusatzleistungen (Mietfreies Wohnen, Erhaltungskosten für den Inlandswohnsitz, Umzugs- und Transportkosten, Erstattung der Hin- und Rückreisekosten)

• Zuschüsse für Familienangehörige (Erstattung der Gebühren für die deutsche Schule im Ausland; Unterstützung des Ehepartners)

• Vorbereitungen ("Look and See-Trip"; Arbeits- und Aufenthaltsgenehmigungen; interkulturelles Training, Fremdsprachenkurse, Übernahme von Behördengängen etc.)

• Versicherungen (private Zusatzversicherungen, deutsche Sozialversicherung)

• Mobilität vor Ort (Dienstwagen, gegebenenfalls Heimflüge)

• Reintegration (Aufgaben des Mitarbeiters nach seiner Rückkehr)

Arbeitsverträge

Arbeitsvertragstypus in Abhängigkeit zur Aufenthaltsdauer:

a) Dienstreisereglung (bis maximal drei Monate);

Zusatzvereinbarung zum bestehenden Arbeitsvertrag (bis maximal 36 Monate);

b) ruhender deutscher Arbeitsvertrag/aktiver ausländischer Arbeitsvertrag (länger als 36 Monate);

c) Aufhebung des deutschen Arbeitsvertrags /neuer ausländischer Arbeitsvertrag (Dauer unbestimmt);

• Vereinbarung der Anwendbarkeit deutschen Rechts;

• Gerichtsstandsvereinbarung (Sitz des Arbeitgebers);

• klare Regelung zur Dauer der Entsendung;

• Festlegung des ausländischen Arbeitsorts (eventuelle Vesetzungsmöglichkeit);

• eventuelle Vereinbarung eines nachvertraglichen Wettbewerbsverbots;

• Fortgeltung der betrieblichen Altersversorgung.

Infos auf der Systems

Der bayerische Metallarbeitgeberverband Bayme informiert Interessenten auf der Münchner Computermesse Systems in Halle B 2, Stand 32 ist.

EU-Bürger brauchen keine Arbeitserlaubnis

Wichtig ist auch die Situation der Familienangehörigen. Hier kann der Arbeitgeber dem Mitarbeiter entgegenkommen, in dem er die Gebühren für den Besuch einer deutschen Schule im Ausland übernimmt. Alle ausgehandelten Punkte sollten in einem Entsendevertrag schriftlich niedergelegt werden, um spätere Konflikte zu verhindern.

Fragen zur Aufenthalts- und Arbeitsgenehmigungen sollte der Arbeitgeber frühzeitig klären. Am einfachsten ist es innerhalb der Europäischen Union. EU-Bürger benötigen bei einem Aufenthalt bis zu drei Monaten keine Papiere. Dauert der Auslandseinsatz länger, wird ihnen von den Ausländerbehörden am Arbeitsort in regelmäßigen Abständen ein entsprechendes Dokument ausgehändigt. Von einer Arbeitserlaubnis sind EU-Bürger in den Mitgliedsstaaten grundsätzlich befreit. Allerdings bestehen in einzelnen osteuropäischen Staaten der EU Besonderheiten.

Eine Dienstreise darf bis zu drei Monaten dauern

Aufgrund der bestehenden Vertragsfreiheit können Arbeitgeber und Mitarbeiter grundsätzlich frei aushandeln, welchem Arbeitsrecht der Arbeitsvertrag beziehungsweise eine spätere Konfliktlösung unterworfen ist. So ist es ohne weiteres möglich, einen Vertrag etwa nach polnischem Arbeitsrecht auszuarbeiten. Mehr Rechtsklarheit und Kalkulierbarkeit erreichen beide Parteien jedoch, wenn sie deutsches Arbeitsrecht anwenden.

Die Form des Entsendevertrags hängt von der Dauer des Auslandseinsatzes ab. So reicht bei einer Entsendung von bis zu drei Monaten eine Dienstreiseregelung aus; eine entsprechende Zusatzvereinbarung zum bestehenden Arbeitsvertrag ist bei einem Aufenthalt von bis zu drei Jahren möglich. Bei längeren Auslandseinsätzen gibt es zwei Möglichkeiten: Der bisherige Arbeitsvertrag besteht neben einem befristeten Arbeitsvertrag mit der Auslandsgesellschaft in ruhender Form weiter, oder er wird - verbunden mit der Neubegründung eines Arbeitsverhältnisses im Ausland - aufgelöst (siehe "Arbeitsverträge").

