Tiger Carlo ohne Biß

11.10.1996

1978 begann das, was gemeinhin als das Meisterstück von Carlo De Benedetti bezeichnet wird. Die italienische Olivetti-Familie rief ihn als Retter ihrer vor sich hin kränkelnden Büromaschinenfabrik an die Spitze des Unternehmens. "Tiger Carlo" gelang es, binnen eines Jahres das Unternehmen völlig umzukrempeln und aus den roten Zahlen zu hieven. Mitte der 80er Jahre war Olivetti zum führenden europäischen Elektronikkonzern aufgestiegen.

Mit dem Erfolg begann jedoch gleichzeitig schon der Abstieg. De Benedetti verhedderte sich mit seiner Familienholding CIR in diversen, weit verzweigten Beteiligungen und holte sich mehrmals eine (finanziell) blutige Nase. Nicht viel positiver gestaltete sich die weitere Entwicklung bei Olivetti. Nachdem 1988 ein zwei Jahre zuvor groß angekündigtes Bündnis mit AT&T kläglich gescheitert war, schrieb der in Ivrea beheimatete Konzern Anfang der 90er Jahre erstmals seit 13 Jahren wieder rote Zahlen - das Ende des Höhenfluges kündigte sich an. Ende 1991 kehrte De Benedetti auf den von ihm 1988 zugunsten seines Vertrauten Vittorio Cassino verlassenen Chefsessel zurück. Doch der Konzern kam nicht mehr aus den roten Zahlen heraus, der Abbau von Mitarbeitern wurde quasi zum Tagesgeschäft. Zum Hauptsorgenkind wurde dabei die PC-Sparte.

Mehrmals versuchte De Benedetti in den vergangenen Jahren, das Schicksal des Gesamtkonzerns dennoch zum Besseren zu wenden. Unter anderem suchte der Olivetti-Chef sein Heil in zahlreichen Umstrukturierungen. Pläne wurden gefaßt und wieder fallengelassen - etwa die Ausgliederung einer eigenen Softwaretochter oder eine Kooperation mit dem französischen Software- und Servicehaus Cap Gemini Sogeti. Letzter großer Hoffnungsanker war eine im Sommer 1992 unter Dach und Fach gebrachte Zehn-Prozent-Beteiligung von Digital Equipment an Olivetti. Doch schon zwei Jahre später mußte man bei Digital aufgrund der eigenen klammen Finanzen den Ausstieg vom Einstieg bei Olivetti ankündigen. Zudem wurden Mitte 1993 bis heute nicht verstummende Bestechungsvorwürfe laut, die Carlo De Benedetti ins Zwielicht brachten.