There´s no business like show business

10.07.1987

Herr Mayer von Mayer & Co. triumphiert. Er war immer schon der Meinung, daß sein DV-Leiter etwas falsch macht. Jetzt hat er den Beweis. Auf der Messe hat er die Show eines Magiers erlebt. Der hat ihm gezeigt, wie man mit wenigen Handgriffen eine Anwendung auf den Bildschrim zaubert. Sprache der vierten Generation nennt er das. Herr Mayer schickt seinen DV-Leiter zur Messe, und dieser ist überzeugt. So einfach war Datenverarbeitung noch nie. Sicher hätte der Preis ihn abgeschreckt, wenn nicht der Anstoß von Herrn Mayer selbst gekommen wäre. Aber so geht die Investition im Vergleich zu anderen schnell über die Bühne.

Am Anfang herrscht Euphorie. Als man jedoch beginnt, die erste Anwendung umzustellen, ergeben sich bereits Probleme. Der DV-Leiter versucht Herrn Mayer klarzumachen, daß die Umstellung eine drastische Aufstockung der Hardware erfordert.

Für Herrn Mayer ist dies der Beweis, daß der DV-Leiter seiner Aufgabe nicht mehr gewachsen ist. Die Hardware- Aufstockung wird abgelehnt. Das Produkt wird kaum noch genutzt. Herr Mayer ist sein Geld los, der DV-Leiter seinen guten Ruf. Gewonnen hat nur der Magier.

Die Tricks der Magier bestehen darin, daß sie die Erwartung des Zuschauers auf einen Punkt fixieren, der vom eigentlichen Ablauf des Geschehens ablenkt. Nirgendwo ist dies einfacher als bei Softwareprodukten, die dem Zuschauer mit weniger fundierten DV-Kenntnissen zeigen, wie einfach im Grunde die Erstellung von Anwendungen ist. Deckt sich dies doch voll mit der Meinung des Zuschauers, daß die DV-Profis einen esoterischen Club in der Organisation bilden, der über die eigenen Belange den Dienst am Anwender völlig vergessen hat.

Wird diesem Zuschauer gezeigt, wie schnell er selbst als Laie eine Anwendung realisieren kann, die seine Profis schon seit Jahren in Auftrag haben, so muß dieses Werkzeug als ein Superknüller erscheinen, der fast jeden Preis rechtfertigt.

Die Ernüchterung kommt zwangsläufig, wenn der Benutzer mit seinem Werkzeug etwas mehr tun will als das, was er auf der Messe gesehen hat. Es wurde vergessen, ihm zu sagen, daß er jetzt das Programmieren erlernen muß. Nun steht er vor der Entscheidung, ob er weiter seine Arbeit verrichten oder umschulen soll. Entscheidet er sich fürs Weiterarbeiten, so ist das Produkt in den meisten Fällen tot.