Darüber hinaus sind die sozialrechtlichen Folgen des Auslandseinsatzes zu bedenken. Nach dem Sozialgesetzbuch gelten die Bestimmungen über die Sozialversicherung in Deutschland für alle Personen, die im Inland beschäftigt oder selbständig tätig sind. Das heißt, dass bei einem vorübergehenden Einsatz des Mitarbeiters im Ausland die sozialversicherungsrechtliche Behandlung nach deutschem Recht unterbrochen werden könnte. Da dies wegen etwaiger Ansprüche und Vorversicherungszeiten nicht im Interesse des Angestellten ist, wurde für die Mitgliedsstaaten der Europäischen Union die EU-Verordnung Nr. 1408/71 eingeführt. Demnach bleiben die Regelungen der deutschen Sozialversicherung maßgeblich, wenn der Mitarbeiter von einem inländischen Unternehmen voraussichtlich für bis zu zwölf Monate ins Ausland entsandt wird. Bei längeren Aufenthalten kann das Unternehmen in Absprache mit dem deutschen oder ausländischen Sozialversicherungsträger eine Verlängerung beantragen.

Bei Entsendungen in Länder außerhalb der EU lässt sich die Sozialversicherung des Mitarbei-ters über ein zwischenstaatliches Abkommen über die soziale Sicherheit beibehalten. Auf diese Weise können Entsendungen von bis zu 60 Monaten dem deutschen Sozialversicherungsrecht unterliegen. Besteht kein entsprechendes Abkommen, bestimmt sich die Anwendbarkeit des deutschen Sozialversicherungsrechts nach den Kollisionsregeln im Sozialgesetzbuch, der so genannten Ausstrahlung (Paragraf 4 SGB IV). Das heißt die Regeln der deutschen Sozialversicherung bleiben anwendbar, soweit die Entsendung infolge der Eigenart der Beschäftigung oder vertraglich im Voraus begrenzt ist. Die Anknüpfungsregeln in der EU-Verordnung, in den zwischenstaatlichen Abkommen und im Sozialgesetzbuch sind zwingendes Recht und lassen sich nicht durch eine vertragliche Vereinbarung ersetzen.

Osteuropa bringt steuerliche Vorteile für Mitarbeiter

Zusätzlich spielt die Besteuerung der Inlands- beziehungsweise Auslandseinkünfte eine wichtige Rolle. Dabei geht es vor allem darum, wie die Steuer erhoben wird. Zur Beantwortung sind stets die folgenden drei Fragen zu überprüfen: Wo ist der Mitarbeiter steuerrechtlich ansässig, das heißt wo hat er seinen Wohnsitz oder seinen gewöhnlichen Aufenthalt? Liegt ein Doppelbesteuerungsabkommen vor, und wenn ja, wie regelt es die Besteuerung? Wird die Steuer direkt oder indirekt erhoben?

Da nahezu alle Staaten der Erde für die Besteuerung von natürlichen Personen zwischen "ansässigen" und "nichtansässigen" Steuerpflichtigen unterscheiden, kann dieser Aspekt für den Mitarbeiter erhebliche finanzielle Auswirkungen haben. So kann die Besteuerung des Einkommens nach dem in der Slowakischen Republik geltenden Höchststeuersatz von 19 Prozent eine attraktive Lösung für den Mitarbeiter sein.

Haftungsrisiken für Führungskräfte

Wenn Führungskräfte in international operierenden Konzernen die Leitung von ausländischen Niederlassungen oder Teilen davon übernehmen, entspricht die Organisation des Unternehmens meist nicht der rechtlichen Struktur. Das heißt, bei der formalen Besetzung von Leitungspositionen mit inländischen Führungskräften üben diese in den ausländischen Unternehmen häufig keine tatsächlich Kontrolle aus, da sie selbst nicht vor Ort sind. Aus ihrer formalrechtlichen Stellung - etwa als Mitglied der Geschäftsleitung - folgt allerdings häufig die Übernahme von persönlichen Haftungsrisiken in Bezug auf Produkte, die Umwelt oder aufgrund von wettbewerbswidrigem Verhalten. Auch insolvenz- und arbeitsrechtliche Tatbestände können zur Haftung führen. (sp)